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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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rang. Das
war Angst. Er versuchte zu rennen und fiel wieder, bekam einen Ast ins Gesicht,
knapp neben dem Auge. Schmerz und Ärger und keine Freude darüber, dass er jetzt
blind sein könnte auf der einen Seite. Diese Scheiße musste nicht sein. Er
musste jetzt nicht im Wald sein. Weiter und keine Richtung und keine Lust mehr,
da durch zu müssen. Wenn er die Straße fand, hatte er zu gehen, Kilometer. Mehr
Kilometer, wenn er in die falsche Richtung startete, auf der Straße und das
nächste Schild ihn zum Umkehren zwingen würde.
    Er drückte auf eine Taste seines Handys und bekam ein wenig
Licht, wenig Licht. Nur Licht für eineinhalb Meter. Dort waren Bäume.
    Und Stimmen und noch ein Licht. Birne starrte. Gebrochene
Stimmen, Stimmen im Stimmbruch, Stimmen, die sagten: »Es hat keinen Wert, gib’s auf« und damit genau Birnes Stimmung trafen.
    Die Buben. Sie suchten. Sie wollten ihn haben. Schwer
einzuschätzen, wie groß der Zufall war, dass sie ihn nun beinahe gefunden
hatten. Birne würde ihnen jetzt nicht in die Arme laufen, solange er nicht
wusste, ob sie ihm Gutes oder Böses wollten.
    »Da war was.«
    Birne war gestreift worden vom Lichtstrahl, als er da stand,
ein bisschen bescheuert im Wald, bereit entdeckt und abgeholt zu werden.
    »Wo war was?«
    Der Lichtstrahl wanderte denselben Weg wie eben, er traf
keinen Birne, weil der inzwischen auf dem Boden lag, sich mit einem Geräusch
hatte fallen lassen.
    »Jetzt ist er weg.«
    »Depp.«
    »Aber er war da. Ich hab ihn gehört.«
    »Sollen wir zurück?«
    »Solange er da draußen ist? Ich möchte den haben, verstehst
du?«
    »Was willst du denn mit dem? Wir sollten aufpassen, das gibt
nur noch mehr Ärger.«
    »Das gibt keinen Ärger, wenn du dich zusammen nimmst. Das
machen wir ganz sauber.«
    Sie gingen weiter, direkt auf Birne zu, er sah’s am Strahl. Birne duckte sich, zwang sich, nicht mehr
zu atmen. Seine Panik steigerte sich.
    »Es hat keinen Sinn«, sagte das fette Arschloch und stellte
seinen Schuh auf Birnes Hand.
    »Sei mal leise, ganz leise«, sagte der Blasse. Der Dritte
fehlte, beschäftigte Simone.
    Das Licht der Taschenlampe kreiste um sie. Birne lag vor
ihnen, sie bemerkten ihn nicht. Sie gingen weiter. Der Dicke stieg Birne ins
Kreuz und rutschte ab. Das musste ihn verraten haben.
    »Was ist denn, du Pflunze ?«
    »Nichts«, sagte der Dicke. Er wollte Birne nicht entdeckt
haben, er hatte Angst vor dem, was kommen könnte.
    »Du stehst auf ihm drauf, du Depp.«
    Birne sprang in die Höhe, der Dicke fiel um. Birne rannte zum
Blassen, rannte direkt in ihn rein und biss ins erste, was er zu fassen bekam
mit seinen Zähnen – die Nase des Jungen. Der blökte auf, fuchtelte mit den
Händen in der Luft und hieb dabei Birne mit der Taschenlampe auf den Kopf.
Schmerzhaft. Birne begriff, wand dem Buben die Lampe aus der Hand und schlug sie
ihm auf den Kopf. Böses Geräusch. Der Blasse taumelte. Birne rannte, löschte
das Licht nach zwei Sekunden und verschwand zwischen unsichtbaren Bäumen.
    Und es wurde wieder hell, relativ bald. Der Schein eines
Feuers, das Birne besser gemieden hätte. Doch er hoffte den Dritten, den Hip-Hopper , dort mit Simone zu treffen, ihm eins mitgeben
und sich dann mit der Frau davonmachen zu können.
    Simone saß da am Feuer, stierte blass in die Flammen, hatte
eine Kotzlache zwischen den Beinen und Speichelfäden aus dem Mund hängen.
    Der Junge war in der Hütte, man hörte es am Flaschenklirren.
Er suchte nach Saufbarem , hatte noch nicht genug, die
Leber schrie nach neuen Herausforderungen.
    »Simone«, sagte Birne und packte sie an den Schultern.
    »Birne?« Ihr Blick war trübe, es war ein seltener klarer
Moment, dass sie ihn erkannte. »Wie kommst du hierher?«
    »Komm mit.«
    »Wir trinken noch was«, sagte oder lallte sie.
    »Wir müssen weg«, sagte Birne, es waren zu viele Worte,
verschwendete. Wie hätte er diesen Klotz bewegen sollen? Birne war kein Ritter
und wer kein Ritter war, sollte nicht versuchen einer zu sein, oder wenn er es
versuchte, mit kleinen Ritteraufgaben beginnen und nicht mit dem Retten von
Fräuleins vor Drachen, wenn auch diese Drachen Halbwüchsige waren, die von Drachenehre
wenig verstanden und mit ihrer Kraft noch nicht umgehen konnten.
    Birne wurde ins Feuer gestoßen. Der Hip-Hopper hatte ihn überrascht. Das war nicht alles. Er wurde – im Feuer – mit Wodka
bespritzt. Birne sollte brennen, an Ort und Stelle einen Hexentod erleiden. Das

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