Alpendoener
damit aber die Flasche, die ihm
der Blasse ohne Weiteres in die Hand plumpsen ließ. Der andere, der Hip-Hopper links von Simone, wollte nicht mehr saufen, wenn
er ficken konnte, und tippte hilflos Simone auf die Jeansjacke. Sie reichte ihm
immer noch mit dem anderen knutschend die Hand, und er fingerte daran, nahm sie
in den Mund und lutschte und hoffte, noch mehr zu bekommen.
Und Birne? Birne hätte kotzen mögen. Er verfluchte sich, weil
er damals, als er die Gelegenheit hatte, dem Arschloch, das jetzt seine
Freundin hielt, nicht komplett den Fortpflanzungsapparat rausgerissen hatte,
bis davon nichts mehr übrig war als ein blutendes Trümmerfeld.
Er hatte sich an der Nase herumführen lassen, verlor gerade
alles, was ihm etwas wert war und, obwohl er am Abend zuvor nur etwas zu spät
kam, musste er das nun büßen. Benommen torkelte er an den Platz, wo er Tim und
Alexa zurückgelassen hatte. Er wollte ihnen sagen, dass alles in Ordnung sei
und sich zurückfahren lassen und die Tränen in den Augen halten, bis er daheim
war.
Sie waren weg. Er machte ihnen keine Sorgen. Sie
rechneten damit, dass er sich dort dazu setzte und den Abend zelebrierte, bis
es genug war und dann, mit nach Hause genommen, irgendeinen fremden Hausgang vollkotzte .
Birne würde sich da nicht dazu setzen. »Scheiße!« schrie er,
wohl etwas laut, er erschrak selbst.
Sie hatten ihn bereits bemerkt, bevor er gerufen hatte und
standen schon hinter ihm.
»Wen haben wir denn da?«, fragten sie im Chor. Birne hatten
sie, die drei. Er war umstellt, wehrlos und wütend.
»Simone?«, stammelte er. Er konnte sie nirgends sehen, seine
Feinde lachten und kreisten ihn ein. Sie hatten Waffen in der Hand, sie würden
mit ihm abrechnen, er war jetzt ganz allein. Er hatte verloren. Sie nahmen ihn
in die Zange. Der Fettsack schupfte ihn mit aller
Gewalt, die er hatte, auf den Blassen, warf jenen mit Birne fast um.
»Was suchst du hier?«
»Willst was trinken?«, fragte der Hip-Hopper und warf auf Birne eine halb volle Flasche Bier, die ihn schmerzhaft an der
Schulter traf.
»Weh getan?«
»Wo ist Simone?« Sie lachten wieder.
»Was willst du von der? Willst sie nageln, du Depp?«
Sie freuten sich unangemessen über diesen Witz.
»Ihr lasst die in Ruhe, das ist noch keine Frau für euch.«
Mit diesem Scherz hatte er sie zum Lachen gebracht. Es ging los.
»Wir haben noch was offen«, sagte der Blasse.
Birne probierte es: »Du kannst gern noch mehr haben.«
»Du wirst gleich noch mehr haben.«
Sie standen um ihn herum. Er konnte rennen. Er warf sich auf
den Dicken und den damit um. Der packte ihn, schneller, als Birne gerechnet
hatte, und hinderte ihn. Birne riss an seiner Jacke. Es ging um viel.
»Der will weg«, sagte der Dicke hilflos.
Der Blasse stürzte sich auf Birne, er hatte noch eine
Bierflasche und die hätte Birne sauber den Schädel zerschmettert, wäre er nicht
in dem Moment auf Kosten seiner Jacke ausgekommen.
Er wäre jetzt tot. Dachte er und lief. Geradeaus. Durch den
Wald. Er schrie seine Lunge leer. Er fühlte echte Angst. Und rannte. Über
unebenen Boden. Zweige kratzten ihn. Er stolperte. Er ging verloren. Hier war
es endgültig dunkel.
Keine Alexa, kein Tim, keine Jungs.
Birne fiel. Er atmete. Hier konnte er durchhalten. Das waren
Buben, die ein bisschen tranken am Abend. Denen täte das leid, einen Menschen
erschlagen zu haben. Sie hätten es trotzdem gemacht. Im Suff. Einfach so.
Bestimmt standen die jetzt da am Feuer, erschrocken über die
Begegnung eben. Ihnen war das bewusst. Sie beratschlagten darüber, ob sie ihn
suchen sollten. Schließlich konnte er hier im Wald erfrieren. Man musste mit
denen reden. Man konnte denen ein paar Kästen Bier anbieten und die Sache
glimpflich aus der Welt schaffen.
Nach ein paar Minuten war es Birne klar, dass er sich
verlaufen hatte. Es blieb dunkel und er blieb im Wald. Man konnte nichts hören.
Er wusste, nicht weit von hier musste es auf ein Feld rausgehen. Von dort würde
er den Weg auf eine Straße finden. Hier war Zivilisation. Birne machte sich
keine Sorgen. Um niemanden. Er war schwach auf den Beinen – der Schock von vorhin,
aber es wurde besser.
Er fiel einen kleinen Abhang hinunter, den konnte er nicht
bemerken. Sein Fuß schmerzte beim nächsten Schritt. Er war sich sicher, dass
nichts passiert war. Der Schmerz würde gleich weg sein und das Taubheitsgefühl
ebenfalls.
Hier konnte er seinen Atem hören, wie er nach Luft
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