Alptraum-Sommer
daß er von den Alraunen verfolgt wurde, aber er bekam niemals eines dieser Erdmännchen zu Gesicht.
Sie hielten sich alle versteckt, duckten sich unter Blättern und großen Blüten, und nur dann, wenn sie sich zu schnell bewegten, zitterten auch die Gewächse.
Er ging weiter.
Einfach so.
Vielleicht auch ziellos, obwohl er daran dachte, den Jungen zu finden.
Doch Suko hatte einfach den Eindruck, sich nicht ohne Ziel durch diesen Wald zu bewegen. Es war keine Kraft, die ihn anzog, aber etwas anderes hatte schon seine Spuren im Wald hinterlassen. Ein magischer Magnetismus, der seine Fühler ausgestreckt hielt und ihn in eine bestimmte Richtung zog.
Nach vorn, immer nach vorn.
Und zwar dorthin, wo hinter einer grünen Wand, die nicht nur aus Ästen und Zweigen bestand, sondern auch aus einem Wirrwarr von ineinander verschlungenen Lianen, ein sehr helles Licht aufstrahlte, als wäre dort ein Scheinwerfer aufgestellt worden, dessen breiter Strahl versuchte, die grüne Hölle zu durchdringen.
Jedenfalls explodierte hinter der grünen Wand das Licht zu einer regelrechten Wolke, und Suko ging davon aus, daß sich dort eine Lichtung ausbreitete.
Ein Ziel?
Suko wußte es nicht, er gehorchte nur seinem Gefühl und ließ sich treiben.
Plötzlich blieb er stehen.
Es geschah nicht aus Müdigkeit, da steckte ein anderer Grund dahinter.
Er hatte etwas gehört.
Ein Geräusch, das für ihn nicht zu identifizieren, trotzdem aber in sein Bewußtsein gedrungen war, weil es sich von den anderen unterschied.
Ein rätselhaftes Schaben oder Zischeln, als würde ein bestimmter Körper über einen fremden Gegenstand reiben und so dafür Sorge tragen, daß jemand aufmerksam wurde.
Der Inspektor lauschte. Ein ungutes Gefühl kroch in ihn hinein. Er schaute zu, wie sich seine Härchen auf den Handrücken aufrichteten. Es war der Schauer einer gefährlichen Vorahnung. Er gehörte zu den Menschen, die sehr wohl darauf achteten und auch deshalb überlebt hatten.
Als er stand, kam ihm die Hitze noch schwerer und klammer vor. Die Schwaden, die heranwehten, erinnerten ihn an dünne Tücher. Sie strichen über sein Gesicht, als wollten sie ihn waschen, doch davon ließ er sich nicht ablenken.
Die Bäume bewegten sich nicht. Er schaute hoch in ihr Geäst, das sich ihm als verschlungene eigene Welt präsentierte und so dicht war, daß sie bestimmten Gegnern Schutz geben konnte. Nicht nur den kleinen Alraunen, auch größeren.
Was konnte hier noch lauern?
Der Wald war für jede Überraschung gut. Wenn Mandragoro ihn beherrschte, brauchte sich Suko nicht darüber zu wundern, wenn Bäume oder Unterholz zu einem eigenen Leben erwachten, angetrieben von der Magie dieses Umwelt-Dämons.
Suko fürchtete sich nicht vor ihm. Er, John und Mandragoro hatten oft genug zusammengearbeitet, aber er wußte auch, wie unberechenbar der Waldgeist war. Falls Suko seine Pläne störte, konnte er keine Rücksicht erwarten.
Wieviel Zeit vergangen war, wußte er nicht. Irgendwann, weil sich auch das Geräusch nicht wiederholt hatte, setzte er seinen Weg fort. Diesmal noch aufmerksamer und gespannter. Jeden Augenblick konnte diese trügerische Stille zerbrechen und sich der Wald in eine Hölle verwandeln.
Man ließ ihn in Ruhe, und Suko kam dem gleißenden Licht allmählich näher. Er stellte auch fest, daß sich der Wald lockerte, die Bäume standen weiter auseinander, auch das Unterholz zeigte an gewissen Stellen Risse und wuchs nicht mehr so dicht wie zuvor.
Wo, zum Teufel, hielt sich die Gefahr versteckt? Sie war da, sogar in seiner Nähe, das spürte Suko sehr deutlich, aber er konnte sie nicht fassen, nicht greifen oder sehen.
Nur das Licht…
Normalerweise bedeutete es Hoffnung. Suko aber hatte das untrügliche Gefühl, daß es diesmal nicht stimmte. Dieses Licht war eine Quelle einer kaum begreifbaren Kraft, und möglicherweise verbarg sich sogar Mandragoro darin.
Und doch zog es ihn immer wieder an. Er konnte seine Schritte nicht zur Seite lenken, das helle Licht der Sonne war wichtiger. Je mehr er sich dem Zentrum näherte, um so besser konnte er gewisse Dinge unterscheiden. Es war nicht nur die gleißende Helligkeit, die sich dort ausbreitete, in ihrem Zentrum sah er etwas Dunkles, Kompaktes, von dem schwache Schattenrisse in verschiedene Seiten wegliefen.
Suko konnte sich keinen Reim darauf machen. Er spürte jedoch instinktiv, daß er sich der Lösung näherte. Er fand Lücken, durch die er gehen konnte.
Das Unterholz war zwar nicht
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