Alpendoener
finden das Messer, finden Fingerabdrücke im Haus, und was dann kommt, nenn es
Intuition, nenn es einen Fingerzeig, nenn es eins und eins zusammenzählen. Ich seh das Kebabmesser und denk Türkin, lass also das
Finderpaar draußen im Kombi ein paar Angaben zur Person machen und nutz das, um
ihre Fingerabdrücke nehmen zu lassen, sag, dass das so üblich ist, und auch in
ihrer Wohnung, während sie Angaben machen. Und stell dir vor und glaub es
nicht, was die uns innerhalb von zehn Minuten sagen, die Kollegen mit dem
fahrbaren Köfferchen, dem mobilen Labor.«
Trimalchio blickte Abraham wieder
so an. Das sollte eine spannungserzeugende Pause
sein. Abraham konnte sich denken, was jetzt kam und freute sich darüber, denn
das konnte bedeuten, dass das Ding hier schnell gelöst sein würde.
»Der Mann, der das Kebabmesser geführt hat, und der Mann der
Türkin, der Nachbar der armen Frau Zulauf, sind – derselbe.« Bingo.
»Und was ist dann passiert?«
»Wir haben ihn vorläufig unter dringendem Mordverdacht
festgenommen.«
»Und die Frau?«
»Die wollte mit.«
»Wie mit?«
»Na ja, halt mit ihrem Mann. Sie ist in ihrem Auto dem
Streifenwagen nachgefahren und macht jetzt irgendwo anders einen Riesenradau.
Früher oder später wirst du mit ihr zu tun haben.«
Früher oder später war jetzt geworden – der
Vormittag, nachdem sie die Leiche gefunden hatte. Sie saß vor ihm, war zunächst
glücklich darüber, nun von ihm persönlich vernommen zu werden, aber er konnte
doch auch nichts für sie und ihren Mann machen, das war alles ziemlich
eindeutig. Und aus ihr bekam er auch nicht mehr raus als Beleidigungen und
Vorwürfe, ein Nazi zu sein. Vielleicht war er auch nicht der König der
Psychologie, wahrscheinlich würde sich aber dieser Schlaukopf, dieser sogenannte Trimalchio , auch nicht
besser anstellen.
Innerlich hakte er den Fall ab. Es war
unglaublich, aber halt wahr. Dieser dumme Budenbesitzer war mit dem Schlüssel,
den seine Frau verwahrte, in die Nachbarwohnung eingedrungen und hatte die Frau
Zulauf ermordet, abgestochen wie ein Schwein. Dann war er – die Details müsste
man noch klären – unverrichteter Dinge wieder abgehauen, hatte nicht einmal
versucht, seine Tat zu verwischen. Abraham spekulierte: Der Döner hatte sich
nicht mehr so gut verkauft, die Allgäuer fraßen wieder mehr Leberkäs zu Mittag, das hatte die Familie in Bedrängnis gebracht – es waren noch zwei
Kinder in Schulen unterwegs – und dann hatte er zur einfachen Lösung gegriffen:
Die Nachbarin um vermeintliche Millionen im Strumpf unter dem Kopfkissen
bringen. Dann hatte das Gewissen allerdings das Vorhaben zu Tode gezwickt.
Jetzt hatten sie einen Verdächtigen, Beweise und eine halbwegs plausible
Geschichte. Abraham hatte keine Lust mehr, sich von der Keiferin weiter die
Zeit klauen zu lassen, hatte sie nun mal jahrelang das Bett mit einem Mörder
geteilt, musste sie sich damit abfinden, immer noch besser, als selbst Opfer zu
sein. Er hatte noch was vor. Er musste sich noch um den Enkel kümmern. Der
sollte noch einmal in die Wohnung und schauen, ob ihm was auffällt, was
vielleicht fehlten könnte. Bringt nicht viel, dachte sich Abraham,
wahrscheinlich. Der war nicht dauernd da. Und dann hatte er sich noch um seine
Müllsünder zu kümmern. Klingt nicht nur banal, ist es auch. Da stirbt eine
Unschuldige und keine zwei Tage später reden sie wieder vom Abfall, keine zwei
Tage später. Die Frau ist noch nicht einmal beerdigt.
»Frau Kemal, ganz im Ernst: Was wollen Sie, dass ich für Sie
tue?«
»Lassen Sie meinen Mann zu seiner Familie zurück.«
»Sie wissen genau, dass das nicht in meiner Macht steht, Sie
wissen, dass es Beweise gibt, die ihn in den dringenden Tatverdacht eines
Mordes bringen. Es steht nicht in meiner Macht, ihn freizulassen, das muss der
Staatsanwalt beschließen. Aber ich sage Ihnen ehrlich: Viel Erfolg prophezeie
ich Ihnen nicht. Zu groß ist die Fluchtgefahr.«
Die Frau hatte ihn zum ersten Mal ohne aufzubrausen seine
Sätze beenden lassen. Hatte er sie? Konnte er ihr jetzt Fragen stellen?
»Aber Sie haben gar nichts gegen meinen Mann in der Tasche.«
»Das stimmt nicht, Frau Kemal, wir haben eindeutige
Fingerabdrücke.«
»Ich habe Ihnen gesagt, dass wir einen Schlüssel haben. Frau
Zulauf hat uns vertraut, wir sollten gelegentlich nach ihr sehen. Mein Mann war
immer wieder bei ihr – ohne Handschuhe anzuziehen.«
Sie wurde wieder lauter, wäre
Weitere Kostenlose Bücher