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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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trotzdem irgendwie stolz auf Bruno, dass er den Fall so
professionell gelöst hatte und dass er zu seinen ersten Freunden hier zählte.
Wenn der das las, war er bestimmt in Hochstimmung und gab ein paar Tropfen im Korbinian aus. Birne beschloss, heute einfach mal auf gut
Glück vorbeizugehen. Später, am Abend. Vorher nicht ins Fitnessstudio, das
musste er sich noch überlegen, ob das schlau war, dieses Hobby fortzusetzen.
Gern hätte er Simone wieder getroffen, wenn dieser blöde Zwischenfall gestern
nicht geschehen wäre. So war es ihm nur peinlich. Er hoffte, dass irgendwann
einmal ein Zeitpunkt kommen würde, an dem er ihr das alles würde
auseinandersetzen können.
    Dann blätterte er durch die Zulauf-Blätter, wunderte sich,
wie langweilig der Regionalteil war, wie wenig ihn das betraf. Auch da war die
Rede vom Fall, weniger aufgeblasen, dafür mehr Bilder, einmal war sogar Bruno
drin. Im Interview. Da wurde gefragt, wie es denn aussehe mit der Sicherheit in
der Stadt, ob jetzt jeder damit rechnen könne oder besser solle, ein Messer
reingerammt zu bekommen oder einen lieben Angehörigen demnächst in seiner
Wohnung und Blutlache zu finden. Bruno antwortete: »Die Polizei, meine Kollegen
und ich, leisten hervorragende Arbeit. Die Sicherheit der Bürger ist uns nicht
nur Beruf, sondern auch Berufung. Aber 100 Prozent können wir allein von der
Polizei nicht garantieren, da werden wir zu sehr von anderen Aufgaben
eingenommen. Der Gesetzgeber wäre gefragt.« »Was wünschen Sie sich?« »Wir
bräuchten mehr – mehr Leute, mehr Geld, mehr Befugnisse. Wir sind nur Menschen
hier. Unsere Leistungsfähigkeit ist beschränkt, auch wir sind mal krank oder
haben privat Probleme und dennoch wird eigentlich von uns erwartet, dass wir 24
Stunden am Tag die Augen offen haben. Ich bin stolz, in einem freien Land zu
wohnen. Die Freiheit ist für uns selbstverständlich, wir sind mit ihr geboren
und deshalb vergessen manche – es sind nur ein paar, aber die genügen – dass
Freiheit auch Grenzen braucht, Grenzen, die man dringend verstärkt in den
Schulen vermitteln sollte. Das halte ich für wichtiger als Griechisch und
Latein. Damit will ich nichts gegen unsere Schulen sagen. Die sind nicht
schlecht. Wenn jemand nicht das Glück hatte, unsere Erziehung zu genießen, dann
fehlen dem oft völlig die Schranken und das kann fatal werden.« »Sprechen Sie
von den Menschen, die erst in unser Land gezogen sind als Erwachsene?« »Ich
will nicht pauschalisieren, sonst hat man gleich wieder seinen Ruf weg. Aber
ein bisschen was ist schon dran. Seien wir ehrlich, die bringen ein ganz
anderes Wertesystem mit, das sich auf unseren Straßen nicht umsetzen lässt. Da
kommt es zu Kollisionen, unvermeidlich. Daheim sollen sie das ruhig ausleben.
Aber hier regieren unsere Gesetze und die vertrete ich, dafür bekomme ich mein
Geld und wer da was dagegen hat, der spürt meinen Knüppel. Mehr sage ich
nicht.«
    Birne schaute sich das Kino-Programm an. Das wär mal wieder was. Kino. Große Filme. Dann die anderen
Anzeigen, dann die Todes-Anzeigen, ihre Anzeige. Da las er, was er jetzt
unmöglich überlesen konnte: Die Beerdigung. Sie hatten die alte Frau schon
freigegeben. Sie mussten nicht mehr an ihr rumschneiden ,
die fleißigen Pathologen. Heute, 10 Uhr.
    Birne wollte da hin. Birne gehörte da hin. Sollten sie ihn
sehen. Drauf geschissen. Er würde sich auch im Hintergrund halten. Kaum
schnaufen. Nur beobachten.
    Er hatte schwarze Klamotten im Kleiderschrank, nicht zu
nobel, aber dafür langte es. Er ging zu Fuß, musste dazu am Forum, einer Mall,
die das Zentrum als Zentrum bedrängte, vorbei, dann durch die Fußgängerzone
abwärts, am Karstadt und der Residenz entlang, alles im hässlichsten Wetter und
inmitten von Volk, das seinen Konsumbummel am Vormittag begann.
    Wenig los in der Kirche. Sie mussten ihn sehen. Birne drückte
sich in die letzte Reihe, was auffällig war, weil die Reihen zwischen ihm und
den paar da vorne leer waren. Der Gottesdienst lief schon. Birne kam zur
Lesung, danach das Evangelium. Ein ziemlich grauer Pfarrer mit Halbglatze und
gutem Bauch, der von Bierdurst zeugte. Er las von der Aufweckung des Lazarus.
Der war vier Tage tot und dann kam Jesus und holte ihn wieder hoch. Damals war
es heiß, dann wurde der Lazarus wieder lebendig, wahrscheinlich hatte er damals
schon nach Verwesung gestunken, denn der Heiland war nicht gleich zur Stelle
gewesen, weil er

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