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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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eine Leberkässemmel holen, deswegen
krieg ich es mit und nehm mir den Hörer von der Frau
an der Telefonzentrale. Ein Deutsch mit Akzent, aber ziemlich fehlerfrei, eine
Frau erzählt mir, sie mache sich Sorgen um ihre Nachbarin, es sei so still und
die Zeitung noch im Kasten, was nie vorkomme, ob wir mal nachschauen könnten.
Ich lache sie laut aus, sage ihr, sie solle sich beruhigen, wahrscheinlich ist
sie auf einer Kaffeefahrt oder Ähnlichem. Die Frau legt auf. Ich geh, komm
wieder mit meinem Semmel, keine zehn Minuten später, und die Maier hat jemandem
am Telefon und weiß sich nicht zu helfen. Du kennst sie: Guter Mensch, aber von
der Psychologie und den Nerven völlig überfordert, sie kommt in die Jahre,
guter Mensch.«
    Abraham hätte jetzt gern die Leiche gesehen.
    »Auf jeden Fall ist wieder die ausländische Frau mit ihrer
Stimme dran und ich übernehme sie, versuche relativ erfolglos sie runterzubringen , bringe sie immerhin so weit, dass sie sich
still in ihre Wohnung setzt und wartet, bis ich bei ihr bin. Bin selbst
gefahren und sofort, habe mir dabei Senf auf den Handrücken gebracht. Da!«
    Abraham schaute und dachte sich: Selbe Wellenlänge
nur zum Teil, Trimalchio ist ein Wichtigmacher und
Streber, dem’s am Grips fehlt, kein Wunder, dass er,
Abraham, auf seinem Stuhl saß und nicht der, der seit Jahren an ihm sägte und
ihm jetzt gegenüberstand und so umständlich ausführte, was passiert war.
Andrerseits, dachte Abraham, sitzt jeder auf seinem eigenen Stuhl, ein Stuhl
hat wenig Persönlichkeit, sodass erst durch das Sitzen von jemandem der Stuhl
zum Stuhl von jemandem wurde. Abraham sagte nichts und ließ den Kollegen
weiterreden.
    »Die Frau war hysterisch, hatte ihren Mann kommen lassen –
die beiden betreiben einen Kebabstand nicht weit von hier – er war relativ
gelassen. Ich weiß, das hätte mich stutzig machen müssen. Egal. Weiter: Sie
erklären mir, dass nebenan die tote Frau Zulauf wohnt, dass sie zu ihr die
besten Beziehungen haben und so weiter. Sie haben aber nicht nur Beziehungen,
sondern auch einen Schlüssel, angeblich von der Frau selbst ausgehändigt für
den Fall, dass mal was passiere. Den Schlüssel hat sie benutzt, nachdem sie uns
zum ersten Mal angerufen hat, und ist in die Wohnung und hat das Opfer, Frau
Renate Zulauf, dort in ihrem Blut und erstochen aufgefunden. Sie hat, ohne
etwas anzufassen, die Wohnung verlassen und uns angerufen, was das völlig
Richtige in dieser Situation war, das habe ich ihr auch gesagt.«
    »Wie lange ist denn das Opfer nicht mehr unter uns?«
    »Sie meinen, seit gestern früher Nachmittag.«
    »Noch Zeugen?«
    »Im Haus?«
    »Zum Beispiel. Wir gehen nachher rum.«
    Jetzt fiel Abraham was ein, jetzt fühlte er sich stark.
»Warum ist das noch nicht geschehen?«
    »Können wir sofort veranlassen, hör nur kurz den Rest an.«
    »Nein, veranlass du, ich schau mir derweil die Leiche an.«
    Trimalchio führte ihn in die Wohnung
und übergab ihn dort einem Uniformierten, der ihn auf dem Weg zur Küche
begleitete und dort auf eine tote Frau auf dem Boden wies. »Da.«
    »Aha.«
    Kollegen wuselten, nahmen Fingerabdrücke, einer
fotografierte, einer kniete neben der Toten und schaute sie genau an, ein
weiterer packte kleine Gegenstände in Plastiktüten, gerade war er an einem
Salzstreuer, und Abraham dachte, dass das hier vielleicht auch das Bescheuertste war, das er jemals mitgemacht hatte.
Vielleicht sollte man es generell sein lassen, der Presse mitteilen, dass
jemand den perfekten Mord geschafft habe und weiterziehen.
    Vor ihm lag eine tote Frau mit Messerstichen in der Brust,
eine alte Frau. Er wusste nicht, ob von ihm jetzt erwartet wurde, dass er
niederkniete. Er tat es und roch etwas an ihrem Rücken. Alte Frau halt. Blut
konnte er keines sehen bis auf das, das ausgelaufen war, es war überraschend,
wenn auch nicht verdächtig wenig, denn die Frau war nach vorne gefallen, um zu
sterben.
    Er stand auf und suchte Trimalchio ,
er wollte jetzt dessen Stimme hören, er ging aus der Wohnung im ersten Stock
und lief dem Inspektor fast in die Arme.
    »Und?«
    »Es war niemand da, aber ich schicke später noch mal jemand
rum.«
    »Ist in Ordnung. Was ist sonst noch passiert?«
    »In den letzten fünf Minuten?«
    »Nein, so insgesamt. War denn die Tür aufgebrochen?«
    »Eben nicht. Jetzt kommen wir zu unserem Verdacht.
Wir also rein in die Wohnung, finden alles praktisch unberührt nach dem Mord,

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