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Als der Tag begann

Als der Tag begann

Titel: Als der Tag begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Murray
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zugedröhnt. Jetzt, mit angespanntem Kiefer, gespitzten Lippen und wirrem Blick, würde sie, das wusste ich, noch eine Weile mit ihrem Herumrennen und Geplappere weitermachen. Die ganze Woche lang hatte ich Ma gedrängt, mit mir zusammen alles für die Schule vorzubereiten, aber sie wollte einfach nicht aufstehen. Gott sei Dank war gerade Zahltag gewesen. Und jetzt, wo sie sich einen Schuss gesetzt hatte, erwachte Ma regelrecht zum Leben. Gleich aus welchem Grund, ich jedenfalls war begeistert über die Aufmerksamkeit.
    »Jetzt sieh dich mal an, Schulbeginn. Ich kann’s nicht glauben, Schätzchen.« Sie zündete sich eine Zigarette an und zog so stark daran, dass die Spitze hell glimmte.
    »Es wird dir dort gefallen, Lizzy. Du wirst so gut sein.«
    Ihre Begeisterung wurde zu meiner Begeisterung. Es würde mir gefallen.
    »Warte mal, hast du überhaupt ein Schulheft?«, fragte sie plötzlich wahnsinnig besorgt.
    Es war halb zwölf Uhr nachts. Ich hatte vor einigen Stunden unter Lisas Bett ein gebrauchtes Ringbuch gefunden. Das von ihr gestiftete Papier, das ich schließlich hineingefummelt hatte, war schon vergilbt gewesen.
    »Klar, Ma, hier.« Mit großem Aufwand hob ich das dicke Ringbuch hoch, damit sie es sehen konnte, aber sie schaute gar nicht her.
    »Gut, aber habe ich dir die Haare geschnitten?«
    »Die Haare geschnitten? Nein. Ist das denn nötig?«
    »Jawohl, Schätzchen, einen Tag vor Einschulung bekommen alle neue Sachen, man schneidet ihnen die Haare, sie putzen sich die Zähne. Setz dich auf den Boden, neben dem Couchtisch, ich
hole eine Schere und bin gleich für dich da. Wahrscheinlich brauchst du keinen kompletten Haarschnitt, nur den Pony. Auf mehr achten die Leute sowieso nicht.«
    Sie zog los und durchwühlte ihre Krimskramsschublade. Ihre Bewegungen wirkten ungeduldig, unvollendet wie ihre Sätze, die normalerweise abbrachen, bevor sie auf den Punkt gekommen war.
    »Lizzy, du musst nur … Das wird toll. Wart’s nur ab …«
    Ich konnte ihr Wühlen in der Schublade aus der Küche hören. Lisa war mit den Worten, sie brauche ihren Schlaf, um früh aufzustehen, ins Bett gegangen, und sie hatte mich gewarnt, dass ich es besser genauso machte, wenn ich wüsste, was gut für mich sei.
    Irgendetwas an Mas Bewegungen machte mich nervös. Wusste sie überhaupt, wie man Haare schnitt? Und was war mit ihrem Sehvermögen? Ich wollte nicht, dass meine Haare wie ihre aussahen, lang und gewellt, aber eben auch strubbelig und ungepflegt. Der Gedanke erfüllte mich mit Schuldgefühlen.
    »Und los geht’s!«, rief sie mit einer verrosteten Schere in der Hand. Daddy war immer noch in der Küche, aus der sein Herumgehampel und leises Gemurmel zu mir durchdrangen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mitzumachen, also tat ich es.
    Ich musste vollkommen still sitzen, wobei Ma mein Kinn bei jedem Schnitt mit den Fingerspitzen festhielt, denn sonst würde ich ihre Konzentration stören. Ma wies mich an, die Augen zu schließen, damit ich keine Haare hineinbekäme. Ich hielt ein vergilbtes loses Papier unter mein Kinn, um alles aufzufangen, was herabfiel. Ich hatte vorher noch nie einen Pony getragen, aber Ma schien das gar nicht aufzufallen. Sie nahm die längeren Haare einfach büschelweise in die Hand und schnitt sie ab. Echte Sorgen machte ich mir aber erst, als ich das kalte Metall der Schere auf meiner Stirn entlanggleiten spürte, ungefähr drei Zentimeter oberhalb meiner Augenbrauen.
    »Ma, bist du sicher, dass er nicht zu kurz wird?«, fragte ich.
    »Schätzchen, alles in Ordnung. Ich muss ihn nur angleichen.
Gerade eben war ich fast so weit, jetzt muss ich es noch mal versuchen. Wir sind gleich fertig. Sitz – einfach – still.«
    Neben mir lagen meine Haare verstreut in Klumpen auf dem Boden. Ma wippte ungeduldig mit dem Fuß. Von Zeit zu Zeit stieß sie einen Fluch aus.
    »Scheiße«!
    Ich bekam Herzrasen und versuchte, ihre Konzentration nicht durch Herumzappeln zunichtezumachen.
    Strähnchen für Strähnchen schnitt Ma meinen Pony ab, bis nur noch eine stoppelige Kante übrig blieb, die so kurz war, dass sie steil nach oben von meinem Kopf abstand. Als sie die Schere auf dem Couchtisch zur Seite legte, berührte ich meine Stirn und tastete sie verzweifelt auf der Suche nach Haaren ab. Ungläubig rupfte ich an den Stoppeln, und Tränen stiegen mir in die Augen.
    »Ma-aaa«, wimmerte ich, »du hast den Pony wirklich kurz geschnitten. Ist er nicht zu kurz?«
    Sie war schon dabei, sich die Schuhe

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