Alphawolf
dem Bett und kratzte mit den Pfoten an der Fensterscheibe.
«Die Regenrinne», rief sie ihm zu. «Zum Badezimmer.»
Tala hatte keine Ahnung, ob er verstand, was sie meinte, daher eilte sie zu ihm, packte ihn und rannte mit ihm aus dem Zimmer.
Von links näherte sich Dante. Seine Augen waren durch die Schmerzen, die die Verätzung mit sich führte, halb zugeschwollen und gerötet und ließen ihn noch böser aussehen. Er streckte die Arme aus, um sie mit seinen Klauen zu fassen, doch sie wich nach rechts aus und stürmte ins Badezimmer.
Sie ließ Rufus los, wandte sich um und verriegelte die Tür, mit der Hoffnung, dass eine abgeschlossene Tür Dante einige wertvolle Sekunden aufhalten würde. Im Nachhinein bereute sie das.
Dante stieß mit seinem Körper dagegen. Die Tür wurde aufgedrückt, als wäre ein Zug dagegen gefahren. Der Druck schleuderte Tala in den Raum. Sie stieß schmerzhaft mit dem Rücken gegen das Waschbecken und rutschte zwischen Becken und Badewanne. Benommen kauerte sie dort. Ihr ganzer Körper tat weh. Ihr Blut klebte an der weißen Wanne. Rufus kam zu ihr und schmiegte sich eng an sie. Unter seinem Fell konnte sie einen seiner Oberschenkelknochen spüren, der unnatürlich abstand, der Knochen musste gebrochen sein.
Sie saßen in der Falle.
«Komm zu mir, Rufus.» Dantes Stimme war so rau, als würde er sich von Schmirgelpapier ernähren.
«Nein», entgegnete Tala atemlos und schlang beschützend die Arme um den Rotwolf. Sie war erschrocken, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass Dante sprechen konnte.
Er beugte sich vor. Sein Grinsen wirkte verzerrt und abstoßend. «Freiwillig. Es ist besser für deine kleine Freundin.»
Rufus regte sich.
«Nicht», flüsterte Tala ihm zu. «Das ist ein Trick. Er wird mich ehᅠ...» Sie brachte das Wort töten nicht über die Lippen.
Dante ignorierte sie. Sein Atem roch, als hätte er ein Tier frisch erlegt und verschlungen. «Ich brauche dich für mein Experiment, Rufus, denn junges Fleisch lässt sich leichter biegen, und auf die eine oder andere Art werde ich dich kriegen. Du bist doch gar nicht mutig, Rufus, du bist der Omegawolf, kriechst lieber, anstatt zu kämpfen. Das ist deine Rolle. Fordere mich nicht heraus, denn sie wird darunter leiden.»
Als Dante Talas Fußgelenk mit seiner Pranke umschloss, um sie zu sich zu ziehen, schrie sie auf. In diesem Moment riss sich Rufus aus ihrer Umarmung los und lief zu Dante. Der Rotwolf zog den Schwanz ein, senkte den Kopf und winselte erbärmlich. Er bettelte die Kreatur auf wölfische Weise an, Tala nichts zu tun. Winselnd warf er sich Dante zu Füßen.
Wider Erwarten ließ die Bestie von Tala ab. Er hieb seine Klauen in Rufus’ Nacken. Der Rotwolf jaulte auf, wehrte sich jedoch nicht. Triumphierend gab Dante einen Laut von sich, der ein bizarres Gemisch aus Wolfsgeheul und Lachen war. Er riss Rufus hoch und rannte aus dem Badezimmer.
Als sich Tala am Waschbecken hochzog, keuchte sie vor Schmerz. Ihre Schulter pochte und ihr Rücken tat derart weh, dass sie kaum gerade stehen konnte. Sie betrachtete ihr Spiegelbild. Dicke Tränen rannen ihre kreidebleichen Wangen hinab. Sie machte sich nicht die Mühe, sie wegzuwischen. Ihr Haargummi war nach unten gerutscht, zahlreiche Strähnen klebten an ihrem feuchten Gesicht. Ihr Pullover war zerrissen, dort wo Dante ihre Schulter zerkratzt hatte.
Aber das war nicht wichtig, das alles war völlig unwichtig. Das Monster hatte Rufus! Den süßen kleinen Rufus, der schon so viel im Leben ertragen musste. Lupus hatte Recht gehabt: Der Junge zog Pech an, wie Scheiße Fliegen.
Sie unterdrückte den Drang, sich auf den Boden zu kauern und ihrem Kummer nachzugeben, und lief die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Ihre Füße trugen sie wie von selbst zur zerstörten Terrassentür. Im Rahmen blieb sie stehen und starrte in die Dunkelheit. Fußspuren – riesige Pfotenabdrücke, wie Tala sie am Native American Medical Center gesehen hatte – führten zum gegenüberliegenden Bretterzaun. Dante musste darüber gesprungen sein, als wäre der Zaun einen halben und nicht zwei Meter hoch. Er war längst fort.
Es machte keinen Sinn, ihm zu folgen. Er war viel zu schnell und sie würde seine Fährte verlieren, da er Hindernisse überwinden konnte, die für sie Blockaden darstellten. Das war Aufgabe der Werwölfe. Sie musste Claw anrufen. Seine Telefonnummer kannte sie nicht, dafür aber seine Adresse. Jetzt wusste sie, wozu es gut gewesen war, dass Rufus sie zu Ashton
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