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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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„so frei waren die ja nu’ auch wieder nicht. Und dann so’n Schwur für uns fünf Männeken hier …“
    „Tja, deutsches Schicksal, deutsches Wesen“, sagte Richard. „Wir sind eben nicht so glücklich wie die Schweizer“, setzte er hinzu.
    „Wieso Schweizer“, fragte Eddy verwundert.
    „Mensch, ‚Wilhelm Tell’ von Schiller, du Banause“, erklärte der Wirt lachend.
    „Lieber nich’ an alles denken“, sagte der Baggerfahrer und an den Wirt gewandt: „Besser gleich noch mal so’n Schnaps da, so’n französischen. Natürlich ‘ne Lage“, fügte er hinzu.
    Und als danach dann selbst Eddy eine Lage sündhaft teuren Cognacs schmiß, fand Sebastian das schon erstaunlich, da der sich sonst höchstens zu Molle mit Korn durchrang. Er schüttelte daher den Kopf und schob sein Glas zur Seite, als der Wirt nachfüllen wollte.
    „Nö, nö, nö! Mit gefangen, mit gehangen“, sagte Eddy und wies nachdrücklich auf Sebastians Glas.
    Der Wirt stand unschlüssig da, die Cognacflasche in der Hand.
    „Willste mir beleidigen?“ giftete Eddy über den Tisch hinweg Sebastian an.
    „Natürlich nicht“, beeilte der sich zu erklären. „Ich kann mich bei solchem Luxus bloß nicht revanchieren.“
    „Mußte auch nich’“, erklärte Eddy. „Und was is’n überhaupt Luxus? Wir könn’ ja froh sein, wenn wir für so’n Geld hier noch Luxus kriegen“, dazu warf er eine Handvoll Aluminiummünzen auf den Tisch, daß es schepperte und einige Geldstücke über den Fußboden kollerten. Als der Wirt sich danach bücken wollte, winkte Eddy ab. „Laß liegen, tritt sich fest.“ Und als auch Sebastian sich anschickte den Fußboden abzusuchen, wies Eddy auf dessen Glas. „Nischt da! Du stößt mit uns an, Prost!“
    Und so ging das noch weiter, auch der Baggerfahrer ließ sich nicht lumpen und der Markscheider hielt mit. Bald wurde eine neue Cognacflasche entkorkt, die Richard aus einem Geheimfach unter der Theke hervorkramte.
    Der ganze angestaute Frust, nicht zuletzt des niedergeschlagenen Aufstands wegen, verschaffte sich bei dem verlorenen Grüppchen dort um den Tisch allmählich Luft. Dabei kam es denen auch auf’s Geld nicht an, das der teure Cognac kostete, den Richard gewissermaßen unterm Thekentisch verkaufte.
    „Die Scheißrussen“, schimpfte Eddy, „was haben die hier noch zu suchen mit ihren Scheißpanzern gegen unbewaffnete Arbeiter.“
    „Na, die plündern uns radikal aus“, entgegnete der Markscheider. „Erst haben sie alle Radios beschlagnahmt, dann geklaute Möbel auf offenen Lastwagen durch strömenden Regen gefahren, schließlich die modernste Brikettfabrik demontiert und die großen Förderbrücken mit Schneidbrennern zerteilt, um sie nach Rußland zu schleppen. Das haben die doch nie wieder zusammengekriegt, nur noch Schrott, das ist klar.“
    Sebastian hielt sich zurück, hatte sich an einem oder anderem Cognac auch schon mal vorbeidrücken können, weil sein Glas sich noch als randvoll erwies und Richard, der als einziger vollständig nüchtern blieb, dabei mitspielte und einwandte, daß der verlorene Krieg ja gerade mal acht Jahre vorbei sei und Reparationen auf alliierter Vereinbarung beruhten.
    Solche Einwände wurden jedoch nicht zur Kenntnis genommen.
    „Wir wollen hier keinen Sowjetkommunismus“, konterte der Markscheider. „Sollen die sich doch abschrauben, was sie wollen und damit nach Rußland verschwinden. Wir brauchen diese Kulturbringer hier nicht.“
    „Ohne die Russen kein Spitzbart mehr“, warf der Baggerfahrer ein.
    „Und keine Bonzenbande, die sich auf unsere Kosten mästet“, ergänzte Eddy. „Alle in Säcke stecken und im tiefsten Grubenteich versenken“, fügte der Baggerfahrer hinzu.
    Das ging dann noch eine ganze Weile so weiter, auf eigene Art hilflos und mit ähnlich frommen Wünschen. Auch die Amis wurden zum Schluß nicht verschont, die zu feige gewesen seien einzugreifen.
    „Die haben vor den russischen Panzern den Schwanz eingezogen“, sagte Eddy.
    „Das hätte Krieg gegeben“, gab Richard zu bedenken.
    „Na und?“ wandte Eddy sich dem Wirt zu, „wie willste die denn sonst loswerden?“
    „Genau!“ sprang ihm der Baggerfahrer bei, „das sind Zecken, die haben sich hier festgebissen. Freiwillig gehen die nie.“
    „Na schön, die Russen“, mischte Richard sich wieder ein, „aber hier in Räschen waren gar keine. Schließlich ist hier niemand marschiert und keiner hat gestreikt.“
    „Nicht gerade ein Ruhmesblatt“, gab der

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