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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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wäre auf der Flucht damals, 1945, immer dicht vor den Russen her, immer den Panzeralarm im Nacken, das Gewittern der Geschütze und nachts der flackernde Horizont. Eine Zeit, in der alles möglich war, Schlimmes und Schlimmstes, nur wenig Gutes – doch auch das hatte es ja gegeben. Natürlich, Licht und Schatten und so …

    In Großräschen fuhren sie nebeneinander an seinem Haus vorbei. „Hier wohne ich“, sagte er und wies mit einer Kopfbewegung in Richtung des Hauses.
    „Schön“, erwiderte sie, „schön wohnst du da.“
    „Mit dir kann ich natürlich nicht mithalten, wer wohnt schon in einem Schloß.“
    „Ich würde sofort mit dir tauschen“, sagte Gisela und sah ihn dazu von der Seite an.
    Das traf ihn und war ihm peinlich. „Ich meine ja bloß, das Schloß …“, versuchte er zu erklären, „also das sollte witzig sein. Natürlich blöd, du hast recht. Entschuldige.“
    Sie lachte. „Wofür entschuldigst du dich?“
    „Na, für meine dummen Bemerkungen.“
    „Du bist nicht dumm.“ Sie lachte wieder, trat in die Pedalen und fuhr schnell voraus.
    „Warte!“ rief er. „Du weißt doch gar nicht, wo wir lang müssen.“
    „Du wirst es mir zeigen“, rief sie über die Schulter zurück.
    Sie fuhren am Pförtnereingang, dem großen Tor zur Ziegelei, vorbei und rechter Hand am Postamt Grube Ilse. Links kam das Ilse-Verwaltungsgebäude mit dem halben Rondell einer Auffahrt und vor ihnen der Ilseberg. Sebastian hatte das Mädchen wieder eingeholt.
    „Dort rauf“, fragte sie und wies mit der Hand auf den steilen Anstieg der Straße.
    „Ja, dort rauf. Auch das ist Kippe“, sagte er, „früher mal hingekippter Baggersand. Ist jetzt mit Bäumen bewachsen und eben die Straße hier, die führt bis Senftenberg durch Kippengelände. Und vor Senftenberg, aber was sag’ ich, das weißt du ja sicher selbst, wieder steil bergab.“
    „Ja, ja“, bestätigte sie, „ich bin schon ein paarmal mit dem Rad nach Senftenberg gefahren.“
    „Wir können jetzt auch absteigen und die Räder führen“, sagte Sebastian. „Das wird nun sehr steil.“
    „Das schaffe ich schon, ich versuch’s jedenfalls.“
    Beide mußten dann stehend in die Pedalen treten, um den Anstieg zu bewältigen. An beiden Fahrrädern knirschten und knackten die Ketten bedenklich.
    „Hoffentlich reißt hier nichts“, sagte er, „Fahrradketten gibt’s ja nirgends.“
    „Doch, in Westberlin“, erwiderte sie schon etwas außer Atem.
    „Warst du schon mal dort?“
    „Ja, einmal.“
    Dann sprachen sie nicht mehr, bis sie den Scheitelpunkt des Ilsebergs erreicht hatten und verpusten konnten. Plötzlich rollten die Räder wieder leichter, die Pedalen traten sich fast wie von selbst.
    „Dort die Ruinen“, und Sebastian wies mit dem Arm nach rechts. Hinter Bäumen und durch grünes Gesträuch blickten Trümmer hervor und ragten zwei Kamine in den blauen Frühlingshimmel. „Die Klitzingvilla“, sagte er. „Und hier an der Straße der schmiedeeiserne Zaun und die Torpfeiler. Das war der Ilse-Generaldirektor, der da wohnte. Eine sehr schöne, große Villa war das mal, ehe die Amis sie zerdepperten, am hellichten Tage, damals, im Februar 45. Ich kann mich noch gut erinnern, General Schörner hatte damals in Großräschen sein Hauptquartier, nur wenige Tage und schon gab’s diesen gewaltigen Angriff, Hunderte von Bomben. Unser Haus wurde auch getroffen, aber niemandem war was passiert. Doch das zweite Haus neben unserem, ein glatter Volltreffer. Kein Bewohner hat überlebt.“
    Beide schwiegen und rollten auf ihren Rädern langsam nebeneinander her. „Februar 45“, fragte er schließlich, „wo warst du denn damals?“
    „In einem Kindersammellager bei Rostock, in so einem großen Hotel. Dort mußten wir aber Hals über Kopf raus. Erst in zwei Bussen, dann mit der Bahn weiter, aber nur bis in die Nähe von Berlin. Und da haben uns schließlich die Russen überrannt.“
    „Wir müssen hier rechts rein“, und Sebastian fuhr voraus. „Ein Stückchen noch“, sagte er über die Schulter, „dann verstecken wir die Räder im Unterholz.“
    Schließlich hörte die vage Andeutung eines Weges ganz auf. Es wurde ziemlich sandig und fuhr sich schlecht, die Reifen sackten ein. Sebastian stieg ab, das Mädchen folgte ihm. „Wir gehen noch ein Stückchen mit den Rädern und dann da hinten runter in die kleine zugewachsene Schlucht. Dort lassen wir die Räder liegen. Hier kommt sowieso niemand vorbei.“
    Nachdem sie die Räder abgelegt hatten,

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