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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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aller Länder und Kontinente...So und ähnlich tönte es stundenlang aus dem Radio.
    Und im RIAS wurden bereits Spekulationen laut. Der Name Malenkows fiel immer öfter. Stalin, so hieß es, sei bereits länger krank gewesen und schließlich von Ängsten geschüttelt langsam gestorben.
    „Die hätte ich an seiner Stelle auch gehabt“, sagte Sebastian. „Es kann nur die Hölle sein, die hinter ihm her war.“
    „Das geht schon seit dem Vormittag so“, erklärte seine Mutter mit einer Kopfbewegung in Richtung Rundfunkgerät, „auf allen Sendern, West wie Ost. Die einen pflichtschuldigst in Trauer, die anderen in gespannter Spekulation: Wer und was kommt nach Stalin? Ich glaube“, sagte sie, „wir haben nichts Gutes zu erwarten.“
    „Warum hast du mir das nicht sofort erzählt“, wollte Sebastian wissen. „Stalins Tod ist doch eine Sensation. Wieder ein Massenmörder weniger.“
    „So wichtig ist das für uns nicht“, entgegnete seine Mutter. „Hier wird sich kaum was ändern.“
    „Aber die Welt“, sagte Sebastian, „wie nimmt die Welt das auf?“
    „Die kommunistischen Länder trauern offiziell und im Westen erwartet man keine einschneidenden Folgen. Viel wichtiger für uns hier aber wäre, es gäbe irgendwo Kartoffeln. Mit der Einkellerung reichen wir nämlich nicht mehr lange und neue wird es erst im Herbst geben. Heute“, fuhr sie fort, „gab es Mehlplinsen mit Apfelmus zu Mittag. Du kannst dir noch welche machen.“
    Sebastian nickte, öffnete die quietschende Ofentür, schob zwei Briketts in die Glut, nahm einen Ring aus der Herdplatte und briet sich dort in eingefetteter Pfanne ein paar Plinsen, begleitet von Trauermusik aus dem Radio und Kommentaren zu Stalins Tod. Ein Tag, ereignisarm für ihn selbst, ging dann auch bald zu Ende. Und der Tod des sowjetischen Despoten berührte die Welt der kleinen Leute außerhalb Rußlands kaum. Dort allerdings begann sogleich ein Machtkampf, ein Diadochengerangel. Nahezu umgehend tauchte ein Name auf, von dem bisher nicht die Rede gewesen war, den wohl nur Moskauer und Eingeweihte kannten: Nikita Sergejewitsch Chruschtschow, Moskauer Gebietsparteisekretär sowie Sekretär des ZK der KpdSU. Würde der nun Stalins Nachfolge antreten und erster Sekretär werden? Oder doch Malenkow? Vielleicht auch Molotow? Sebastians Lehrlingskollegen und auch die Revierleiter wie etwa Förster Auring vom Revier Reddern oder Förster Lehnert aus einem anderen in der Nachbarschaft interessierten sich merklich wenig für dieses doch denkwürdige Ereignis. Auch bei der innerbetrieblichen Politschulung am folgenden Mittwoch in der Oberförsterei Chransdorf , an der alle Angestellten des Kreisforstamts, alle Lehrlinge und Revierleiter teilzunehmen hatten, wurde dies Thema nur kurz angesprochen und von Kreisforstmeister Hromatnik auffällig knapp gewürdigt, auch deshalb wohl so zurückhaltend, weil eben noch niemand genau wußte, wer beim großen Bruder künftig den Ton angeben würde. Hans-Peter berichtete ähnliches aus seiner Schule.

22.

    Ein sonniger März brachte einige heiße Tage, windstille Sommertage von gut fünfundzwanzig Grad im Schatten. Frühe Hartlaubgewächse streckten von einem Tag auf den anderen ihre zartgelbe Blütenpracht der Sonne entgegen. Knospen platzten förmlich aus den Zweigen. Gebüsch und Hecken, eben noch fahl und graubraun, überzog ein zartgrüner Schimmer. Überall in den Wäldern, an Feld- und Grabenrändern sah man plötzlich das leuchtende Weiß blühender Schlehen schon von weitem. Bald steckte der Ahorn seine gelbgrünen Blütendolden auf. Auch die Birkenstämme, schien es, leuchteten heller. Leichte Kleidung war angesagt, auch beim Einbringen der Kiefernschößlinge in den umgepflügten und glattgeeggten Sandboden. Eine spielerische Arbeit im Vergleich mit der Holzfällerei zuvor. Ein weiter Reparationskahlschlag sollte aufgeforstet werden. Dazu mußte ein schwerer, zugespitzter Stamm an zwei Griffen in den schon recht ausgetrockneten Boden gerammt werden. In die so entstandene Vertiefung steckte ein nachfolgender Lehrling ein Kiefernpflänzchen, um dann mit dem Fuß den Boden um den Schößling kurz festzutreten. Das dauerte natürlich länger als das Löcherstampfen, so daß die mit dem spitzen Stamm immer ein Stück voraus waren und sich daher öfter mal ein Weilchen ausruhen konnten.
    Frisches Wasser durfte die dürstende Jugend dann am Ende des Kahlschlags genießen. Ein klarer Bach schlängelte sich dort am Rande eines

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