Alraunes Todeskuß
und Suko drehte sich wieder um, als Tommy ihm den Bitter Lemon hinstellte.
»Auf Ihr Wohl, Sir!«
»Lassen Sie das Sir mal weg.«
»Ja, Sir.«
Suko lachte, aber er schaute in ein sehr ernstes Gesicht und hob fragend die Brauen. »Ist was?«
»Haben Sie einen Moment Zeit für mich, Sir… ahm…?«
»Klar, ich sitze hier.«
»Danke.« Tommy Brown nickte. »Eine Frage hätte ich da. Sind Sie auch von der Polizei?«
»Wieso? Sieht man das?«
»Nein, aber Ihr Freund…«
»Ja, ich bin es.«
Tommy schien nach dieser Antwort erleichtert zu sein. Jedenfalls sah er so aus. »Das ist gut, das ist sehr gut. Ich habe da nämlich ein Problem, über das ich bisher mit niemandem gesprochen habe, aus Angst, ausgelacht zu werden.«
»Dann tun Sie es mit mir.«
»Gern.« Tommy beugte sich vor. Er rollte seine großen Augen, um zu sehen, ob auch niemand zuhörte, aber die übrigen Gäste an der Bar waren mit sich oder anderen beschäftigt, und die beiden Hocker neben Suko waren aus unerfindlichen Gründen leer geblieben.
»Es geht darum, daß ich etwas gesehen habe.«
»Das haben viele.«
»Ja, ja, kann schon sein, Señor. Aber ich habe etwas ganz Unglaubliches gesehen.«
»So? Was denn?«
Tommy tippte mit einer Fingerspitze gegen die Kuppe des rechten Zeigefingers und berührte dann seine Armbeuge. »So groß ungefähr war die nackte Frau, die ich sah.«
Suko schwieg, was Tommy irritierte. »Warum sagen Sie nichts? Warum lachen Sie nicht?«
»Sollte ich das denn?«
»Dann glauben Sie mir?«
»Möglich.«
»Aber es gibt keine so kleinen Frauen.«
»Wenn Sie die doch gesehen haben.«
»Ja, das habe ich und…«
»Tommy!« Pepe hatte gerufen, denn an mehreren Tischen mußten Bestellungen entgegengenommen werden.
»Ich komme gleich wieder, Sir.«
Tommy beeilte sich wirklich, und Suko hatte kaum Zeit, sich über dessen Worte Gedanken zu machen. Natürlich hatte er sofort an die Alraune gedacht, eine kleine Frau, die durchaus im Körper eines Menschen parasitär hätte existieren können. Bei dieser Schlußfolgerung brach dem Inspektor schon der Schweiß aus, und er war gespannt, was ihm Tommy noch zu berichten hatte.
Der war wieder da. »So, ganz kurz nur. Sie… sie…«, er holte hastig Luft und zeigte dabei auf seine Kehle, »sie hat mich beißen wollen.«
»Wirklich?«
»Wenn ich es Ihnen sage. Ich wurde wach und sah sie weghuschen.«
»Wach wurden Sie?«
Tommy bekreuzigte sich. »Beim Namen meiner Mutter. Ich weiß, was Sie jetzt denken, aber ich schwöre Ihnen, daß alles der Wahrheit entspricht. Ich habe mir das nicht eingebildet oder geträumt. Das auf keinen Fall.«
»Ich habe nichts gesagt.«
»Klar, aber so ausgesehen, als hätten Sie es.«
»Bleiben wir bei der Sache. Was ist dann passiert, als Sie erwacht sind?«
Tommy bewegte beide Hände. »Sie ist davongehuscht – einfach so. Geflohen. Ich konnte nichts tun.«
»Wohin floh sie?«
»Das habe ich nicht sehen können. Aber sie existiert, ehrlich. Sie gibt es wirklich.« Er schauderte im nachhinein. »Ich sage Ihnen, das war ein Ding. Obwohl sie so klein war, habe ich mich wahnsinnig vor ihr gefürchtet. So etwas gibt es nicht. Das… das…« Er winkte ab. »Ich wollte es Ihnen nur gesagt haben.«
»Danke.«
»Und Sie halten mich nicht für verrückt?«
»Warum sollte ich denn?«
Tommy bekam einen starren Blick. Dabei sahen seine Augen aus wie weiße Laternen. »Ja, warum sollten Sie auch?« Er lachte. »Warum sollten Sie mich auch für verrückt halten?« Für ihn wurde es Zeit, sich um andere Gäste zu kümmern, das tat er auch. Zwar ging ihm noch eine junge, schlanke Frau zur Hand, aber der Laden war so voll, daß auch zwei Bedienungen beschäftigt werden konnten.
Zurück an der Außenseite der Bar hatte er einen sehr nachdenklichen Suko gelassen. Es gibt also einen Zeugen, dachte der Inspektor. Ein Mann hat das Wesen gesehen. Er hat Mühe gehabt, sich damit zurechtzufinden. Die Alraune ist also schon hier, und John ist…
»Suko«, hörte er die Stimme seines Freundes.
Er drehte sich um und sah mich.
Ich stand noch immer unter einem ziemlichen Druck, das sah Suko mir auch an, und er entdeckte die beiden Pflaster in meinem Gesicht sofort.
»Was ist denn mit dir passiert? Hast du Maria irgendwie angegriffen? Ist sie sauer gewesen?«
»Nein, das war sie nicht.«
»Wer dann?«
Suko entnahm meinem Gesichtsausdruck, daß da nicht alles im Lot war.
»Sag nur nicht, daß du auch…?«
»Es war die Alraune.« Ich setzte mich
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