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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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Berlin und dann noch der Bauer direkt neben ihm, der auch in Lübbenau zugestiegen war in seinem dunklen Sonntagsanzug, auch der starrte hinaus in die vorbei fliegende Landschaft. Seine schwieligen Hände fuhren ab und an über den Stoff seiner Hose an den Knien.
    Es wurde Herbst, das Laub vieler Bäume zeigte schon gelbe oder rötliche Färbungen. Die Luft wußte nicht, ob sie noch warm bleiben oder schon kalt werden sollte und löste diese Unentschlossenheit in Nieselregen auf. Ganz feine Wasserperlen trieb der Fahrtwind über die Fensterscheibe. Dämmerlicht füllte zunehmend das Abteil und der Mann dort legte seine Zeitung zusammen, drehte sich zur Seite und steckte sie in die Tasche seines Mantels hinter sich. Dann starrte auch er hinaus in das Regenwetter.
    Sebastian schüttelte unmerklich den Kopf, ihm war als erwachte er gerade aus einer grauen und tristen Unwirklichkeit. Unsinn, sagte er sich, wenn ich abhaue ist natürlich erstmal alles fremd. Was ist das schon für eine Heimat hier? Dauernd verschwinden Menschen, sie verschwinden heimlich entweder in den Westen, das hört man dann, der ist abgehauen und der, auch gleich eine ganze Familie, Ärzte, Rechtsanwälte, auch selbständige Handwerker, Ingenieure Groß- und Mittelbauern …; oder aber auch, der ist abgeholt worden, geflüstert hinter vorgehaltener Hand, der auch und der … Man redet kaum darüber und bevor es einer einem anderen erzählt, sieht er sich dreimal um, weiß er doch, auch ihn kann es erwischen, denn was er denkt ist immer schon verboten und der Willkür damit Tür und Tor geöffnet. Auch das ist eine fremde Welt.
    Hoffmann war etwas überrascht, als er Sebastian am Telefon hatte und hörte, daß die beiden Freunde ihn dringend zu sprechen wünschten. Da er längere Telefonate prinzipiell mied, schlug er ein Treffen in einem Kudamm-Lokal vor. „In einer halben Stunde in Drei Bären“, wiederholte Sebastian an den Freund gewandt.
    „Na prima, das ist ja gleich um die Ecke“, freute Hans-Peter sich. Beide verließen die Telefonzelle im Bahnhof Zoo, mußten sie doch nicht lange durch den anhaltenden Nieselregen laufen. Ein Stück den Kudamm hinauf bis vor die Ruine der Gedächtniskirche.
    So liefen sie denn, Sebastian und Hans-Peter mit seinem Köfferchen, nahe an den Hauswänden unter Dachgesimsen entlang und erreichten lediglich etwas feucht das verabredete Lokal. Den Ober, der ihnen den bestellten Kaffee servierte, erkannten sie wieder. Durchs Fenster sahen sie die unkrautüberwucherte Fläche, aus der sich die sperrige Ruine der Gedächtniskirche erhob. Ringsum ragten noch andere Hausgerippe in den Himmel, aber vielleicht nicht ganz so anklagend wie die zerschmetterten Türme dort draußen.
    Dann sahen sie Hoffmann aus einem haltenden Taxi steigen und auf den Eingang des Restaurants zusteuern.
    „Na, mal sehen, was der sagt.“
    „Was soll der schon sagen“, antwortete Hans-Peter.
    Hoffmann betrat in seinem hellen Gabardinemantel die Gaststube. „Was ist denn los, Herrschaften“, sagte er, zog sich den Mantel aus und hängte ihn neben die Mäntel der Freunde. „Wir waren doch erst für nächste Woche verabredet.“ Dann setzte er sich an den Tisch und winkte den Ober heran. „Drei Cognac“, sagte er, „ist doch recht?“
    Beide nickten.
    „Also wo brennt’s denn nun?“ fragte er, als der Ober sich entfernt hatte.
    „Wir sind uns nicht sicher“, antwortete Sebastian. „Seine Schwester“, dazu wies er mit dem Kopf auf Hans-Peter, „also die damals im Kaffeestübchen…“
    „Ich weiß schon“, unterbrach Hoffmann, zündete sich mit seinem kleinen silbernen Feuerzeug eine Filterzigarette an und warf das Päckchen auf den Tisch. „Bitte schön“, sagte er, „Genuß ohne Reue“, dazu lachte er. „Bedienen Sie sich.“ Beide taten wie angeboten und Hoffmann gab ihnen Feuer. „Was also ist denn nun mit dieser Schwester?“
    „Tja, am besten du erzählst das mal“, wandte Sebastian sich an Hans-Peter.
    Der nickte. „Irene, also meine Schwester“, sagte er, „hat meiner Mutter von dieser Begegnung damals am Roseneck erzählt und die wieder hat es meinem Vater gesagt.“
    „Ja, und was ist nun dabei?“ Hoffmann nahm einen tiefen Zug, sah Hans-Peter an und ließ den Rauch langsam durch die Nase entweichen.
    „Na immerhin kam dabei der Nachrichtendienst zur Sprache und auch Sie als Person.“
    Hoffmann winkte ab. „Die Dame weiß doch überhaupt nichts.“
    „Die weiß jedenfalls, was Sie machen und daß auch

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