Alpha: Thriller (German Edition)
gegenwärtigen Zeitpunkt vielleicht sogar mehr. Daher entschied Jacobs, ihnen die Wahrheit zu sagen, wenn auch nicht die ganze.
»Die Zielpersonen sind immer noch frei«, erklärte er schließlich. »Wir stehen jedoch kurz davor, sie festzunehmen, und bisher gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass die Informationen weitergegeben wurden. Und selbst wenn irgendwann Einzelheiten über den Fund bekannt werden, sind wir zuversichtlich, dass wir die Beweise herunterspielen können. Es dürfte kein Problem geben. Vor allem«, fuhr Jacobs, der zuversichtlicher wurde, fort, »da die neuesten Berichte des CERN besagen, dass wir kurz davorstehen, in die Testphase für die Apparatur einzutreten. Auch wenn das Wissen um Ihre Existenz und Ihre Beteiligung jetzt öffentlich gemacht würde, wäre es so spät, dass es nicht mehr darauf ankommen würde.«
»Sie irren sich«, hielt die Stimme sofort dagegen. »Es kommt immer auf Anomalien an. Unbekannte Variablen können alles auf unvorstellbare Weise zum Erliegen bringen. Alles muss perfekt sein. Wir dachten, das wäre Ihnen klar.«
»So ist das Leben «, entgegnete Jacobs und versuchte, seine Frustration zu zügeln. »Manchmal sind die Dinge eben unvollkommen, und man geht mit ihnen um, so gut man kann.«
»Niemand von uns würde so handeln«, lautete die blitzschnelle Antwort. »Wir akzeptieren keine Unvollkommenheiten.«
Die Verbindung war beendet, und Jacobs lehnte sich auf seinem Ledersessel zurück und trank einen Schluck Wasser aus dem dicken Glas, das vor ihm auf dem Schreibtisch stand.
Dann akzeptierten sie also keine Unvollkommenheiten. Nun, das war vollkommen in Ordnung.
Er nämlich auch nicht.
»Bist du okay?«, erkundigte sich Lynn bei Adams. Sie saß auf der Beifahrerseite des kleinen, zwanzig Jahre alten Fiat.
Adams war sich nur zu bewusst, wie er aussehen musste. Schweiß lief ihm über die Stirn, er war gespenstisch bleich und zitterte unkontrollierbar. Zusammen mit dem Adrenalin und der Aufregung der letzten paar Tage wurde der Schlafmangel unerträglich, und ihm fiel alles viel schwerer, als er gedacht hatte.
Seit jenem Vorfall in der Wüste vor vielen Jahren hatte er nie über seine Probleme sprechen wollen. Zuerst hatte er sich zu akzeptieren geweigert, dass er überhaupt ein Problem hatte, und selbst als er es sich schließlich eingestand, hatte er nie erwogen, Hilfe zu suchen. Jetzt wurde ihm klar, dass das unrealistische Angeberei gewesen war, und zum ersten Mal in seinem Leben wünschte er sich Hilfe. Am liebsten hätte er sich einfach zusammengerollt und um Hilfe gebettelt . Aber er wusste auch, dass es nie so weit kommen würde.
»Ich glaube, ich brüte ein Fieber aus«, log er.
»Soll ich fahren?«
Darüber dachte Adams kurz nach. Die Konzentration auf die Straße bereitete ihm Kopfschmerzen, aber wenigstens hatte er etwas zu tun. Wahrscheinlich wäre es schlimmer, auf dem Beifahrersitz zu hocken und sich in Selbstmitleid zu suhlen.
»Nein, danke«, antwortete er und ließ seine Stimme ein wenig munterer klingen. »Ich komme schon klar. Mir geht es am besten, wenn ich etwas zu tun habe, verstehst du?«
Lynn betrachtete ihn, als sehe sie ihn seit ihrem Wiedersehen gestern zum ersten Mal richtig. »Du hast dich verändert, seit wir zusammen waren«, meinte sie schließlich.
Wenn du wüsstest, dachte Adams. »In welcher Hinsicht?«, fragte er stattdessen.
Lynn überlegte noch einmal. »Ich weiß nicht … Vorher schienst du so voller Leben zu sein … Überlebensgroß sogar. Jetzt kommst du mir … bedrückter vor.« Sie lächelte ihm entschuldigend zu. Es tat ihr leid, so negativ zu sein, aber die Veränderung an dem Mann, den sie einst so geliebt hatte, machte sie neugierig.
»Ich schätze, das Leben holt einen irgendwann ein«, gab Adams zurück, doch in dem Moment, in dem er es aussprach, wurde ihm klar, dass gerade solche Bemerkungen Lynn auf die Veränderungen an ihm aufmerksam gemacht hatten. »Aber wahrscheinlich setzt mir nur das Fieber zu, verstehst du«, ruderte er schnell zurück.
Das Schweigen zog sich über Sekunden, dann über Minuten hin, während sie auf der Ruta 5 weiter durch die gewaltigen Wüstenebenen Chiles fuhren.
Gestern waren sie am späten Abend in Copiapó angekommen und hatten mit Bargeld Fahrkarten für den Regionalbus nach Caldera an der Küste gekauft. In der Kleinstadt angekommen, hatten sie sich nach einem Auto umgehört und nur Minuten später einen bereitwilligen Verkäufer gefunden. Der Wagen war kein
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