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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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zu Werners Haus. Es brannte Licht. Er klingelte, nichts rührte sich. Dann
klingelte er erneut und wollte gerade einmal ums Haus gehen zu der Lichtquelle
aus dem Wohnzimmer, als ihm aufgemacht wurde. Werners Frau stand dick und im
Bademantel vor ihm. Sie hatte Lockenwickler im Haar und schaute verschlafen und
verwundert drein.
    »Guten Abend«, sagte Birne. »Tut mir leid, wenn ich so spät
störe, aber ich bin ein ehemaliger Arbeitskollege von Ihrem Mann Werner.«
    Ihr Blick wurde ernst. »Ist was passiert?«
    »Keine Ahnung. Wissen Sie, wo er ist? Ist er auf die Jagd
gegangen?«
    »Nein, heute doch nicht, ich habe gedacht, er ist mit euch
unterwegs. Ist er nicht mit euch unterwegs?«
    »Keine Ahnung. Ich war gerade im Korbinian ,
und da war keiner, deswegen schau ich hier …«
    »Junger Mann, wenn Sie nur jemanden suchen, mit dem Sie
saufen können, dann brauchen Sie nicht hierher zu kommen und eine alte Frau von
ihrem Schlaf vor dem Fernseher wegzureißen.«
    »Deswegen komm ich nicht. Ich bin nicht mehr jung. Werner hat
mich angerufen und mir gesagt, dass ich nach Ihnen sehen soll, ob es Ihnen gut
geht. Deswegen bin ich da. Wo ist Ihre Tochter?«
    »Die Anna? Die ist vorhin weg mit ihrem Roller,
wahrscheinlich irgendwohin mit Freundinnen. Keine Ahnung, wo. Wieso?«
    »Sie vermissen Sie nicht? Sie sind sicher, dass alles in
Ordnung ist mit ihr?«
    »Ja, denk schon, die ist alt genug, um die machen wir uns
keine Sorgen mehr. Sie ist ein großes Mädchen. Und dem Werner, ist dem was
passiert?«
    »Weiß ich nicht. Geht es Ihnen gut?«
    »Mir geht es gut, ich bin halt eingeschlafen, aber was ist
mit dem Werner?«
    »Ich würde jetzt nachschauen fahren.«
    »Wohin?«
    »Zur Jagd.«
    »Ist er da?«
    »Da war er, als er mich anrief.«
    »Ach so. Und jetzt?«
    »Jetzt fahr ich da hin.«
    »Rufen Sie ihn doch an. Ich glaub nicht, dass er da ist. Er
hat seine Sachen gar nicht an. Da friert er. Und er friert nicht gern.«
    »Kann ich verstehen. Ich kann ihn aber auch noch mal anrufen.
Das ist vielleicht gar keine so blöde Idee.«
    »Na, hören Sie mal.«
    Birne wählte und wartete. Er bekam ein Freizeichen, viermal,
und dann die freundliche Frauenstimme von der Mailbox.
    »Mailbox«, sagte er zu Werners Frau.
    »Heißt das Anrufbeantworter?«
    »Exakt. Ich fahr jetzt da raus und schau, was los ist.
Einverstanden?«
    »Ja, aber passen Sie auf sich auf.«
    »Klar. Wieso?«
    »Ja, nicht dass er Sie für ein Reh hält und Sie wegschießt, wär schad um Sie, junger Mann.«
    Aus der Tiefe des Hauses war plötzlich ein Rascheln zu hören.
    »Pst«, sagte Birne und zog sie hinter sich.
    »Jesses«, erschrak Werners Frau und schaute über Birnes Schulter vorsichtig in ihr eigenes Heim. »Was war
das?«
    »Pst«, machte Birne. »Keine Ahnung. Gibt es noch einen
anderen Eingang als diesen hier?«
    »Die Schiebetür im Wohnzimmer und die Kellertür. Wieso?«
    »Lassen Sie uns dort schauen.«
    Sie drehten sich um und schoben sich auf Zehenspitzen in den
Garten.
    »Mama!«, rief eine Mädchenstimme hinter ihnen.
    Sie wandten sich ihr zu. Eine sehr süße, blonde 17-Jährige
stand vor ihnen.
    »Anna! Ich habe gedacht, du bist weggefahren.«
    »Wie denn? Mein Helm ist doch weg.« Ihre Augen
verengten sich zu Schlitzen, sie ging bestimmt auf Birne zu. »Moment, da sind
Sie ja. Wo haben Sie meinen Helm?«
    Verwundert erkannte Birne in ihr eine von Alexas Freundinnen.
»Ah, der Helm«, stammelte er. »Haben Sie den noch nicht wiederbekommen? Also,
das Fräulein Alexa hat behauptet, sie bringt ihn Ihnen gleich wieder zurück.
Hat sie das noch nicht gemacht?«
    »Nein, sie ist gestern gar nicht mehr gekommen, obwohl sie es
versprochen hat – ich konnte heimlaufen .«
    »Sie wollte ihn spätestens heute herbringen. Komisch.«
    Die Mutter mischte sich wieder ein: »Ich habe doch vorhin
gehört, dass jemand mit dem Roller weg ist. Wer war das?«
    »Weiß ich’s? Ich war’s jedenfalls nicht. Ich hock hier ja
blöd rum, wie du siehst.«
    »Ob es Werner war?«, schlug Birne vor.
    »Kann schon sein. Wär aber komisch,
er hat doch sein Auto.«
    »Das wurde ihm geklaut.«
    »Nein.«
    »Doch, aber ich fahr jetzt da hin und schau nach dem
Rechten.«
    »Ja, tun Sie das und passen Sie auf sich auf.«
    »Ich pass schon auf. Und Sie – Sie verraten bitte
niemandem, dass ich hier war und Sie rausgeklingelt hab, auch wenn es ein guter
Freund ist, der klingelt und was wissen will – es könnte um Leben und Tod
gehen.

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