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Alma Mater

Alma Mater

Titel: Alma Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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wollte sie abwimmeln, doch Vic überredete sie, sie zu melden, indem sie ihr erklärte, daß es um die St.-BedeSache ging.
     
Kurz darauf wurde sie in ein getäfeltes Büro geführt, komplett mit Ledersesseln, Urkunden an der Wand sowie Greg Hansen, einem schlanken Mann von etwa vierzig, der seine Arbeit mit äußerstem Ernst anging.
     
»Dekan Hansen, ich weiß es zu schätzen, daß Sie mich so kurzfristig empfangen.«
     
»Keine Ursache, Victoria. Wir befinden uns in einer heiklen Situation mit der Gemeinde. Wie Sie wissen, sind die Spannungen zwischen dem College und der Stadt ein fester Bestandteil des Universitätslebens. Schon seit dem Mittelalter.« Er lächelte übers ganze Gesicht. Als ehemaliger Geschichtsprofessor genoß er jede Gelegenheit, seine Zuhörer mit mysteriösen historischen Tatsachen zu beeindrucken.
     
»Sir, ich kann Ihre Probleme mit Pastor Whitby lösen. Ich weiß, daß er Charly Harrison auf einem Foto im Sportteil erkannt hat. Es stimmt, daß Charly dabei war, aber er hat die Statue nicht angerührt. Ich hab ihn überredet, für mich Schmiere zu stehen. Ich war’s, und er hat es nicht verdient, für meine Tat bestraft zu werden.«
     
Dekan Hansen machte ein ernstes Gesicht. Er legte die Hände so aneinander, daß die Fingerspitzen ein kleines Zelt bildeten. »Verstehe.«
     
»Demnach sollte ich diejenige sein, die bestraft wird.«
     
»Der Pastor sagt, es war noch ein zweites Mädchen dabei.«
     
»Sie hat auch nichts gemacht, aber als der Pastor schreiend aus der Haustür kam, sind wir alle weggerannt. Wenn Sie ihn gesehen hätten, Dekan Hansen, wären Sie auch getürmt. Aber glauben Sie mir, ich war es ganz allein.«
     
Dekan Hansen musterte Vic. Er hatte gehört, daß Charly eine Freundin hatte, das schönste Mädchen auf dem Campus, und er mußte dieser Einschätzung zustimmen. Sie war eine der schönsten Frauen, die er je in seinem Leben gesehen hatte. Wenn ihre Laufbahn auf dem William and Mary College verpatzt wäre, würde es nicht so schlimm sein. Sie würde Charly heiraten oder einen anderen.
     
»Nun, Victoria, Sie wissen, daß Sie deswegen vom College verwiesen werden könnten. Wir können eine Religionsangelegenheit nicht unsensibel behandeln, und für Pastor Whitbys Empfinden handelt es sich um einen Frevel. Ich habe mich mit den Leuten der Kardinal-Newman-Gruppe hier auf dem Campus in Verbindung gesetzt, und auch sie sind sehr bestürzt. Ich meine, Sie sollten wissen, was auf Sie zukommen könnte.«
     
»Das weiß ich. Aber ich kann Charly nicht für etwas büßen lassen das ich getan habe. Um mich zu schützen, wird er sagen, er hat es getan. Dekan Hansen, ich kann nicht erkennen, daß es gut für das William and Mary College ist, den Ruf eines seiner besten Studenten zu ruinieren. Ich muß die Suppe auslöffeln.«
     
»Das rechne ich Ihnen hoch an. Schön, ich werde den Pastor verständigen«, sagte er, während er in seinem Kalender blätterte. »Ich gebe Ihnen Mittwoch Bescheid, was das Disziplinarkomitee beschließt.«
     
»Soll ich mich bei der Frauenbeauftragten melden?«
     
»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kümmere mich darum. Hinterlassen Sie beim Hinausgehen Ihre Telefonnummer bei meiner Sekretärin.« Sie traf Jinx vor ihrem Apartment an, wo sie Blumenzwiebeln in die Beete steckte. Die Temperatur war auf sechzehn Grad gestiegen.
     
»Ich helf dir.« Vic kniete sich zu ihr.
     
»Meine Vermieterin liebt Tulpen, da dachte ich, ich steck ihr ein paar in die Erde. Sie ist so nett.« Jinx wollte sich für die Freundlichkeit ihrer Vermieterin erkenntlich zeigen.
     
»Ich glaub, ich bin am Arsch.«
     
»Also, wenn das nicht poetisch gesprochen ist.« Jinx deckte sorgfältig Erde über eine Zwiebel, die wie der Turm einer russisch-orthodoxen Kirche geformt war.
     
»Pastor Whitby weiß, daß Charly bei der Muttergottes war und…«
     
»Woher?«
     
»Charlys Bild war ganz groß im Sportteil.«
     
»Aha.«
     
»Ja. Da hab ich Dekan Hansen gesagt, ich hätte es getan und ich hätte Charly überredet, für mich Schmiere zu stehen. Stimmt ja auch – mehr oder weniger. Ich hab das organisiert.«
     
Jinx hatte die Säckchen mit den Zwiebeln nach Farben sortiert ausgelegt. Sie griff nach einer Zwiebel, die sonnengelb erblühen würde. »Weißt du, was du tust?«
     
»Ich bin Charly etwas schuldig, Jinx. Das Wenigste, was ich tun kann, ist die Schuld auf mich nehmen.«
     
»Du willst ihn tatsächlich verlassen, ja?«
     
Vic schluckte schwer.

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