Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alphabet der feinen Kueche

Titel: Alphabet der feinen Kueche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gerlach
Vom Netzwerk:
Paprikas
    Das Rezept entwickelte ich aus dem österreichischen Esterházy-Gulyás für eine Lesung von Peter Esterházy, dem ungarischen Schriftsteller und Spross der Adelsfamilie, die der Garnitur »Esterházy« ihren Namen gab:
    In der klassischen europäischen Küche gaben die Namen der Garnituren an, wie eine Hauptzutat zubereitet wurde, für Profis brauchte es kein zusätzliches Rezept. »Müllerin« bedeutet zum Beispiel, dass ein ganzer Fisch gemehlt, in Butter gebraten mit gehackter Petersilie bestreut und mit brauner Butter übergossen wird. Die Garnitur gilt nicht nur für Forellen, für die wir die Bezeichnung heute noch verwenden, sondern auch für Seezungen oder andere Fische. Esterházy-Fleischgerichte wie der geschmorte Rostbraten Esterházy zeichnen sich durch eine Beilage aus feiner gedünsteter Wurzelgemüse-Julienne, also Wurzelgemüsestreifen, mit Sauerrahm und Kapern aus.
    Dem Dichter mundete das Essen, er wies mich aber darauf hin, dass Gulyás in Ungarn einen Rinderhirten oder aber eine Suppe bezeichnet, während das, was wir Gulasch nennen in Ungarn Pörkölt heißt (oder Paprikas wenn Sahne drin ist). Und da seine Familie ungarischer Herkunft sei, müsste ich das Gericht anders nennen. Er hat natürlich recht, allein - das Esterházy-Gulyás ist eine gebräuchliche Variation des Wiener Saftgulyás, das archetypische österreichische Rindergulasch. Auf dem Weg von den ungarischen Steppen in die k.u.k-Hauptstadt änderten sich Rezept und Wortbedeutung - der ursprüngliche Zusammenhang ging verloren.

C ocktails
    Hummer Thermidor, Tournedos Rossini oder Consommé Dubarry - die standardisierte französische Küche des europäischen Großbürgertums verschwand, als der Besuch von Restaurants für breite Bevölkerungsschichten bezahlbar wurde. Das elitäre Wissen um den komplizierten Code der Speisekarten verlor seine abgrenzende Funktion. Bocuse und seine Mitstreiter schufen eine neue Küche und - vor allem - den individuellen Kochkünstler. Heute ist er ein Popstar am Herd. Aber warum gab es nie eine ähnliche Entwicklung in den Cocktailbars?
    Die Kultur der amerikanischen Bar erblühte in den privat geführten Grandhotels des frühen 20. Jahrhunderts. Die Hotelbar war von Anfang an eine anonyme, für regelmäßige Gäste gleichzeitig intime Hülle. Ein exklusiver Ort auf einer Insel am Rande der Wirklichkeit. Der Cocktail aus Spirituosen von vorhersehbarer Qualität ist ein weltweit abrufbarer Ritualbegleiter.
    In den achtziger Jahren machte Tom Cruise im Film »Cocktail« die Bar zum Zirkus, im richtigen Leben wurden »American Bars« zum Massenphänomen. Aber den Versuchen, die Bar vom Hotel zu lösen, fehlte etwas: die Aura unbehauster Reisender, die wissen um den richtigen Drink für den richtigen Augenblick. In der gleichen Zeit verloren viele berühmte Bars ehemals privater Grandhotels ihren Charakter in großen Hotelketten.
    Zeit für die Revolution? Popstars hinter den Tresen? - Nein, denn anders als im Restaurant hängt die Kultur der Bar fast ausschließlich von ihren Nutzern ab. Im Restaurant geht es heute um individuelle Interpretation, dabei werden die Rezepte der Kochkünstler oft sehr komplex. In der Bar hingegen kann auch der beste Barchef keinen umfassend neuen Stil schaffen, denn gute Cocktails beruhen auf Reduktion und Standardisierung. Wenn es also keine ernsthaften Trinker mehr gibt - dann gibt es auch keine Bar mehr.
    Wenn Sie helfen wollen, den Mythos »Bar« neu zu beleben, dann rühren und schütteln Sie sich durch Manhattan und Champagner-Cocktail, denken Sie auch an James Bonds Wodka Martini, Marlowes Gimlet und an Hemingways Daiquiri. Das alles schmeckt ein bisschen nach alten Schwarz-Weiß-Filmen - stören Sie sich nicht daran. Der Erfolg moderner Mischungen wie Caipirinha oder Erdbeer-Limes ist auf den Sandstränden des Werbefernsehens gebaut.

Tokyo Martini
    Trotzdem können wir auch heute noch große neue Cocktails erfinden - dazu ist zuerst eine gewisse Nonchalance im Umgang mit Getränken verschiedenster Herkunft nötig. Damit der neue Drink sich dann auch durchsetzt, braucht es aber vor allem große Trinker. Im weltweiten Netz fanden wir den Tokyo Martini:

Tokyo Martini
    • Für 1 Glas
6 cl Wodka, 2 cl Noilly Prat, 1-2 Spritzer Green Tea
Bitter (den können Sie selbst ansetzen:
1 EL grüne Teeblätter mit 100 ml Wodka übergießen,
1 Tag ziehen lassen, abseihen, in einer kleinen
Flasche aufbewahren), 1 lange,
schmale Scheibe Ingwerwurzel, Glas:

Weitere Kostenlose Bücher