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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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Stangengehölzes dahin. Zum Trinken lagen die Pflanzer der Länge nach auf dem Bauch und sogen das frische Wasser in sich hinein. Nachdem alle sich auf diese Art abgefüllt hatten, stieß man sich wechselseitig in das kühle Naß, bis am Ende einige vollständig im Bach lagen. Andere gesellten sich freiwillig dazu, so daß es schließlich zuging wie in einer Badeanstalt. Onkel Jaschek ließ alle eine Zeitlang gewähren. Die Sonne trocknete die Wassermänner dann auch bald vollständig. Über der kahlen, sandigen Fläche sah man die Hitze regelrecht flimmern. Die Sonne brannte auf den Boden und der strahlte die Wärme zurück: Hochsommertage im März. Da alle mit freiem Oberkörper arbeiteten, hätte man nach wenigen Tagen meinen können, sie seien eben von einem Skiurlaub aus dem Hochgebirge zurückgekommen, nur daß es im Osten kein Hochgebirge gab.

23.

    Jeden Mittwoch gab es Berufsschulunterricht in der großen Diele des alten Forsthauses der Oberförsterei Chransdorf, an deren Decke ein Kronleuchter aus Hirschgeweih hing, bestückt mit einem halben Dutzend Kerzenlampen. An der Wand stand ein Gewehrschrank, dessen massives Holz 1945 von den Russen mehrfach durchschossen worden war. Chransdorf war gewissermaßen ein Weiler, etwa zwei Kilometer von Altdöbern entfernt im Walde gelegen, wenige kleine Häuschen zwischen Obstbäumen und Gartenzäunen an einer schmalen Kopfsteinpflasterstraße. In einem alten Gasthof war die Kreisforstverwaltung untergekommen. Niemand wußte auch, wieso und weshalb ausgerechnet dieser Hromatnik, von Hause aus Buchhalter, Kreisforstmeister in Chransdorf geworden war und dort in der alten Oberförsterei wohnte.
    „Das hat rein politische Gründe“, so Förster Auring auf Sebastians vorsichtige Frage. Beide standen nach einem Unterrichtstag auf dem Hof der Oberförsterei. „Sowas kann heutzutage doch jeder machen“, sagte Auring, sah sich kurz um, trat einen Schritt näher, beugte sich zu Sebastians Ohr und erklärte in bedeutsamem Tonfall, „wenn die Partei einen ruft. Schneider, Schlosser, Tischler, sogar ein Lokomotivführer“, fügte er in gedämpftem Ton hinzu, „haben hier schon Reviere bekommen.“
    „Und Sie selbst“, wollte Sebastian wissen.
    „Ich“, sagte Auring, „ich selbst bin auch kein richtiger Förster“, dazu lachte er kurz. Ich war mal Forsteleve, so nannte sich das damals, bis für mich der Krieg losging. Na ja, und kein PG bei Hitler natürlich.“ Und wieder klang sein Lachen verächtlich. „Förster? Ich weiß nicht, ob es im ganzen Kreis überhaupt einen gibt.“ Noch eine wegwerfende Handbewegung, und er ging zu seinem Motorrad, lachte noch einmal, bevor er sich in seiner lederbesetzten Reithose auf die Maschine schwang.
    Eine solche Hose und diese Stiefel, überlegte Sebastian, sind eindeutig aus dem Westen.
    „Macht nichts“, rief Auring noch, „macht gar nichts“, trat die Maschine an, brauste aus dem Hof und über die Kopfsteinpflasterstraße davon.
    Sebastian sah ihm nach und hörte noch das schnelle Hochschalten der Gänge, ehe das Motorrad dann samt Pilot in einer Staubwolke verschwand, als die Straße gleich nach dem letzten Haus in einen Schotterweg überging, um sich dann hinter einer Biegung den Blicken ganz zu entziehen. Hundertfünfundzwanzig Kubik, sagte sich Sebastian, ein DDR-Produkt auf DKW-Basis wie auch sein älterer Bruder eins hatte, eine RT 125. Keine schlechte Maschine, einigermaßen hochbeinig, damit kann man auch quer durch den Wald fahren.
    Das Pflanzen der Kiefernschößlinge hatte dann auch bald ein Ende. Seitens der Kreisforstverwaltung schickte man das Dutzend Lehrlinge, da man sie nun mal so schön beisammen hatte, auch gleich noch in das dichte Gestrüpp völlig zugewachsener Kiefernschonungen, Bäumchen von drei, vier Metern Höhe, die ausgelichtet werden sollten. Dazu mußten zuvor Kranke, Verwachsene und Kümmerlinge mit einer Art Haumesser an der Rinde gekennzeichnet werden, damit dann Leute, denen das Ausschlagen in Privatnutzung gestattet wurde, sich nicht die falschen, gerade gewachsenen, gesunden Bäume herausschnitten. Dauernd mußte man beim Ausforsten nach oben gucken, die Kronen prüfen, sich den Wuchs ansehen, bis man Kopfschmerzen und einen steifen Nacken bekam, wobei einem auch ständig noch Kiefernnadeln in Augen und Hemdkragen fielen und man sich Arme und Gesicht zerkratzte. Ganz abgesehen von der stickigen Hitze in so einem Kieferndickicht, die einem den Schweiß aus den Poren trieb, der in den

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