Alpengrollen: Kriminalroman
er mit der Wirtin im Schlepptau zurück.
»Tatsächlich. Der ist blau wie ein Veilchen«, bestätigte sie, als sie in die Hütte hineingerochen hatte. »Aber der wird schon wieder, der Rex. Letztes Jahr hat ihm jemand zwei Liter Wein in einer Plastikschüssel vor die Hütte gestellt. Auch beim Hausball. Die hat er bis auf den letzten Tropfen leer gemacht. Er trinkt anscheinend gern, so wie es aussieht. Damals hat er sich ganz schnell wieder erholt.«
Die sind ja echt schräg drauf hier oben, dachte Max. Da muss ich meinem guten alten Vater glatt recht geben. Je näher man der österreichischen Grenze kommt, desto skurriler werden die Leute.
»Auf jeden Fall muss es jemand gewesen sein, der keine nüchternen Hunde mag«, vermutete Johanna.
»Schaut ganz so aus«, entgegnete ihr Maria. »Ich kann mir schon vorstellen, welcher feine Herr das war. Warte nur. Der wird was zu hören bekommen.« Dann winkte sie den beiden noch einmal zu und ging wieder hinein.
»Das war das erste Mal, dass dieses blöde Vieh nicht gebellt hat, wenn ich vorbeigehe. Vielleicht sollte ich ihm jeden Abend eine Halbe Bier hinstellen«, witzelte Max, als sie kurz darauf im Taxi saßen.
»Bist du verrückt?« Sie sah ihn entsetzt an.
»War doch nur Spaß, Johanna. Nur ein kleiner Spaß. Ich bin absolut kein Tierquäler. Obwohl dieser Hund sich mir gegenüber schon sehr unfreundlich benimmt.«
»Männer!«, entfuhr es ihr kopfschüttelnd.
Als sie bei ihrem Hotel ankamen, staunte Max nicht schlecht. Die hübschen Holländerinnen residierten genau in dem vornehmen Wellnesstempel, an dessen Empfang er gestern seine Abfuhr bekommen hatte. Er bemerkte aber nichts weiter dazu, sondern grinste nur in sich hinein. Bevor sie ausstieg, verabredeten sie sich für drei Uhr nachmittags vor der Hütte, bei der sie sich gestern Nachmittag kennengelernt hatten. Sie küssten sich lang und innig.
»Die Küsse machen übrigens viel mehr Spaß, wenn du rasiert bist«, sagte sie danach lächelnd.
»Da siehst du mal, was du für ein Glück hast, ich rasiere mich nämlich immer nur dienstags und freitags«, klärte er sie schmunzelnd auf.
»Wieso denn das?«
»Alles andere reizt nur unnötig die Haut.«
»Ach, wirklich?« Sie öffnete lachend die Tür und dann trennten sie sich endgültig für die nächsten Stunden. Wenn auch schweren Herzens.
Max ließ sich ohne Umwege zu dem Parkplatz hinter dem ›Lustigen Wirt‹ bringen, um dort schnellstens sein Auto abzuholen. Schließlich gab es einen wichtigen Zeugen zu befragen. Anneliese wartete sicher schon gespannt auf seinen Anruf. Am Ziel angekommen, bat er den Fahrer, kurz zu warten, falls er eine Anschiebehilfe beim Starten bräuchte. Und prompt wurde seine Befürchtung bestätigt. Hätte er doch nur positiver gedacht. Resigniert zückte er einen 20-Euro-Schein und winkte dem älteren Mann damit zu.
Nach 20 Metern sprang der Motor stotternd an und er fuhr direkt zu der Adresse, die ihm Franz genannt hatte. Die imposante Villa im alpenländischen Stil befand sich in exponierter Luxuslage am Hang, etwas außerhalb des Ortes. Er wendete und parkte gleich mit der Front talwärts, sodass er den Wagen zum Anlassen nachher einfach nur rollen lassen müsste. Gleich heute oder morgen fahre ich noch in eine Werkstatt, nahm er sich vor, während er ausstieg. Dann überquerte er die schmale Bergstraße, die in ihrem weiteren, steil ansteigenden Verlauf nach gut 200 Metern hinter einem Hügel verschwand. Er läutete an der Klingel gleich neben dem kleinen Fußgängereingang, rechts der mannshohen, schmiedeeisernen Einfahrt.
»Sie wünschen?« Eine näselnde Stimme quälte sich durch die vergoldete Lautsprecheranlage schräg unter ihm.
»Ja, grüß Gott. Max Raintaler mein Name. Aus München. Ich hätte gerne mit Helmut Schacherer gesprochen, wegen einer Vermisstensache.«
»Sind Sie von der Polizei?«
»Nein, nicht mehr. Ich war mal bei der Polizei. Es geht um die Tochter einer Bekannten von mir.«
»Na gut, kommen Sie rein.«
Das schmale Tor öffnete sich lautlos wie von Geisterhand und Max lief auf einer kleinen
Teerstraße die gut 50 Meter zum Haus hinauf,
dessen verspielte Erker und Türmchen sich palastartig dem blauen Winterhimmel entgegenstreckten.
Als er bei der Tür ankam, stand diese bereits offen und eine ältere, sehr teuer und sehr vornehm in Kostüm und Nerzmantel gekleidete Frau bat ihn hereinzukommen. Sie deutete nur ein kleines Lächeln an. Nicht mehr. Sie passt bestimmt auf, dass ihr frisch
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