Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
Vom Netzwerk:
Kronenfeuer, zumeist nur kleinere Schwelbrände. Dennoch immerhin Schäden, die in ihrer Summe, wirtschaftlich gedacht, nicht eben von der Hand zu weisen waren. Wenn etwa großflächig Kiefernschonungen wegbrannten, und der Sommer hatte ja noch nicht einmal begonnen. Große Bäume überlebten diese flachen Feuer, doch die verschiedensten Kleintiere wie Käfer, Spinnen, Raupen, Würmer, Ameisen … wurden Opfer der sich heranfressenden Glut. Nicht ein möglicher Verlust an künftigen Festmetern würde ihn wegen solcher Brände immer wieder zur Eile treiben, denn derartige Verluste gönnte er diesem sich selbst ernannten Staat gut und gerne. Es ging dabei eben auch um die Vernichtung von Leben, die es zu verhindern galt.

    24.

    Kühlere Regentage lösten schließlich auch die frühe Hitzewelle ab. Mit Donner, Blitz und Hagelschlag setzte die Wetteränderung ein. Danach rauschte tagelang mal stärker, mal etwas sanfter Regen aus einem grauen Himmel. Sebastian wurde in Altdöbern bei Revierleiter Nagel mit Büroarbeit beschäftigt und damit aus skizzierten Aufzeichnungen Revierkarten in ein fest gebundenes Taschenbuch zu zeichnen. Auf jede Seite ein Jagen mit Bewuchs, mit Bachläufen, Teichen, Wegen und deutlichen Grenzen … mit Buntstiften farbig untermalt. Auch mußte ein festgelegter Maßstab eingehalten werden, wollte man sich anhand dieser Karten im Revier wirklich zurechtfinden.
    Mit solchen trüben Tagen sanften Landregens glitt das junge Jahr in den Monat April hinüber. Folgerichtig riß eines Tages die Wolkendecke wieder auf und Sonne glitzerte in nassem jungem Laub und zartem Gras. Ein zerrissener Wolkenhimmel spiegelte sich in ausgedehnten Pfützen wider und Amselmännchen ließen ihren Reviergesang erschallen. Der golden blühende Löwenzahn und weiße Gänseblümchen hoben ihre Köpfe diesem frühlingshellen Licht entgegen. Und immer wieder segelten weiße, graue, auch mal dunklere Wolken rasch über einen blaßblauen Himmel. Es blieb kühl und ab und zu zog auch ein Regenschauer übers Land.
    Inzwischen war an einem Sonnabend Totila Kunzmann wie verabredet gegen Spätnachmittag Sebastians Schwester Karin besuchen gekommen. Sebastian hatte sich eigentlich zurückziehen wollen, aber ein Wort gab dann das andere, schnell war man im Gespräch, das dank Vater Sebaldts selbstgemachtem Hagebuttenwein aus einer großen Glasamphore, die stets oben auf dem Badezimmerfensterbrett stand, andauerte und lockerer wurde. Im Radio fand sich auch bald ein westlicher Sender und moderne Tanzmusik durchzog den Raum, so daß selbst Sebastian sich dazu herabließ, einige Male mit der eigenen Schwester zu tanzen. Das weitläufige elterliche Eßzimmer bot, wenn man den großen Tisch beiseite schob und die gläserne Flügeltür zum Herrenzimmer öffnete, Raum genug dafür. Immer wieder zapfte Sebastian mit einem Gummischlauch den väterlichen Weinvorrat an, mit dem fatalen Ergebnis, daß Totila am späten Abend den Heimweg abkürzen wollte, wobei er bereits am Gartentor in ein Gebüsch fiel und dort partout zu übernachten gedachte. Mit vereinten Kräften und auf auch nicht mehr so ganz sicheren Beinen gelang es jedoch, den störrischen Freund unter dem beruhigenden Absingen von Wanderliedern nach Hause ins Pfarrhaus zu bugsieren.

    25.

    In der „Lausitzer Rundschau“ hatte Sebastian schon im März lesen können, daß die Werktätigen in der DDR eine Arbeitsnormerhöhung forderten, um möglichst bald den Sozialismus aufzubauen. Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik begrüße diese Initiative ausdrücklich, hieß es dazu weiter. Er bezweifelte solche Meldungen, redeten die Menschen doch, wenn sie sich gegen Spitzel abgesichert wußten, ganz anders. Die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung verschlechterte sich zusehends. Normerhöhungen, hörte Sebastian, seien ein Witz. Schon jetzt sei auf den Baustellen nicht genügend Material vorhanden, um die gegenwärtigen Normen erfüllen zu können. Daran fehlte es auch in den Betrieben. Deswegen seien mit defekten und veralteten Maschinen erhöhte Normen ohnehin eine glatte Illusion. Alle neueren Maschinen und Geräte hätten längst die Russen mitgenommen. Das alles laufe auf gravierende Lohnkürzungen hinaus, da war man sich einig.
    Um wirklich Geld zu verdienen müsse man schon nach Aue gehen, um dort für die Russen Uran zu fördern. Als Bauarbeiter hatte man vielleicht auch noch in der Ostberliner Stalinallee einige Chancen. Doch würde es auch dort bei

Weitere Kostenlose Bücher