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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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bis Armageddon schon gestorben sind?“
    „Auch die, sie werden auferstehen.“
    Sebastian sah skeptisch drein. Ob alle von denen das wirklich so glauben, überlegte er. Diesen Zellengenossen wollte er das aber nicht fragen, denn der glaubte ganz eindeutig daran. Das machte dem auch Mut, stellte Sebastian bei sich fest. Und ich selbst? Ja, ich glaube an einen Gott, einen Allmächtigen, wenn auch nicht an den der Kirche oder irgendeiner Religion. Vielleicht eher eine Kraft… Aber ein Glaube kann helfen, wenn man wirklich glaubt, das hatte er ja als Kind selbst erfahren. Doch glauben, wirklich glauben, Kinder können das wahrscheinlich noch, aber später…? Die eigene Skepsis zu überwinden, das ist ungeheuer schwer, eigentlich unmöglich. Dieser Manfred hier, der kann das, macht jedenfalls den Eindruck. Dazu lief er wieder seine Achten durch die Zelle und sah sich diesen Zeugen Jehovas an, wie er dort in ruhiger Zufriedenheit gegen die Matratze zurückgelehnt auf der Pritsche saß.
    Das konnte eigentlich kein Spitzel sein, überlegte er. Bei den anderen, dem Drogisten und den beiden Volksarmisten war das nicht klar gewesen. Und außerdem, was wollten die denn noch von ihm, nachdem Sasse ihn und auch Totila verraten hatte, der davon noch gar nichts wußte. Über heikle Sachen sollte man hier keinesfalls reden, wer wußte denn schon, in welchen Zellen es Abhörwanzen gab.
    „Kennst du ‘Kalten Hund’“, fragte Sebastian den Zellengenossen ganz unvermittelt.
    Manfred schüttelte den Kopf.
    Sebastian blieb stehen und setzte sich auf den Pritschenrand dem jungen Bibelforscher gegenüber. „Das sind“, erklärte er, „Kekse, die man in ein Gefäß legt, eine Keramikschale oder Backform zum Beispiel, so nebeneinander und dann aufgelöste Schokolade darüber verteilt, die nennt sich wohl Kuvertüre oder Couvertüre oder so, jedenfalls wird sie wieder fest. Also auf die Schokolade wieder eine Schicht Kekse, dann wieder Schokolade und wieder Kekse … Das kann man drei-, viermal wiederholen. Alles zusammen fest werden lassen und dann in kleinere Stücke zerteilen. Das schmeckt vielleicht herrlich, kann ich dir sagen.“
    „Wie kommst du jetzt darauf?“
    „Kam mir gerade so in den Sinn. Gute Sachen zum Essen fallen mir hier immer öfter ein.“
    „Wann hast du denn so was gegessen?“
    „Nur zwei-, dreimal als ganz kleines Kind.“
    „Aber wie ist’s mit Marzipan“, revanchierte sich Manfred.
    „Nee, ich kenne nur Persipan“, sagte Sebastian.
    „Das künstliche Zeug meine ich nicht, das schmeckt auch nicht nach Marzipan.“
    „Weiß ich wie Marzipan schmeckt? Ja natürlich in Westberlin“, sagte er nach kurzer Pause, „ich hab’ dort einfach nicht daran gedacht Marzipan zu probieren, das war damals nicht wichtig.“
    „Du kennst aber Bittermandelaroma in so ganz kleinen Glasfläschchen?“
    Sebastian nickte.
    „Aus Pellkartoffeln und Puderzucker hat meine Oma im Krieg immer so einen Teig geknetet und dazu dann Bittermandelaroma … schmeckt wie Marzipan.“
    „Hat meine Oma auch gemacht, so runde Bällchen wie echte Marzipankartoffeln. Noch besser waren die, wenn sie ein, zwei Tage gelegen hatten und von außen fester geworden waren.“
    Einmal in Fahrt gekommen schwelgten beide schließlich in Nahrungserinnerungen, etwa an kross gebackene Bratkartoffeln – „rohe Kartoffeln, dünn geschnitten mit viel Zwiebeln“, schwärmte der Bibelforscher, „und zwei, drei Spiegeleier“, ergänzte Sebastian.
    „Oder Klöße aus rohen Kartoffeln …“ warf Manfred ein.
    „Klar, grüne Klöße und dazu Rotkraut mit Nelken und ‘ne fette Bratensoße“, setzte Sebastian sehnsüchtig hinzu.
    Manfred nickte nachdrücklich. „Aber auch ‘ne schöne Scheibe Sauerbraten paßt dazu. Dieses mürbe, trockene und ganz magere Fleisch zu so’ner fetten Sahnesoße …“
    „Dazu passen aber auch mehlig gedämpfte Salzkartoffeln, die auf dem Teller zerfallen“, sagte Sebastian und schluckte.
    „Ja, natürlich, wenn die zerfallenden Kartoffeln noch dampfen“, malte Manfred sich diesen Gourmetteller aus. „Und dazu ein Glas kühles Bier …“
    „Trinken Zeugen Jehovas denn überhaupt Alkohol?“, fragte Sebastian grinsend.
    Der junge Bibelforscher grinste zurück. „Warum denn nicht? Und außerdem Bier, das ist doch eher ein nahrhaftes Erfrischungsgetränk.“
    Und so ging es dann weiter, etwa über tolle Eintöpfe und die verschiedenen Einlagen. So schwärmte Sebastian etwa für einen Grünkohleintopf mit

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