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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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sie, ehrlich.«
    »Und dein Kumpel?«
    »Der kam irgendwann wieder nach ein paar Monaten, ich hatte gerade ein junges Ding, ganz süß, in seinem Keller. Ich schilderte ihm in einer Schulbubenbegeisterung, was hier vorgefallen war. Er war skeptisch, hatte Angst vor Polizei und Gefängnis. Ich brachte ihn dazu, dabei zu sein, indem ich sagte, dass sich die Mädchen alle nach einer Weile in mich verliebten. Man nennt das Stockholm-Syndrom . Ich hätte nicht einmal eine Anzeige bekommen. Meist sorgen sie selbst dafür, dass es zu keinem Geschrei kommt. Ich weckte den Triebtäter in Heinz, er war dabei. Ich kann den Triebtäter in jedem von uns wecken.
    Heinz ist Chemiker. Um sicher zu gehen und auch um seine Lust am Experiment zu befriedigen, besorgte er uns dieses Drogenzeug, das die Opfer die Zeit eine Weile vergessen ließ. Wir hatten hier ein paar brenzlige Vergiftungsfälle deswegen und einige Male Streit, was fast noch gefährlicher war. Wir sind halt zwei Sonderlinge, die aber gut miteinander arbeiten. Übersieht der eine mal was, denkt der andere daran. Der gute alte Heinz, ja, er wird langsam alt.«

     

     

16. Angst
    Trimalchio saß vor der Leere seines Schreibtischs und überlegte. Er war froh, weniger wissen zu müssen, als er wusste. Er konnte damit die Zeit aufhalten, den Gang der Ereignisse verlangsamen, ihnen die Unbedingtheit nehmen. Er hatte in seiner Vergangenheit viele Löcher nur oberflächlich gestopft, jetzt quoll wieder Blut aus ihnen. Nicht ersaufen.
    Aufgebracht platzte Tanja in seine Ruhe. »Das ist doch Wahnsinn. Das können die nicht machen.«
    Trimalchio blickte sie unbewegt an und sagte dann: »Mir gehen halt irgendwann die Argumente aus, wenn sich unser Mann so verhält.«
    »Da stimmt was nicht, ich bin mir sicher, die zwingen ihn irgendwie, die haben was in der Hand, womit die wedeln und mit ihm anstellen können, was sie wollen.«
    Trimalchio spürte Tanjas Angst bei diesen Worten; ihr süßes Gehirn arbeitete nicht weniger fieberhaft an einer Lösung des Birneproblems als seines. Das schweißt zusammen, dachte er noch, bevor er ihr antwortete: »Hast du eine Ahnung, was das sein könnte? Ich meine, hat er Familie, Freunde, irgendjemanden, den er liebt?«
    Tanja schwieg, dachte nach und wurde traurig, weil sie so wenig über den wusste, dem sie so viel geben würde, wenn er sie nur ließe.
    »Nun?«, stocherte Trimalchio .
    »Wir sind nur Kollegen, so gut kenne ich ihn nicht. Eigentlich kennst du ihn schon länger. Oder?«
    »Das ja, aber halt wirklich nur als Kollegen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Wir haben sonst nichts miteinander, ich kann dir nichts über ihn sagen. Wen er kennt, wen er liebt.«
    »Dann weiß ich auch nichts über ihn.«
    »Dann sind wir uns ja einig.«
    Trimalchio sollte sie trösten, sie nicht einfach nur anstarren. In seinem Kopf bewegten sich Dinge, die die Maßstäbe verschoben und sein Handeln veränderten.
    »Was wird passieren?«, fragte sie. »Die bringen alle um bis auf das Mädchen. Oder?«
    »Das ist am einfachsten für sie. Aber die wissen nicht, wohin sie schießen müssen.«
    »Ich hab gedacht, die haben was auf Video.«
    »Von einer Autobahn, das ist nur eine Richtung. Der Kleinmüller will sich profilieren und lässt uns suchen.«
    »Warum filmen wir Autobahnen?«, fragte Tanja nachdenklich.
    Obwohl sie keine Antwort erwartete, sagte Trimalchio : »Wieso steht ihr die heißen Tage des Jahres an Bahnhöfen herum? Wir werden vom Terror zerfetzt, die wollen uns alle tot haben und wenn wir sie nicht stoppen, tut’s keiner.« Er lachte auf. Er führte, seit er zu arbeiten begonnen hatte, nur aus, es war vielleicht das vierte Mal in dieser Zeit, dass er den Sinn einer Aktion durchdachte. Magere Statistik, bescheinigte er sich selbst.
    »Was haben denn die von diesen Videoaufzeichnungen?«, fragte Tanja weiter. »Wenn die Kameras zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufgestellt sind, kann man nachträglich Bombenleger identifizieren, aber doch keine Explosion verhindern. Sonst müssten die alles mit Kameras bestücken, die Verdächtige mittels Computer identifizieren und das Einsatzkommando herbeirufen. Unbekannte Massenmörder würden sie aber so gar nicht erwischen. Irre.«
    Trimalchio dachte laut: »Einerseits, was aber ist mit Sicherheit und Freiheit?«
    »Unsere Gesellschaft ist bereit, ihre Freiheit zu opfern als Preis für mehr Scheinsicherheit.«
    »Welche Gesellschaft wäre dazu nicht bereit?«
    »Deutschland hat halt eine schwache

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