Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
Vom Netzwerk:
Scheibe zog jetzt in Wellen das Regenwasser.
    „Bloß gut, daß wir hier im Trockenen sitzen“, ließ Hans-Peter sich vernehmen. Beide starrten in das Unwetter. Die Regenwand draußen und das Wasser auf der Abteilfensterscheibe verstellten ihnen fast völlig den Blick, aber den Zug hielt nichts auf…
    Die Unterhaltung der Freunde auf der Fahrt war einsilbig geblieben. Sie hatten beide ja schon viel Unsinn angestellt, überlegte Sebastian, das mit der Schaffnerin damals oder das Marschieren in der ersten Reihe am 17. Juni in Lübbenau … Unüberlegter Leichtsinn, noch schlimmer das mit dem Passierschein im Berliner Polizeipräsidium. Aber was sollte der Quatsch jetzt mit der Stasi? Weiß der Teufel, was mit dem los ist, sagte Sebastian sich und sah den Freund wieder blicklos aus dem Fenster starren. Sicher ganz gut, daß wir jetzt eine Pause einlegen. Der Wolkenbruch draußen endete ganz plötzlich, die schwarze Wand zog ab, aber der Himmel dahinter blieb grau. Es war schließlich Herbst, man sah es an den abgeernteten Feldern, die draußen vorüberzogen, den braunen Wiesen und dem bunten Laub, dem hellen Gold der Birken, dem leuchtenden Rot des Ahorns und den bereits fast kahlen Sträuchern an Knicks, Gräben sowie entlang der Bahnstrecke.

    59.

    Ein Treffen hatten die beiden Freunde nicht verabredet. Die Tage vergingen, das Wetter hatte sich gebessert, die Sonne schien wieder. Goldner Oktober sagten die Leute und freuten sich darüber. Ein besonders schöner Abglanz des Sommers in bunten Farben. Ein kurzer heller Aufschub vor der langen Dunkelheit, vor vielen Regentagen, vor Frost und Schnee.
    Hans-Peter fuhr lustlos in die Schule und Sebastian in den Wald. Holzeinschlag war wieder einmal angesagt. Am Morgen zeigte das Thermometer bereits recht niedrige Temperaturen, noch keinen Frost, aber es war schon empfindlich kühl.
    Um die Mittagszeit schwitzte Sebastian bereits wieder bei Holzeinschlags-arbeiten. Noch diesen Winter, einen Frühling noch, einen Sommer, einen Herbst, sagte er sich und ertrug so dieses eintönige Zerstörungswerk, das Schlagen der Äxte, das Ratschen der Sägen und das Brechen stürzender Bäume mit kurzen Pausen den ganzen Tag über.
    Er sah das leichte Zittern des durchsägten Stammes, das sachte Kippen und rasche Stürzen des Baumes und hörte das Rauschen und Knacken in den umstehenden Kronen und den dumpfen Aufschlag mit dem Schmettern brechender Äste. Und immer wieder tat es ihm leid. Sentimentalität? Nutzwald sagten alle anderen. Nur Wolfgang Nuglisch, sein einstiger Klassenkamerad und direkter Arbeitskollege grinste, wenn er Sebastian wieder einmal nachdenklich dem Sturz eines Baumes nachblicken sah. Den anderen sagte er aber nichts davon. Und der wollte Förster werden … Wollte er wirklich?
    Zwei Meterstapel Deputatholz standen auch jedem Lehrling zu und mußten aus dem Wald geholt werden, möglichst ehe der Winter hereinbrach. Die Kollegen Nuglisch und Sebaldt schmissen sich zusammen und mieteten einen Traktor mit Anhänger und Fahrer. Das Jagen, in dem das Holz lag und den Weg dorthin kannten sie. Mit den Fahrrädern hatten sie diesen Standort längst erkundet.

    Die Hinfahrt an einem Sonnabendvormittag bei trockenem mildem Herbstwetter auf schmalen Wegen über sandige Moränenhügel verlief glatt, auch weil sie dem Fahrer den Weg mitten hinein in den weiten Altdöberner Forst zeigen konnten, denn im verzweigten Holzwegenetz des Reviers fanden sie sich gut zurecht. Beide fuhren mit ihren Rädern immer ein Stück voraus.
    Der Trecker tuckerte hinterher. Ging es mal leicht bergauf, legte der an Tempo etwas zu, nahm gewissermaßen Anlauf und das Buff-Buff-Buff-Buff… hallte lauter durch den Wald, die Spannketten auf dem Hänger klirrten heftiger. Ein aufgeschrecktes Reh schoß in hohem Satz über den schmalen Sandweg, sofort verschluckt von einer zugewachsenen Kiefernschonung.
    Über eine Kette von drei Leuten ging das Aufladen der Holzstapel dann auch rasch vonstatten. Auf der Rückfahrt hinterließ der schwer beladene Hänger tiefe Spuren im Boden des Weges. Im feinen Moränensand schließlich, der Weg führte auch noch leicht bergan, sackten die linken Räder weg, der schwere Wagen neigte sich bedenklich zur Seite. Sebastian, der mit seinem Rad hinter dem Treckergespann herfuhr, bremste erschreckt. Beim Versuch wieder anzufahren, drehten die großen Räder des Traktors auf der Stelle und gruben sich nur immer tiefer in den weichen Sand, da half dann auch das Unterlegen von

Weitere Kostenlose Bücher