Alma Mater
nicht zurück. So denkt er. Er wird’s nicht tun.«
»Warum kann Tante Bunny uns keins leihen?«
»Weil sie genauso denkt. Sie spricht es vielleicht nicht aus, aber ich glaube nicht, daß Tante Bunny Dad Geld geben würde.«
»Sie gibt es nicht Dad. Sie gibt’s Mom.«
»Mignon, schlag dir das aus dem Kopf. Die Menschen sind sehr eigen, wenn’s um Geld geht. Dabei meint man, die Menschen sind eigen, wenn’s um Sex geht…« Sie schüttelte den Kopf. »Egal. Wir kriegen das schon hin. Aber du mußt nächsten Sommer arbeiten.«
»Mach ich. Ich arbeite mit Hojo zusammen.«
»Was hast du bloß mit Hojo?«
»Nichts. Ich finde sie ulkig.«
»So ulkig, daß sie dir Löcher in die Ohren piekst.«
»Ja. Ich sollte wohl lieber nicht bei Onkel Don arbeiten.«
Vic sah den Rauch vom Schornstein über dem Dach hängen. »Arbeite bei wem du willst, wer immer dich anstellt.«
»Vic?«
»Was?«
»Was, wenn Chris dich satt kriegt? Hast du da schon mal dran gedacht?«
»Nein.«
»Solltest du vielleicht. Du willst mit Charly Schluß machen. Was ist, wenn sie mit dir Schluß macht?«
»Ich kann meine Gefühle nicht ändern. Wenn sie Schluß macht, hey, so ist das Leben eben.«
»Vielleicht nimmt er dich ja zurück.«
»Mignon, ich kann nicht zu ihm zurückgehen. Das ist nicht meine Art.« Vic blies Luft aus ihren Nasenlöchern, zwei Kondensstreifen. »Ist es so schlimm, eine lesbische Schwester zu haben?«
»Keine Ahnung. Ich hatte noch nie eine«, antwortete Mignon keß.
»Gewöhn dich dran.« Sie überlegte kurz. »Wann hast du’s gemerkt?«
»Beim letzten Besuch.«
»Wie?«
Mignon zuckte mit den Achseln. »Einfach so.«
»Glaubst du, Mom hat’s gemerkt oder Tante Bunny? Dad würde nie auf die Idee kommen.«
»Nein, aber sie werden es irgendwann rauskriegen. Vor allem Tante Bunny, die Königin des Sexradars.«
»Das mußt ausgerechnet du sagen.«
»Ich hab kein Sexradar. Neulich bin ich mitten in der Nacht in dein Zimmer geschlichen und du warst nicht da. So hab ich’s gemerkt.«
Piper hob den Kopf, sie schnupperte den Speckgeruch, der aus dem Dunstabzug des Küchenherdes drang.
»Gehn wir rein.«
»Bist du sauer auf mich?« Mignons Stimme schwankte ein bißchen.
»Nein. Ich will mir bloß wegen dir keine Sorgen machen müssen. Hab so schon Sorgen genug.«
»Hast du Angst?«
»Nein. Irgendwie fühl ich mich besser. Aber ich muß mit einem ganzen Haufen Zeug fertig werden.«
»Alles ist wie immer. Nur du bist anders«, sagte Mignon.
»Vielleicht bin ich wie immer und alles andere ist anders. Verdammt, wenn ich es nur wüßte.« Die Zeitungen von Williamsburg und den benachbarten Bezirken brachten Charlys Foto. Vic, im vollen Genuß der letzten Tage der Thanksgiving-Ferien, achtete kaum darauf. Pastor Whitby dagegen sehr.
Als Charly am letzten Montag im November wieder ins College kam, wurde er schnurstracks ins Büro des Trainers beordert.
Trainer Frascetti, ein untersetzter Mann, kam direkt zur Sache, nachdem er ihm Pastor Whitbys Beschwerde gezeigt hatte, worin Charly und zwei nicht identifizierte Frauen angeführt waren. »Charly, warst du einer von denen, die der Statue der heiligen Jungfrau Maria, äh, Kochklamotten angezogen haben?« Charly machte den Mund auf, doch der Trainer hob die Hand. »Bevor du antwortest, denk dran: Du wirst vor den Dekan zitiert. Wäre die Saison noch in vollem Gang, könnte ich dich auf die Bank setzen, und alle wären zufrieden bis auf mich, dich und die Fans unserer Mannschaft. Klar? Das Mindeste, was dir passieren wird, ist, daß du eine Strafpredigt von Dekan Hansen über Verantwortung und Taktgefühl zu hören kriegst. Das Schlimmste, was dir passieren wird, ist, daß du einen Tritt in den Arsch kriegst und rausfliegst, weil die Verwaltung im Moment besonders empfindlich ist. Aber ich denke, das kann dein Vater einrenken. Du wirst höchstwahrscheinlich gesperrt, und du wirst es an St. Bede wieder gutmachen müssen. Der Pastor wird eine ganze Liste haben mit Dingen, die zu tun sind. Aber es gibt eine andere Möglichkeit. Ich habe mit Hap Stricker gesprochen, unserem Baseballtrainer.« Ein Funkeln in den Augen des Trainers verriet, daß er sich sehr einfallsreich fand. »Er setzt dich auf seine Mannschaftsliste. Dann sperrt er dich. Du machst einen geknickten Eindruck, und St. Bede ist Genüge getan.«
Charly saß seinem Trainer gegenüber,
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