Alptraum in Pink
beruhigend an, Doktor. War Charles Armister auch hier?«
Er zögerte und sagte dann: »Er war zehn Wochen bei uns.« Er schaute auf die Uhr. »Ich schicke Ihnen etwas zum Einnehmen, außerdem jemanden, der Sie sauber macht und füttert, Mr. McGee.«
»Sie wollen, dass ich gesund bleibe.«
»Ja, natürlich«, meinte er lächelnd, nickte und ging.
Ich hatte zehn Minuten für mich allein. McGee, der geschickte, gerissene Privatdetektiv. Im Nachhinein konnte ich mich nur wundern, wie unglaublich dumm und fahrlässig ich mich angestellt hatte. Es war ganz so, als hätte ich ein Team von Fachleuten dabei überrascht, wie sie systematisch eine Bank ausnehmen, und sie dann gefragt, wie es denn so laufe.
Bestimmt hatte Mrs. Smith von Kunst & Talent beim anderen Konto nachgefragt. Das verschaffte ihnen den richtigen Zeitpunkt, einen geeigneten Ort und die Gelegenheit, mich aus dem Weg zu räumen. Wahrscheinlich hatten sie schon vorher mitbekommen, dass ich bienenfleißig herumschwirrte, mit Bonita ausgegangen war, ihr eine Notiz im Büro hinterlassen hatte, dass ich mich mit Terry Drummond in Verbindung gesetzt und mit der Polizei über Howard Plummer gesprochen hatte und außerdem eng mit seiner Verlobten zusammensteckte. Als mein geschäftiges Herumschwirren sie doch ein wenig zu sehr ärgerte, hatten sie mit der Fliegenklatsche nach mir geschlagen. Und ich hatte noch nicht einmal die erforderliche Vorsichtsmaßnahme getroffen und einen Bericht darüber, was ich bislang erfahren hatte, an sicherer Stelle für die Polizei hinterlegt.
Plötzlich packte mich eine ganz andere Angst, die schlimmer war als irgendwelche Verzerrungen der Wirklichkeit. Ich hatte Angst um Nina Gibson und davor, was man ihr antun würde, falls sie etwas wegen meines unerklärlichen Verschwindens unternehmen würde.
Eine untersetzte blonde Frau in Weiß kam herein, machte meine Schulter frei, hielt eine Nadel gegen das Licht und spritzte mir etwas in den Schultermuskel. Sie antwortete nicht, als ich sie ansprach. Sie tupfte die Stelle vor und nach der Injektion mit Alkohol ab und ging wieder. Nach einer Weile lachte ich leise in mich hinein. Ich fühlte mich sehr, sehr wohl. Was soll’s, sollen die doch ihren Spaß haben. Es diente dem Wohl der Menschheit. Ganz hinten in meinem Kopf guckte immer wieder der kleine, echsengroße Kopf der Furcht aus seinem Schrank, aber ich machte ihn immer wieder zu. Ich schloss die Schranktüre ab. Zwei stämmige Wärter kamen ins Zimmer. Sie setzten mich auf und zogen mir die Zwangsjacke aus. Ich wollte mich dafür entschuldigen, dass ich das Bett so zerwühlt hatte. Ich wollte niemandem zur Last fallen. Die beiden stritten sich darum, welche Wetten sie in dieser Saison beim Football abschließen sollten. Ich wollte ihnen einen Witz erzählen, sie zum Lachen bringen, aber es fiel mir keiner ein. Sie führten mich in ein gekacheltes Bad nebenan und forderten mich auf, mich auszuziehen. Dann stellten sie mich in eine Duschkabine und gaben mir Seife und eine Bürste. Ich summte beim Duschen vor mich hin. Als ich herauskam, reichten sie mir einen Overall zum Anziehen, ein hellgrünes Kleidungsstück mit einem durchgängigen Reißverschluss vom Schritt bis zum Hals. Es kam mir wunderbar praktisch und bequem vor. Ich konnte gar nicht verstehen, warum nicht alle genau dasselbe anhatten. Sie gaben mir ein paar Hausschuhe aus Stroh. Sie sagten mir nicht, was ich als Nächstes tun sollte, sondern stießen mich in die Richtung, in die ich gehen sollte. Mir machte das nichts aus. Sie redeten pausenlos miteinander. Einer von ihnen glaubte, die Packers würden es dieses Mal wieder schaffen.
Ich setzte mich aufs Bett. Sie stellten ein Tablett auf Rollen vor mich. Ich musste mit einem Hartgummilöffel essen. Alles schmeckte vorzüglich. Die beiden standen an dem vergitterten Fenster und redeten. Jedes Mal, wenn einer von ihnen herüberschaute, lächelte ich ihn an. Aber sie nahmen keine Notiz von dem Lächeln und wollten sich wohl auch nicht mit mir anfreunden. Das ging auch in Ordnung. Als ich fertig war, brachte mich einer von ihnen wieder ins Badezimmer und holte einen Elektrorasierer. Er beobachtete mich, bis er sicher war, dass ich den Rasierer richtig bedienen konnte. Ich wollte ihn unbedingt richtig bedienen, um auch ja alles recht zu machen.
Sie führten mich einen Flur entlang. Der Flur war so grau wie die Schiffe, auf denen ich gefahren war. Ich schaute schnell aus dem Fenster und sah ein hübsches Gelände mit
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