Alphabet der feinen Kueche
amerikanischen Bürgerkrieg. Dafür kochen Scarlett O’Haras Enkelinnen geräucherte Schweinshaxen mit Grünkohl, Senfblättern, Brunnenkresse und anderen Wildkräutern. Fleisch und Gemüse servieren sie mit Relish und Essig. Die Garflüssigkeit, Pot Likker, gibt es als Suppe dazu.
2. Krauti italiani: Ribollita, die toskanische Gemüsesuppe, für die es so viele Rezepte gibt wie Gemüsereste im Hause einer armen Landarbeiterfamilie. Zwei Zutaten kommen immer hinein: Weißbrot und Grünkohl. Toskanischer Grünkohl gilt als besonders fein, er heißt auf Italienisch »cavolo nero«, Schwarzkohl.
Die portugiesische Nationalsuppe: Caldo Verde
• Rustikaler Eintopf
1 Zwiebel, 4 Knoblauchzehen, 1 Selleriestange,
750 g mehlige Kartoffeln, 4 EL Olivenöl,
500 g große Venusmuscheln, Salz, Pfeffer,
1 Stück Speckschwarte (nach Belieben),
1 Lorbeerblatt, 500 g junge Grünkohlblätter,
100 g portugiesische Paprikawurst (Chorizo)
Zwiebel, Knoblauch, Sellerie und die Kartoffeln schälen und würfeln. Das Olivenöl erhitzen, die Muscheln ins Öl geben, mit Wasser ablöschen, zudecken und 5 Minuten kochen, bis sich die Muscheln geöffnet haben. Venusmuscheln herausnehmen, stattdessen das Gemüse in den Topf geben, mit Salz und Pfeffer würzen und 5 Minuten anschwitzen. 1,5 l Wasser oder Gemüsebrühe zugeben, evtl. auch ein Stück Speckschwarte und ein Lorbeerblatt. 20 Minuten kochen, grob pürieren.
500 g junge Grünkohlblätter waschen, dicke Blattrippen entfernen. Die Kohlblätter aufrollen, in feine Streifen schneiden, 10-20 Minuten in der Suppe fast weich kochen. 100 g portugiesische Paprikawurst (Chorizo) würfeln, kurz anbraten, mit den Muscheln in die Suppe geben. Mit Olivenöl beträufeln.
Nie mit Muscheln?
Carlos L. und Günter R. schrieben: »Als Brasilianer und heftige Portugalbesucher haben wir noch nie (!) eine Caldo verde mit Muscheln im Lokal oder bei Muttern bekommen, selber gekocht, darüber im Kochbuch oder woanders gelesen. Haben wir etwas versäumt, oder haben Sie etwas durcheinandergebracht?«
Die beiden haben völlig recht: Die Anregung für das Caldo-verde-Rezept mit Muscheln stammt aus einem Buch, dass ich sehr schätze: »The cook’s companion« von der australischen Köchin Stephanie Alexander, wahrscheinlich keine Expertin für klassische portugiesische Küche. Da mir die Idee aber gut gefällt, habe ich das Rezept darauf aufgebaut - als professioneller Koch und Rezeptautor versuche ich häufig auch bekannte Rezepte weiterzuentwickeln, um den Geschmack zu modernisieren, um schwere Gerichte zu erleichtern oder um Ihnen eine spannende Variante zu präsentieren. Ein bisschen »Gerlach« steckt auch bei klassischen Gerichten meistens mit drin. Für die authentische Suppe können Sie die Muscheln weglassen und stattdessen etwas mehr Chorizo verwenden.
H agebutte
»Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm. Es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um...« Sie denken an Fliegenpilze? Auch der Illustrator meiner Goldenen Liederfibel zeichnete Pilze als Noten zu Hoffmann von Fallerslebens Kinderlied - doch es geht um Hagebutten, die Früchte der Rosen.
Um Auendorf auf der Schwäbischen Alb, ein Dorf in karger Gegend mit dornigen Hecken, sammelten früher junge Mädchen Hagebutten nach dem ersten Frost. Sie halbierten die Früchte, kratzten Kerne und Borstenhaare heraus und trieben Schalen und Fruchtfleisch im Schein trüber Petroleumfunzeln durch feine Kupfersiebe. Später gingen die Dorfbewohner mit dem Haegenmark hausieren. Heute kommt Mitte September der erste Zwanzigtonner mit Hagebutten aus Osteuropa, die Wildfrüchte werden dort immer noch mit der Hand gepflückt, nach Auendorf.
Auch Ernst Clement ( www.hagebuttenmark.de ) bezieht sie aus dem Osten. Seine Familie beliefert nicht nur den Münchner Viktualienmarkt mit ungezuckertem Mark und dem fertigen Brotaufstrich. Ihr Geheimnis liegt in der schonenden Herstellung: Hagebutten enthalten mehr als ein Prozent Vitamin C, fast so viel wie die tropische Acerolafrucht. Dummerweise ist das Vitamin hitzeempfindlich, es oxidiert leicht an der Luft und verträgt auch keine Kälte. Gekochter Brotaufstrich aus Hagebutten enthält nur noch etwa ein Zwanzigstel der ursprünglichen Menge. Deshalb quetscht Clement die Früchte und lässt sie in dicken Schichten einige Tage weich werden. Anschließend kommen sie in die Passiermaschine: Das erste Sieb entfernt die Kerne, das zweite jene feinen Borsten, die Kinder gern als Juckpulver benutzen. Bei 75
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