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Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Titel: Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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rübergekommen. Sie müssen schon entschuldigen, ich bin ganz schmuddelig.«
    »Das ist aber nicht die Zeitung von heute, nicht wahr? Von wann ist sie denn?«
    Sie war drei Wochen alt.
    »Das muss ich Ihnen erklären. Es war nämlich so. Mein Bruder aus Tours kam letzte Woche zu Besuch. Stellen Sie sich vor, er hat mir Kopfsalat in einer kleinen Lattenkiste mitgebracht und die Lattenkiste mit Zeitungspapier ausgelegt. Heute Morgen nehme ich den letzten Salatkopf aus der Kiste, und was sehe ich unter dem Salat? Marcel Le Gall aus Erquy. Zufälle gibt es! Beinahe hätten wir es gar nicht erfahren. Denn Sie wussten doch auch nicht, was er macht, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Jetzt wissen Sie es. Sagen Sie, stimmt es, dass sie sich nach fünfzig Ehejahren von ihrem Mann getrennt hat? Na ja, nach so langer Zeit fragt man sich schon, ob das noch die Mühe wert ist, oder? Fünfzig Jahre ... Nun ist espassiert. Aber wo wird sie wohnen? Ich meine, bleibt sie lange bei Ihnen in dem Gartenhaus?«
    »Oh, das weiß ich nicht«, sagte Arminda. »Ich glaube, sie möchte noch bleiben, aber die Enkel von Madame Verbowitz kommen am 15. für zwei Wochen, also ... Und außerdem ist Madame Le Gall noch immer ziemlich durcheinander.«
    »Das glaube ich gern. Ich will mir auch gar kein Urteil über sie erlauben. Wer von uns hat nicht irgendwann einmal daran gedacht, die Koffer zu packen. Was soll man machen?«
    »Sagen Sie«, unterbrach Arminda sie. »Da wir gerade darüber sprechen ... Kennen Sie vielleicht jemanden, der für die zweite Augusthälfte noch etwas frei hat?«
    »Sie machen wohl Scherze. Es ist seit über einem Jahr alles ausgebucht. Ah, warten Sie, das Haus von Perchet! Aber das wird nur für ein ganzes Jahr vermietet. Würde Ihnen das vielleicht helfen?«
    »Es wäre für Madame Le Gall. Ich kann es ihr ja mal vorschlagen.«
    »Ja, das könnten Sie tun. Madame Pougnet hat es mir erzählt. Das ist eine ziemlich komplizierte Geschichte mit dem Haus, denn Madame Perchet ist gestorben, und nun will der Sohn verkaufen, die Tochter aber nicht. Und schon gibt es Streit. Jedenfalls bieten sie es jetzt für ein Jahr zur Miete an. Die Agentur Bonnamy hat die Sache übernommen. Es ist ein hübsches Haus in einer Sackgasse in der Nähe der Kirche. Sie kennen doch die Kirche an der Straße nach Saint-Sauveur?«
    »Ja, ja. Gut, wir werden sehen. Danke für den Tipp.Kann ich die Zeitung behalten? Ich möchte Nane den Artikel zeigen. Sie brauchen sie doch nicht mehr, oder?«
    »Nein, natürlich nicht! So, jetzt will ich Sie aber nicht länger aufhalten. Ich muss mich ums Essen kümmern. Ich habe heute Mittag wieder Gäste und morgen auch. Es nimmt kein Ende. Kommen Sie doch in den nächsten Tagen auch mal auf ein Gläschen vorbei.«
    »Gerne, Madame Tricot. Ich sage es Nane.«
    »Ja, wir sind immer zu Hause. Pah! Also, bis später dann«, sagte Madame Tricot und ging davon.
    »Tschüss und vielen Dank.«
    Arminda lief sofort in die Küche. Nane war gerade dabei, einen Pflaumenkuchen zu backen, und hatte sich über den Tisch gebeugt.
    »Ist sie weg?«, fragte Nane.
    Als Arminda die Frage bejahte, richtete sie sich auf.
    »Ich hab die Hände voller Kuchenteig. Wenn ich zur Tür gekommen wäre, hätte die eine geschlagene Stunde dagestanden. Und wie kam Le Gall zu der Ehre, in der Zeitung zu stehen? Zeig mal.«
    Arminda reichte ihr die zerknitterte Zeitung. Nane setzte die Brille auf, die an einem Band um ihren Hals hing, und las den Artikel über Marcel. Dort stand, dass er die Loire mit einem Schwimmkörper hinunterschwamm. Er rechne damit, Ende Juli die Atlantikküste zu erreichen, und dann wolle er zur Ile d’Yeu schwimmen. Nane brach in lautes Lachen aus. »Ich fass es nicht!«
    Doch dann fiel ihr Blick auf die Worte neben demArtikel über Marcel. Plötzlich schien ihr Gesicht noch stärker in zwei Hälften zu zerfallen als sonst. Nane nahm die Zeitung, vergaß, dass an ihren Fingern Kuchenteig klebte, faltete die Seite zusammen und steckte sie in die Tasche.
    »Kein Wort zu Jacqueline«, sagte sie, ohne es zu erklären.
    Arminda wollte widersprechen, doch Nane warf ihr einen strengen Blick zu, der keinen Widerspruch duldete. Dann lief sie schnell aus der Küche. Arminda fragte sich, was denn in sie gefahren war, dass sie den halb fertigen Kuchenteig stehen ließ und einfach wegging.

38
    Die Menschen, die sich über Marcels Grab in der Loire beugten, taten dies keineswegs in böser Absicht. Sie zogen ihn heraus und retteten ihm das

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