Allwissend
entdeckt und vor fünf Jahren mit dem Chilton Report angefangen. Bevor ich weitermache, sollten Sie ein wenig über die Geschichte der Blogs erfahren.« »Gern.«
»Der Begriff leitet sich von >Weblog< ab und wurde 1997 von einem Computer-Guru namens Jörn Barger geprägt. Er führte ein Online-Tagebuch über seine Reisen und seine Funde im Internet. Zwar hatten die Leute schon seit Jahren ihre Gedanken im Netz niedergeschrieben, doch was die Blogs davon unterschied, war das Konzept der Links. Das ist der Schlüssel zu einem Blog. Man liest etwas, trifft auf einen unterstrichenen oder fett formatierten Verweis im Text und klickt ihn an, um an einen anderen Ort zu gelangen.
Die verlinkten Informationen bezeichnet man als >Hypertext<, und das H-T-T-P am Anfang der Adresse einer Internetseite steht für >Hypertext Transfer Protocol<. Das ist die Software, die Links ermöglicht. Meiner Meinung nach handelt es sich dabei um einen der bedeutendsten Aspekte des Internets. Vielleicht sogar um den bedeutendsten.
Wie dem auch sei, sobald Hypertext allgemein üblich wurde, kamen die ersten Blogs auf. Wer HTML - die >Hypertext Markup Language<, die Computersprache der Links - beherrschte, konnte sich ziemlich mühelos ein eigenes Blog programmieren. Doch es wollten immer mehr Leute daran teilnehmen, und nicht alle von denen waren technisch begabt. Also entwickelten Firmen eine Reihe von Programmen, mit deren Hilfe jeder - nun ja, fast jeder - verlinkte Blogs hervorbringen konnte. Die ersten dieser Programme hießen Pitas, Blogger und Groksoup, und Dutzende weitere folgten. Heutzutage benötigt man lediglich einen Account bei Google oder Yahoo, und - zack - kann man ein eigenes Blog erstellen. Dazu kommt der niedrige und ständig weiter fallende Preis für Speicherplatz, und als Ergebnis erhält man die Blogosphäre.«
Boling erzählte lebendig und gut strukturiert. Er muss ein großartiger Dozent sein, dachte Dance.
»Bis ungefähr Ende 2001 beschäftigten die meisten Blogs sich mit Computerthemen«, fuhr Boling fort. »Sie wurden von Technikbegeisterten für ihresgleichen geschrieben. Nach dem elften September tauchte jedoch eine neue Art von Blog auf. Sie wurde War Blog genannt, nach den Terroranschlägen und den Kriegen in Afghanistan und Irak. Diese Blogger interessierten sich nicht für Technologie, sondern für Politik, Wirtschaft, Kultur, die Welt. Ich beschreibe den Unterschied meistens so: Während die früheren Blogs nach innen gerichtet waren - auf das Internet selbst -, richten die War Blogs sich nach außen. Diese Blogger betrachten sich selbst als Journalisten, als Teil dessen, was als die neuen Medien bekannt ist. Sie verlangen Presseausweise, genau wie die Reporter von CNN oder der Washington Post, und sie wollen ernst genommen werden.
Jim Chilton ist der Inbegriff eines War Bloggers. Das Internet an sich oder die Technikwelt ist ihm egal, außer als Mittel, um seine Botschaft an den Mann zu bringen. Er schreibt über die wirkliche Welt. Die beiden Seiten - die ursprünglichen Blogger und die War Blogger - kämpfen inzwischen fortwährend darum, die vorderen Plätze der Blogosphäre einzunehmen.«
»Ist das eine Art Wettstreit?«, fragte sie belustigt.
»Für die Beteiligten schon.«
»Können sie denn nicht nebeneinander bestehen?«
»Doch, natürlich. Aber dies ist eine egozentrische Welt, und die Leute tun alles, um zur Spitze zu gehören. Der Rang ergibt sich aus zwei Faktoren: Erstens, man braucht so viele registrierte Teilnehmer wie möglich. Zweitens und noch wichtiger: Es müssen möglichst viele andere Blogs mit Links auf dein Blog verweisen.«
»Eine inzestuöse Gemeinschaft.«
»Allerdings. Nun, Sie haben mich gefragt, wodurch man Chilton zur Mitwirkung bewegen könnte. Tja, Sie dürfen dabei nicht vergessen, dass der Chilton Report eine echte Größe darstellt. Er ist wichtig und einflussreich. Erinnern Sie sich, dass eines der ersten Postings im Thread > Kreuze am Straßenrand < von einem Mitarbeiter von Caltrans stammte, der die regelmäßige Kontrolle des Highway verteidigen wollte? Das verrät mir, dass dieses Blog regelmäßig von Behördenvertretern und Firmenchefs gelesen wird, die sich ziemlich darüber aufregen, wenn Chilton sie kritisiert.
Der Report beschäftigt sich überwiegend mit lokalen Themen, aber >lokal< bedeutet in diesem Fall Kalifornien, und das ist beileibe kein abgeschiedener Ort. Die ganze Welt schaut auf uns. Die Leute mögen unseren Staat lieben oder hassen, sie
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