Alpenkasper
letzten Mal: Halt dich da raus.« Tanja, streng.
»Ich an eurer Stelle würde lieber nach einem kleinen Täter suchen, einem Handlanger, der nichts plant, der im Affekt handelt. Wäre auf der Fensterbank vor dem Haus ein Messer gelegen, hätte er das wahrscheinlich dem Opfer in den Hals gerammt. Wäre ich ein paar Sekunden früher nachschauen gekommen, wäre Herr Horst noch am Leben oder ich auch unter den Opfern. Kennt ihr übrigens diesen Jungen, der immer mit unserem Schauspieldirektor abhängt, diesen Oliver? Für mich ist das ein ganz heißer Kandidat.«
Trimalchio fuhr sich mit der Hand übers Kinn. »Oliver.«
»Wer ist Oliver?«, fragte Tanja heftig.
»Oliver ist der Sohn eines ehemaligen Kollegen, dem die Trennung von seiner Frau nicht gut bekommen ist«, erklärte Trimalchio. »Ihm ist ein Mord im Dienst passiert. Für den sitzt er gerade ein. Seinen Bub, den Oliver, hat es ebenfalls aus der Bahn gehauen. Er steckt irgendwo hier im betreuten Wohnen und hat mit einiger Mühe inzwischen seine Schule abgeschlossen. Mehr weiß ich nicht.«
»Aber ich«, fügte Jakob hinzu. »Im Rahmen eines Theaterstücks für arbeitslose Jugendliche war er neulich eine Zeitlang aufgeräumt. Die treten gerade im Stadttheater auf und hoffen, dadurch eine Lehrstelle zu finden, was aber nicht so einfach ist: Der Junge hängt am rechten Rand ab; in der Gesellschaft schafft er den Absprung nicht, wenn ihr mich fragt.«
»Warum suchen wir den nicht?«, wollte Tanja wissen.
»Der wäre schon noch dran gekommen«, beruhigte Trimalchio sie.
»Ich würde mich beeilen, meiner Meinung nach kann der Kerl seine Beziehungen nutzen, eine Weile unterzutauchen.«
»Wir nehmen dich jetzt mit und suchen dann den Kerl«, versuchte Tanja ihr weiteres Vorgehen zusammenzufassen.
»Wir brauchen ihn doch nicht mitzunehmen.«
Ein Handy klingelte. Trimalchio maulte: »Kannst du das Ding nicht einmal ausmachen, während wir verhören?«
»Entschuldigung. Ich will vielleicht auf dem Laufenden sein und nicht ständig die aktuelle Entwicklung im Fall als Letzte erfahren.«
»Weißt du überhaupt, wie das nervt, jedes Mal wenn ich mich auf die Befragung konzentriere und drauf achte, dass der Verdächtige unbewusste Hinweise fallen lässt, aus denen wir unser Netz knüpfen können, in dem er sich heillos verfangen wird, bimmelt das Scheißding.«
»Bei dir ist immer alles gleich jedes Mal. Mein Handy klingelt das zweite Mal allerhöchstens, seit wir zusammen ermitteln. Und jedes Mal war es wichtig.«
»Zweimal ist mir zweimal zu viel. Solange du mit mir unterwegs bist, ist das Handy aus. Basta«, schrie Trimalchio.
»Das ist ein Diensthandy, es heißt Diensthandy, weil es während meines Dienstes an zu sein hat, sonst bezahlt es mein Dienstherr nicht. So einfach ist das. Nur weil du bei dir daheim überhaupt nichts mehr auf die Reihe bekommst, musst du das nicht an mir rauslassen.«
»Mein Privatleben geht dich gar nichts an. Außerdem lass ich an dir raus, was mir passt. Ich bin immer noch dein Vorgesetzter.«
Jakob mischte sich ein: »Vorschlag zur Güte: Es ist so schönes Wetter heute, streitet euch doch draußen weiter. Ich hätte selbst auch noch eine Arbeit, zu der käme ich dann auch endlich.«
Die drei verließen Jakobs Wohnung. Die Polizisten stiegen ins Auto. Man hörte sie von außen noch fest miteinander diskutieren. Jakob spazierte zum Wittelsbacher Park, setzte sich auf eine Bank im Schatten und klappte seinen Laptop auf, um seine heutigen Splitter zu tippen. Doch auch sein Handy störte nun. Eine SMS von Katharina war es. Er solle kommen und zwar so schnell wie möglich, sie werde bedroht.
Wohngruppe
Die Polizisten suchten nach einem Stopp bei McDonald’s, wo Trimalchio einen Versöhnungskaffee spendierte, die Wohngruppe Olivers auf. Trimalchio kannte sich aus. Ihr Weg führte sie in den Augsburger Stadtteil Lechhausen. In einer wenig befahrenen Seitenstraße eines Wohngebiets stand ein grünes Haus, friedlich und unverdächtig.
Tanja fiel ein: »War hier nicht mal was in der Gruppe mit sexuellem Missbrauch?«
»Das war hier, hat sich dann aber als böses Gerücht erwiesen, das jemand in Umlauf gesetzt hat, um dem Verein hier zu schaden. Hat sich auch hartnäckig gehalten. Wenn irgendjemand sagt Sex und Missbrauch, dann hast du echten Ärger am Hals, egal wieviel dran ist, die Leute sagen immer: Da muss ein Korn Wahrheit drin stecken. Die haben damals ganz schön gerudert, um finanziell nicht abzusaufen.«
»Aber
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