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Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Titel: Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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sagte Jacqueline, die neben ihrem Koffer stand und die Hände rang.
    »Sei nicht albern. Du kannst in meinem Arbeitszimmer telefonieren. Da bist du ungestört. Am Ende des Korridors die Tür mit der orangefarbenen Tapete.«
    »Danke, es dauert nur eine Minute.«
    Als Jacqueline auf das Arbeitszimmer zuging und währenddessen das Adressbuch in ihrer Handtasche suchte, schlurfte Nane in die Küche, wo Arminda sich über die Töpfe beugte.
    »Was ist los?«, fragte Arminda, die die Küchendüfte einsog, als sie die geschnittenen Zwiebeln in den Kochtopf warf.
    »Ich frage sie: ›Brauchst du etwas, möchtest du ein Glas Wasser, oder kann ich irgendetwas für dich tun?‹, und sie sagt: ›Ich muss in Benin anrufen.‹«
    Nane freute sich, dass Arminda das ebenfalls originell fand. Dann schaute sie sich die zahlreichen Schlüssel an, die neben dem Kühlschrank an dem Schlüsselbrett aus Treibholz hingen.
    »Du wirst sehen, mit ihrer Unnahbarkeit«, sagte sie im Brustton der Überzeugung, »wird sie noch weitere Überraschungen für uns bereithalten. Aber ich hab nichts gesagt.«
    Sie nahm einen großen, verrosteten Schlüssel vom Schlüsselbrett, an dem ein abgegriffenes Stofftier hing. Es war ein Hund in Matrosenkleidung und Stiefeln, mit einem kurzen Mantel und einem wasserdichten gelben Hut.
    »Ich schließe das Gartenhaus auf. Sag ihr, sie soll zu mir in den Garten kommen, wenn sie ihr Telefonat ans Ende der Welt beendet hat.«
    Das Gartenhaus, in dem Jacqueline wohnen durfte, stand genau neben unserem Baum. Jetzt konnten wir unsere Neugier nach Herzenslust stillen. Wir freuten uns, sie als Nachbarin zu haben, vor allem die alten Schmetterlinge, die den Winter überlebt hatten. Nane öffnete gerade das kleine blaue Holztor zum Laubengang, als Jacqueline zu ihr stieß. Ein Kleiner Kohlweißling folgte ihr.
    Zuerst sah Jacqueline nichts als Dunkelheit und spürte die feuchte Kühle auf ihrer Haut. Allmählich jedoch erkannte sie die Konturen der Gegenstände, die die Mittagssonne, die zwischen den Ritzen der Fensterläden ins Haus drang, auf die Terrakottafliesen warf. Nane riss sie weit auf, um Licht hineinzulassen. Jacqueline und ich,wir sahen die alten weißen Laken mit den Flecken, die über einigen Möbelstücken lagen. An der Wand gegenüber der Tür stand ein altes Bett und daneben ein Kinderplanschbecken, aus dem die Luft herausgelassen worden war. Sie spähte durch die geöffnete Tür des kleinen Badezimmers auf die Duschwanne, die mit toten Insekten übersät war. Die schwarz-rote Ansammlung der Feuerwanzen rund um das alte Fenster, die sich zusammendrängten, als wäre es kalt. Weberknechte, die ihre unzähligen Jungen in den Ecken der weißen, nackten Wände beschützten.
    »Wenn wir erst einmal durchgefegt haben, fühlst du dich hier bestimmt pudelwohl«, sagte Nane und sank auf den einzigen Stuhl in dem Raum. »Du wirst sehen.«
    Das Gebäude war so klein, dass Nane Jacqueline das ganze Haus zeigen konnte, ohne aufstehen zu müssen, doch das hinderte sie nicht daran, munter draufloszuplaudern. Sie schwelgte in Erinnerungen und sprach über Gäste, die vor ihrer Cousine hier gewohnt hatten. Lauter außergewöhnliche Menschen, dachte Jacqueline und fragte sich, wo sie jetzt waren. Kurz entschlossen nahm sie den Besen und fegte den Raum. Sie entfernte die Spinnweben, schüttelte das Bett auf und hob die alten Laken hoch.
    »Du hast also Bekannte in Benin? Interessant ...«, sagte Nane schließlich.
    »Ich musste nur etwas Dringendes erledigen«, stammelte Jacqueline. »Nun ja ... dringend ... So wichtig war es auch wieder nicht.«
    Nane wartete auf weitere Erklärungen, doch vergebens.
    »Sag mal«, sagte Nane einen Augenblick später, »gesprächig bist du nicht gerade. Früher hast du viel mehr geredet. Ja, du hast immer viel erzählt.«
    »Ach, weißt du, jetzt ... Ich bin nicht so wie deine Freundinnen. Ich habe kein sonderlich aufregendes Leben geführt ...«
    »Vielleicht war es nicht besonders aufregend, aber nicht jede Ehefrau entschließt sich plötzlich, heimlich auf eine Insel zu verschwinden. Dir muss ganz schön der Schuh gedrückt haben, wenn du nach so vielen Jahren alles aufgibst ...«
    Da Jacqueline noch immer schwieg, fuhr Nane fort. »Ich möchte mich nicht in Dinge einmischen, die mich nichts angehen. Nun ja, es ist nicht so, als wäre das nicht meine Art, aber wir haben ja Zeit.«
    Obwohl Nane sich redlich um ein Gespräch bemühte, breitete sich Stille aus. Einige Fliegen kreisten unter

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