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Almas Baby

Almas Baby

Titel: Almas Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Fuessmann
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sie geheiratet.
    Und sie? Bestand für sie denn tatsächlich die einzige Möglichkeit Mutter zu werden darin, dass sie in das Leben einer anderen Mutter eingriff? Es sich zu eigen machte? Genau das hatte sie schließlich getan.
    Es war zunächst relativ einfach. Eine schwangere Frau fällt auf einer Entbindungsstation nun mal nicht auf. Tagelang lungerte sie dort herum, ohne dass sich jemand gewundert hätte. Aber von Tag zu Tag drängte die Zeit mehr und mehr. Sie konnte es nicht länger hinaus zögern. Gestern hatte sie sich dann endlich ein Herz gefasst und ausgeführt, was sie seit Längerem vorbereitet hatte. Sie musste lediglich noch die Toilette aufsuchen und dort unter ihrer lose fallenden Jacke die Schwesternkleidung hervor holen, mit der sie sich aufgepolstert hatte. Kaufen konnte man so etwas schließlich ohne jedes Risiko in mehreren Berufsbekleidungsgeschäften innerhalb der Stadt. Sich auf der Geburtsstation im Krankenhaus umzuschauen war schon schwieriger, weil dort weniger Betrieb herrschte. Dennoch war es Alma gelungen, herauszufinden, zu welcher Zeit die Schwestern morgens die Säuglinge zum Stillen zu ihren Müttern brachten. Tagsüber wurde hier das sogenannte Rooming-In praktiziert. Die Neugeborenen blieben in kleinen Bettchen bei den Wöchnerinnen in den Ein- oder Zweibettzimmern und wurden nur über Nacht auf der Säuglingsstation betreut - damit sie den Schlaf der Mütter nicht störten. Alma hatte sich ein Einzelzimmer ausgeguckt. Je weniger Zeugen, desto besser. Sie wartete fast eine Stunde - bis die Mutter ihr Kind gestillt hatte und die Morgenvisite der Ärzte noch nicht zu erwarten war.
    „Guten Morgen“, sagte sie freundlich, „ich bin Lernschwester Marion und muss Ihnen ihre Tochter mal kurz entführen.“
    Die Doppeldeutigkeit dieser Aussage wurde ihr nicht einmal bewusst. Sie wartete angespannt auf die Antwort der jungen Mutter, die in ihrem Bett saß und mit dem Kind spielte. Würde sie es hergeben oder erst eine Menge Fragen stellen?
    Alma hatte Glück. Doppeltes Glück. Was das Geschlecht des Babys anbetraf, so hatte sie einfach ins Blaue hinein getippt. Aber die arglose Frau hatte tatsächlich ein Mädchen geboren. Wäre es ein Junge gewesen, so hätte Alma sich mit einem Irrtum entschuldigen und das Kind zurücklassen müssen, denn sie hatte Berthold gesagt, sie würden ein Mädchen bekommen. So etwas konnte man heute klar voraussagen. Obwohl sie selbst aus dem Ultraschallbild einer fremden Frau, das sie zum Beweis ihrer Schwangerschaft für Berthold aus dem Internet ausgedruckt hatte, nichts dergleichen erkennen konnte. Aber er wohl auch nicht.
    „Ist irgendetwas mit meiner Tochter?“, fragte die Mutter ängstlich.
    Alma beruhigte sie: „Nein, nein. Reine Routine-Untersuchungen. Ihrem Kind wird garantiert nichts passieren.“
    Und dann nahm sie das kleine Bündel aus dem Arm der Frau, drückte es fest an sich und verließ das Zimmer. Auf der Toilette hatte sie eine Babytragetasche mit ihrer normalen Bekleidung versteckt. Und so würde sie denn wenige Minuten später freundlich grüßend mit Marie am Pförtner vorbei gehen. Im meist ziemlich gut frequentierten Foyer mit den Sitzgruppen fällt niemand auf. Und bis die Mutter Alarm schlug, würde sie längst sicher zu Hause sein. Alles würde gut werden.
    Aber dann - sie kam gerade die Freitreppe herunter - stockte ihr Atem. Zwei Polizeibeamte eilten auf die Pförtnerloge zu. Das war doch nicht möglich. Sie konnten doch noch nichts wissen. Aber wenn doch? Alma blieb auf der Treppe stehen. Marie fing an zu schreien. Hektisch ruckelte Alma an der Tragetasche. Einer der Beamten schaute zu ihr hinauf. Der Zweite kam vom Pförtner zurück und sagte irgendetwas zu seinem Kollegen. Beide Polizisten kamen ihr entgegen. Eine Welle von Übelkeit überflutete Alma. Sie musste die Babytasche abstellen, damit sie ihr nicht aus der Hand rutschte. Die Polizisten nahmen jeweils zwei Stufen auf einmal im Eilschritt. Und dann standen sie neben ihr. „Können wir Ihnen helfen, junge Frau? Ist wohl noch ein bisschen zu viel für Sie, hier allein herumzulaufen. Werden Sie denn nicht abgeholt?“ Alma wunderte sich, dass ihre Stimme ihr noch gehorchte: „Doch, doch. Es ist alles okay,“ krächzte sie. „Mein Mann holt nur schon mal den Wagen. Sie wissen ja, Parkplätze sind hier Mangelware.“
    „Klar. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Wir bringen Sie zum Auto. So viel Zeit muss sein. Nimm du die Babytasche, Lutz, ich stütze die junge

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