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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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Sekunden aus und so sah er hilfesuchend zu den Stasileuten hinüber.
    Die kamen dann auch an den Tisch geschlendert. Sie setzten sich und sprachen gedämpft auf Hoffmann ein, der sich nicht rührte und auch keinen Laut hervorbrachte. Nach wenigen Minuten erhob sich einer der beiden Genossen und begab sich zur Theke, sprach dort irgendetwas, wohl auch um die Zeche zu begleichen. Anschließend nahmen die beiden Hoffmann in die Mitte, nachdem einer ihm den Mantel umgehängt hatte und bugsierten ihn geschickt zur Ausgangstür.
    „Dicht hinter uns gehen“, wurde Sasse zugeraunt.
    So konnte man vom Restaurant aus nicht erkennen, daß Hoffmanns Füße den Boden kaum berührten. Vor der Tür drehte Sasse sich noch einmal kurz um und sah wie der Ober ihnen skeptisch nachblickte.
    „Schnell weiter“, sagte er draußen auf dem Bürgersteig, „der an der Theke hat uns so komisch hinterher geguckt“, aber da hielt auch schon ein weißer Mercedes am Bordstein.
    Die Beiden mit Hoffmann in der Mitte gingen jetzt schneller auf das Auto zu, einer stieg hinten ein, dann zogen und schoben beide ihr wehrlos gewordenes Opfer auf die Rückbank und setzten sich einer links und einer rechts daneben. Sasse bedeuteten sie rasch vorne einzusteigen und der war froh darüber, nämlich Hoffmann nicht dauernd ansehen zu müssen. Das Ganze dauerte bloß Sekunden.
    Er hörte hinter sich nur noch das Klicken von Handschellen, dann fuhr der Wagen auch schon an der Gedächtniskirchenruine vorbei den Tauentzien hinunter, schließlich durch alle möglichen Nebenstraßen die Sasse nicht kannte, bis sie auf einmal im Ostsektor landeten. Dort streiften sie Hoffmann eine undurchsichtige Brille über.
    Offensichtlich, folgerte Sasse, eingedenk seiner eigenen Erfahrung damals mit Sebastian im EMW von Senftenberg nach Cottbus, sollte auch Hoffmann nicht wissen, wohin man ihn bringen würde. Im Übrigen fand er, sei alles erstaunlich einfach verlaufen. Er hatte sich das Ganze wesentlich dramatischer vorgestellt.
    Hoffmann war schließlich wieder ganz zu sich gekommen, sprach aber die Fahrt über kein Wort, wie überhaupt im Auto wenig gesprochen wurde.
    In der Cottbusser Spreestraße angekommen bekam Hans-Peter Sasse neben einer Belobigung eine Fahrkarte für den Abendzug nach Großräschen. Da er sich freiwillig zum Dienst in der Volksarmee verpflichtet hatte, würde er nur wenige Tage zu Hause bleiben, was ihm auch recht war, wollte er sich doch dort nicht gern sehen lassen, so war es ihm ja auch vom Major nahegelegt worden.
    Daß einige Leute sich ihren Teil denken würden, wenn sie nach den ganzen Gerüchten nur ihn und nicht auch Sebastian zu sehen bekämen, lag auf der Hand. Und Volksarmee war ja nicht gerade sein Ding. Berufssoldat? Nee danke! Doch den Dienst in den bewaffneten Organen hatten sie ihm vorgeschrieben und das betrübte ihn. Hatte er denn nicht schon zur Genüge bewiesen, was an Fähigkeit in ihm steckte? Aber das zählte offenbar nicht.
    Zur Staatssicherheit, wie es sein Wunsch gewesen war, führe für ihn kein Weg, meinten die. Er solle sich vielmehr bemühen eine Parteischule zu absolvieren. Den Sicherheitsorganen würde er ja sowieso stets verpflichtet bleiben. Das hatte er schließlich auch unterschrieben.

    74.

    Sebastian stand in der Zelle und blickte zum vergitterten Fenster hinauf. In den Rillenglasscheiben funkelte Sonnenlicht und der Schattenriß des Fabrikschornsteins kroch wieder mit dem Gang der Sonne über die graue Ölfarbe der Wand.
    Manchmal verirrte sich auch schon ein ferner Amselruf in sein Verließ. Zum Verhör war er schon tagelang nicht mehr geholt worden. Möglicherweise war das Ganze bereits abgeschlossen. Er hatte bemerkt, daß die mit der gesamten Angelegenheit nicht zufrieden waren, das hieß aber auch, daß sie seinem einstigen Freund Sasse nicht wirklich trauten. Ob der schon draußen ist? Ob sie ihm wirklich einen Bonzenposten zuschanzen werden für seine Verdienste um den Weltfrieden? Doch eigentlich interessierte ihn das schon nicht mehr. Er musste sich jetzt innerlich auf anderes vorbereiten, zum Beispiel, daß er einen so schönen Frühlingstag wie jetzt dort draußen sehr lange nicht mehr in Freiheit würde genießen und keinen freien Schritt mehr würde gehen dürfen. Ein kommandiertes Leben in engen Zellen oder Arbeitslagern, immer im Gleichschritt und nie allein.
    Er hatte ja draußen schon gehört, daß die Zuchthauszellen der DDR katastrophal überbelegt waren. Bekannte von Bekannten hatten das

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