Alptraum-Sommer
und endlich den eigentlichen Wald betreten.
Eine Hölle für sich.
Dichter Bewuchs, der über ihm das Licht der Sonne filterte. Alles war vermoost und mit zahlreichen Ranken bedeckt, die sich auch an den Stämmen in die Höhe wanden wie Schlangen.
Ein weicher Untergrund dämpfte seine Tritte. Nahe der Tümpel war der Boden naß, dann drückte sich jeder Schritt tief in das Erdreich hinein, so daß Spuren zurückblieben, die sich allmählich von den Rändern her mit Wasser füllten.
Die gesamte Umgebung war eine unheimliche Welt für sich, wo sich Dinge konzentriert hatten, die jenseits des Wissens lauerten. Ein Stück magischer Natur, und Suko spürte oder ahnte zumindest die Hand des Umwelt-Dämons Mandragoro.
Er kannte ihn.
Er wußte auch, wie er sich den Menschen hin und wieder zeigte. Da nahm er dann die Gestalt eines Baumes oder eines Busches an, dessen Zweige dann so etwas wie ein Gesicht bildeten, so daß Mandragoro zu erkennen gab, wie menschlich er manchmal war.
Suko wußte nicht, welchen Weg er nehmen mußte. Aber er hatte bei jedem Schritt Spuren hinterlassen. Da er nicht davon ausging, daß Kelly fliegen konnte, mußten auch seine Fußabdrücke noch im weichen Untergrund zu sehen sein, zumindest an bestimmten Stellen und auch sehr nahe bei den Tümpeln.
Suko ging systematisch vor und hatte einen zunächst ziemlich großen Kreis geschlagen. Er zog ihn dann kleiner, den Blick zu Boden gerichtet, aber seine Sinne waren auf Alarm gestellt, weil er sich nach wie vor einer Gefahr bewußt war, auch wenn er sie nicht sofort erkennen konnte.
Daß er nicht allein war, hörte er auch anhand der Geräusche. Nur waren es keine menschlichen Stimmen. Da kreischten manche Vögel wie Affen sonst im Dschungel, und in dieses Schreien hinein mischte sich das Summen der zahlreichen Insekten, die Suko umtanzten und in seinem Blut eine willkommene Beute sahen.
Er fand den ersten Abdruck!
Ein kleiner Fuß hatte sich in das weiche Moos gedrückt und eine der weißen Blüten zertrampelt.
Hier also war der Junge hergegangen.
Suko gestattete sich ein Lächeln. Er ging davon aus, daß er sehr bald einen zweiten und auch einen dritten Abdruck finden würde, was dann auch so war.
Er blieb stehen.
Die Spur war gefunden.
Suko schaute nach vorn.
Zwei querliegende Baumstämme bildeten ein über Kreuz geschaffenes Hindernis. Wie Arme ragten die Äste und das Zweigwerk dem Inspektor entgegen.
Durch sie wollte er sich nicht gerade seine Bahn brechen. Er suchte nach einem anderen Weg, überkletterte dann den Baumstamm – und sackte mit dem rechten Fuß weg, weil der Boden hinter dem Stamm tiefer lag als vor ihm.
Dichte Bodengewächse hatten so etwas wie ein Dach gebildet und die kleine Mulde verdeckt.
Suko schaute nach vorn.
Er sah einen Tümpel. Dessen Oberfläche zeigte einen dunkelgrünen Schimmer, wobei dieser von den bunten Blüten der träge schwimmenden Wasserblumen unterbrochen wurde.
Er sah sogar die Spuren des Jungen, die rechts an diesem Tümpel vorbeiführten.
Die feuchte Hitze drückte nieder. Er schaute hoch. Hinter dem grünen Dach aus Laub gleißte der Himmel. Die Sonne brannte auch weiter auf ihn nieder.
Etwas griff nach seinem rechten Fuß!
Zuerst nahm es Suko kaum zur Kenntnis. Es konnte ein kratziges Stück Unterholz sein, mußte es aber nicht. Er zerrte seinen Fuß in die Höhe, es blieb beim Versuch, und der verdammte Griff um seinen Knöchel verstärkte sich.
Suko hatte das Gefühl, als wären zahlreiche kleine Finger dabei, sich in seine Haut zu bohren. Er riß sein Bein noch einmal hoch, schleuderte es vor und sah die kleine Gestalt, die seinen Knöchel umklammert hielt.
Es war eine Alraune!
Ein böses Erdmännchen mit einem fratzenhaft verzogenen Gesicht und kleinen dunklen Augen. Eigentlich ein Wesen, über das man lachen konnte, aber Suko lachte nicht, als er gegen das Maul schaute und darin die Zähne schimmern sah.
Es wollte zubeißen.
Mit der linken Hand packte der Inspektor zu. Bevor die kleinen Zähne Haut von seinem Knöchel reißen konnte, hatte er die Alraune weggerissen. Sein Socken war dabei in Fetzen gegangen, dunkelrote Streifen schimmerten auf der hellen Haut des Knöchels, aber er hielt diesen verfluchten Parasiten fest und starrte ihn an.
Die Alraune bewegte ihr Maul.
Suko drückte zu. Es sah so aus, als wollte er eine Kartoffel zerquetschen, denn damit wies das Erdmännchen eine gewisse Ähnlichkeit auf. Täuschte er sich, oder gab es tatsächlich einen zischenden
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