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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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andererseits hätten wir uns sonst nicht getroffen.“
    „Manche Zufälle sind vielleicht gar keine“, antwortete der.
    „Du mußt mir nicht sagen was ich zu tun habe, das weiß ich schon selber“, giftete Hans-Peter den Freund an.
    „Du willst also, daß wir wieder zurückfahren“, murrte er dann weiter.
    Sebastian nickte.
    „Na gut, bitte schön, auf deine Verantwortung.“
    „Wenn Sie so verunsichert sind, mache ich Ihnen einen Vorschlag“, mischte Hoffmann sich ein. „Wir trennen uns für ein halbes Jahr vollständig und bis dahin meine ich, hat sich alles beruhigt und geklärt und wir nehmen den Kontakt dann wieder auf.“
    „Also ich weiß nicht, ob das gut ist“, ließ Hans-Peter sich sogleich wieder hören.
    „Warum nicht?“ widersprach Sebastian. „Das ist doch ‘ne gute Lösung. In dem halben Jahr hat dein Alter die ganze Angelegenheit vergessen. Allerdings“, sagte er, „sollten wir dann nicht die ganze Zeit bloß zu Hause rumsitzen, um nach ‘nem halben Jahr wieder öfter zu verreisen. Das könnte Mißtrauen wecken.“
    „Na ja, ich bin noch immer überhaupt nicht dafür“, erklärte Hans-Peter, „aber bitte schön“, wandte er sich an Hoffmann, „dann eben wieder zurück …“
    „Einen können Sie doch sicher noch vertragen“, sagte Hoffmann, nahm die Flasche und goß jedem einen kräftigen Schluck ins Cognacglas.
    Sebastian lachte. „In volltrunkenem Zustand“, sagte er, „entscheiden wir aber nichts mehr.“
    „Um Gotteswillen“, erwiderte Hoffmann, „ich will Sie doch nicht betrunken machen.“
    Sebastian winkte ab. „War ja auch bloß’n Spaß. Wir vertragen schon drei Cognac.“
    Hoffmann hob sein Glas. „Also stoßen wir darauf an, daß wir uns im Frühjahr beruhigt wiedersehen.“
    Sebastian nickte, Hans-Peter zuckte die Schultern. „Na gut“, sagte er und griff ebenfalls nach dem Glas. Alle drei stießen sie an und leerten die Gläser dann auf einen Zug.
    „Ich melde mich im Frühjahr“, sagte Hoffmann, indem er sein Glas behutsam aufs Tischtuch stellte. „Sie bekommen dann eine Karte von Onkel Otto aus Ostberlin, Sie kennen das ja.“
    Bei der S-Bahnfahrt nach Königswusterhausen gab Hans-Peter sich auffällig wortkarg. Ganz richtig begriff Sebastian nicht, weshalb der Freund sich so verhielt. Wovor flüchtete der eigentlich? Weshalb wollte er unbedingt in Westberlin bleiben? Aber wenn wirklich eine Gefahr besteht, warum fährt er dann wieder mit zurück, überlegte er. Das Vergrätztsein des Freundes selbst ihm gegenüber blieb ihm unverständlich. Vielleicht, weil ich Hoffmanns Vorschlag gleich begrüßt habe, ging es ihm durch den Kopf.
    Ihm war durchaus nicht klar, ob sich da wirklich eine Gefahr zusammenbraute, auch weil er sich das Verhalten des Freundes damit nicht erklären konnte. Es vermittelte ihm eher den Eindruck einer bloßen Vorgabe von Gefahr. Andererseits, wären sie nicht vielleicht wirklich besser im Westen geblieben? Die Unsicherheit des Freundes irritierte ihn schon irgendwie.
    Als sie durch Ostberlin fuhren, erblickte er diese tristen Bahnhöfe und trostlosen S-Bahnsteige, alles grau und leicht verwahrlost wie immer. Dann sah er wieder Hans-Peter an, wie der abwesenden Blicks zum Fenster hinausstarrte. Wie oft sind wir diese Strecke nun schon gefahren, überlegte er, da wurde so manche eindrucksvolle Ruine dort draußen bereits zum Wegzeichen, anhand dessen man wußte, auf welchem Teil der Strecke man gerade fuhr.
    Einen D-Zug-Anschluß nach Lübbenau erreichten sie in Königswusterhausen dann relativ schnell. Sie besetzten ein leeres Abteil, aus dessen Fenster Sebastian in die eines gegenüberstehenden S-Bahnzuges blickte.
    Plötzlich erkannte er dort den angeblichen Kulturdirektor des Kreisforstamtes in Chransdorf. „Komm schnell“, rief er und winkte Hans-Peter. „Dort drüben in der S-Bahn sitzt Cylonka, der Spitzel als Kulturdirektor“, setzte er hinzu. „Is’ schon’n dolles Ding!“
    Der Aufforderung konnte sein vergrätzter Freund denn doch nicht widerstehen.
    „Der dort“, zeigte Sebastian mit dem Finger. „Der dritte Wagen von hinten … Also das erste, zweite, dritte, vierte Fenster“, zählte er, „da, der mit den ganz kurzen blonden Haaren, siehst du den?“
    „Ja, ja, natürlich“, bestätigte Hans-Peter. „Das also ist dieser Kerl, der hinter dir her war?“
    „Ja, klar!“
    „Komischer Zufall“, sagte Hans-Peter. „Wenn der dort wüßte, also weil er dich damals in Altdöbern nicht ermittelt hat,

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