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Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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leise, so dass ich nichts hören konnte. Clemens war unsicher und wurde lauter, sagte ›Nein!‹ und ›Niemals!‹, dann stand er auf und ist abgehauen. Das war das erste Mal, dass ich den Clemens gesehen habe. Haben wir noch was zum Saufen?«
    »Katharina, ich denke, es wäre besser, wenn du jetzt aufhörst.«
    »Jakob, kümmere dich um dich selbst. Okay? Dir fehlt ein bisschen die Erfahrung im Leben, da würde ich mich zurückhalten mit Vorschlägen an andere, wie viel für sie gut ist.«
    »Meinetwegen. Aber schnell ist es zu viel, da reicht einer und schon ist es zu viel, wo es gerade eben noch in Ordnung und gutes Mittelmaß war. Und wann es zu viel ist, haben schon Gescheitere als du nicht gemerkt, solange es noch nicht gefährlich ist.«
    Jakob ging zur Toilette und spülte den Inhalt seiner Tasche weg. Zurück fragte Katharina ihn, ob er ihr Handy irgendwo habe liegen sehen, sie vermisse es eine geraume Zeit schon.
    »Du hast mir doch vorhin eine SMS geschrieben.«
    »Das kann nicht sein, es ist seit gestern weg.«

Schützenfest
    Müde hielten sich einzelne Gäste in der Nachmittagssonne an ihren halbvollen Maßkrügen fest und schauten gegen den Schlaf kämpfend geil auf die Ausschnitte der sporadisch vorbeiflanierenden Dirndl, wobei das Alter der Trägerinnen die Gaffer wenig interessierte. Das Kinderkarussell drehte träge seine Runden, nie mehr als zwei winzige Fahrgäste transportierend. Das Fest ruhte, hatte gegen Mittag einen kleinen Sturm hinter sich gebracht und wartete auf den großen am Abend, wenn die Kapelle zur Stimmung aufblies, als sei dies die letzte Gelegenheit, die Sau rauszulassen vor dem Fegefeuer. Einzig in der Bar stand ein aufrechter Kämpfer an seiner vierten Maß Gaiß, darin ein halber Liter dunkles Bier, halber Liter Cola und einige großzügige Schüsse Kirschlikör – die hier übliche Variante. Er erklärte dem müden Barmann, wie gut das seinerzeit in der schlimmen Zeit funktioniert habe und so eine flaue Atmosphäre wie gerade damals nie geherrscht habe, als ein großer Gedanke die Feiernden noch geeint habe. Der deutsche Trinker sah zwar schlecht aus in seinem Trachtenjanker, war aber selbst noch sicher keine 60, kannte also die Zeit, die er so lobte, keinesfalls aus eigener Anschauung, hatte sie wohl selbst in der Bar stehend von Vorfahren so lebendig geschildert bekommen, dass er nun glaubte, selbst dabei gewesen zu sein. Es näherten sich ihm von hinten vier junge Männer, klopften ihm auf die Schulter und gaben ihm recht. »Es ist eine Schande«, sagten sie. »Wenigstens wir halten die Ehre noch aufrecht.« Und: »Heute Abend siegen wir wieder.« Der Alte freute sich riesig über den jugendlichen Zuspruch, der ihm zuteil wurde und fragte: »Buben, was wollts? Ich zahl euch alles.« Das Versprechen wurde an Ort und Stelle eingelöst. Vier Jägermeister und gleich darauf, weil es sich so schlecht auf einem Bein steht, vier Obstler.
    Sie parkten auf einer extra zum Parken abgemähten und mit Absperrbändern eingezäunten Wiese. Ein Feuerwehrmann, der dazu extra seinen Bierkrug abstellte, wies sie ein, damit sie sich in dem knappen Dutzend Autos, das zurzeit das Feld belegte, nicht verparkten. Eines der Dutzend Autos war ein neuerer VW-Bus mit einem Stadtkennzeichen. Trimalchio stieg aus der Fahrertür heraus mit seinem linken Fuß in eine Lache Erbrochenes, halbes Hendl, Pommes frites und diverse Liter Festbier, noch körperwarm. Kaum hatte er sich den Schuh durch wildes Reiben an sauberem Gras halbwegs gereinigt – die Spritzer an der Hose mussten vorerst bleiben und waren zu ignorieren – steuerte auf sie beide eine ältere Dame in Tracht zu und stellte fest: »Sie haben noch kein Festzeichen.«
    Tanja erwiderte: »Wir sind nicht zum Feiern da, wir sind dienstlich hier.«
    Die Dame verzog ihr Gesicht, so dass Trimalchio reagieren musste: Er zahlte lächelnd die sechs Euro für die zwei bunten Stofffetzen, die die Frau, nicht ohne ihn einmal in die Brust zu stechen, mit einer Nadel an ihren Hemden befestigte. Damit waren sie drin im zähen Fluss des Festgeschehens. Sie hatten ihre Zielgruppe rasch identifiziert. Im Zentrum des weitgehend leeren Festzelts saß ein Mann inmitten einer Gruppe junger Leute und rauchte fest. Ein Alleinunterhalter bemühte sich, zwei Betrunkene mit dem Fliegerlied wachzuhalten. Tanja steuerte ihren Tisch an.
    »Sind Sie die Wohngruppe des Fliegenpilz-Vereins?«
    Der Betreuer zog an der Zigarette und blies dann die Antwort: »Yo, sind

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