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Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Titel: Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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Kilogramm Edelholz oder das schlechte Wetter, das sich an dem ersten Morgen im Kanu leider ankündigte. Marcel ließ sich durch nichts beirren und setzte gegen sieben Uhr vertrauensvoll einen Fuß in das Boot, das auf der Loire schwamm. Der Fluss war noch in Nebel gehüllt.Unglücklicherweise erinnerte er sich zu spät daran, dass ein solches Boot furchtbar wackelig war. Schnell fand er sich in dem kalten Wasser wieder und ruderte hilflos mit den Armen.
    Es gelang Marcel, wieder ins Kanu zu steigen, und endlich glitt er im Nebel über die Loire. Er störte einen Fischreiher auf, der mit kräftigen Flügelschlägen davonflog. Trotz der brennenden Schultern, der nassen Kleidung und der Kälte, die ihn durchdrang, war Marcel nun ruhiger und gelassener. Es erfüllte ihn mit einer neuen Art Zufriedenheit, den Fluss mit der Strömung hinunterzufahren. Aber in seinem tiefsten Innern entdeckte er in den empfindsamen Winkeln seiner Gedanken eine neue Angst. Marcel versuchte, sie mit den Paddelschlägen zu vertreiben, doch vergebens. Die letzten Häuser von Retournac verschwanden aus seinem Blickfeld. Er war ganz allein, als ob er sich im Innern dieses grauen Flusses befände, wo das Treiben auf der Erde hinter dem hohen Gestrüpp der Uferböschung vor ihm verborgen war.
    Die Geräusche hier auf dem Fluss unterschieden sich von denen der Straße. Wo war Kaikias, der wieder begonnen hatte, böse Streiche zu spielen? Er ärgerte die Pappeln, die jeden ins Wasser klatschenden Paddelschlag mit einem unheimlichen Flüstern begleiteten, das nichts Gutes verhieß. Marcel umklammerte mit seinen alten Händen die Paddel, und je weiter er fuhr, desto unruhiger wurde er. Nachdem er eine Schleuse passiert hatte, bestand für ihn kein Zweifel mehr: Er wurde verfolgt. Marcel schaute sich um und betrachtete das Wasser flussaufwärts und -abwärts, das schlechte Wetter über ihm und die Dunkelheit unter ihm. Auf diesem Fluss war kein Mensch. Er musste noch mehrere Kilometer paddeln, bis er im Licht der Abenddämmerung den Schatten seines Verfolgers erblickte: Es war der große Fischreiher.
    Auf einer kleinen Sandbank machte Marcel Rast. Hastig räumte er seine Sachen aus dem Kanu und suchte Äste, um ein Feuer zu machen. Mittlerweile schlotterte er vor Kälte und streifte einen feuchten Fleecepullover über. Als das Feuer knisterte, setzte er sich auf die Isomatte. In den lodernden Flammen verschwamm das gegenüberliegende Ufer vor seinen Augen. Und in dem Rauch, der zum Himmel aufstieg, sah er, dass der Vogel ihn noch immer beobachtete. Die dunklen Pupillen, die in dem schwarzen Gefiederstreifen auf dem weißen Kopf kaum zu erkennen waren, schienen der gesamten Natur ringsherum Schweigen zu gebieten.
    Marcel öffnete eine Dose Thunfisch in Öl und versuchte, sich während des Essens aufzuwärmen. Zitternd vor Müdigkeit legte er sich schließlich hin. Doch er hatte das Gefühl, noch immer über den Fluss zu gleiten. Und trotz der bleiernen Müdigkeit kehrte sein Blick immer wieder zu dem Fischreiher zurück. Er war nicht geflohen, der große Vogel, obwohl die Nacht hereingebrochen war. Der beherzte alte Mann hatte dreißig Kilometer hinter sich gebracht und dabei unaufhörlich versucht, der Angst davonzupaddeln. Doch sie ließ sich nicht besiegen und spiegelte sich jetzt in den Augen des Fischreihers. Und plötzlich sah Marcel, der zitternd auf der einsamen Sandbank lag, mit Entsetzen eine ganze Armee aufmarschieren.
    Alle Männer, die er je gewesen war, schienen einernach dem anderen die Loire mit ihm hinunterzufahren. Alle Männer, die er gewesen war, zusammen mit denen, die er sein wollte, und all den anderen, die er glaubte, gewesen zu sein.
    Weinend hinter einem Busch mit dem Helm in der Hand, der Soldat im Algerienkrieg, der davon träumte zu desertieren. Dort am Ausgang des Dorfes der stets zu Scherzen aufgelegte gute Kamerad, der eine Wurst gestohlen hatte. Wie wilde Schwäne, die über das Wasser laufen, ehe sie zum Flug abheben, sprang der kleine Junge vor ihm her, der von seinem Vater gut gemeinte Schläge verabreicht bekam. Der ungeliebte Freier, der verärgerte Ehemann, der hastige Liebhaber einer Zufallsbekanntschaft, der gute Sohn, der schlechte Sohn, der Vater, der er nie geworden war, derjenige, der sich bei anderen anbiederte, der Lügner, der Betrüger, der Held für einen Tag, der Sieger, der Verlierer – mit all diesen Männern fuhr er die Loire hinunter und sprach viele Stunden mit ihnen.
    Waren sie gute und würdige

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