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Als der Tag begann

Als der Tag begann

Titel: Als der Tag begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Murray
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roten Plastikblumenstrauß
in ihrer grünen Vase und fiel aufs Bett. Lisa war schon an meiner Seite und feuerte mich an.
    »Beeilung, Lizzy! Tu sie überallhin, wo Platz ist, schnell!«
    Nacheinander riss ich die Köpfe aus der Einfassung an den Stängeln und arbeitete sie, am Ansatz jeden einzelnen Zopfes, in mein Haar ein. Ich strengte mich wahnsinnig an, auch die letzte freie Stelle abzudecken. Im Zickzack meiner geflochtenen Zöpfe hielten sie gut fest. Als ich fertig war, stellte mein Kopf einen Helm aus leuchtend roten Rosen zur Schau, in Verbindung mit einem kleinen roten Kleid, das wie das Horn eines Einhorns an der Stirn auftauchte. Ich sah Lisa an und wartete auf Bestätigung.
    Sie klärte mich darüber auf, dass es mindestens zwanzig Minuten dauern würde, bis sich eine bemerkbare Verbesserung einstellte. Jetzt sei es das Wichtigste, so still wie möglich sitzen zu bleiben. Also ging ich ins Badezimmer, schloss die Tür und nahm in der Badewanne Platz. Ich stellte mir vor, es sei vielleicht eine gute Idee, jede einzelne schreckliche Laus den Abfluss hinunterzuspülen, sobald sie sich auf den Rückzug vor diesem Rot, das sie so sehr fürchteten, begaben.
    Ich beschloss, mich aller Kleidung zu entledigen, falls sie versuchen sollten, in einer Falte meines T-Shirts oder in einer meiner Taschen zu überleben. Ich zog mich splitterfasernackt aus, kauerte mich in die Badewanne und wartete.
    Die Zeit verging, und nichts passierte. Lisa klopfte und fragte, wie es lief, aber ich schickte sie weg. Die leere Badewanne fühlte sich eiskalt unter meinen Füßen an. Ich begann zu frösteln. Dann, ohne Vorwarnung, fiel eine Laus herunter.
    Ein leichter Schauer durchlief meinen Körper. Ich schüttelte den Kopf, und noch eine fiel hinunter. Die Zeit verging, aber das war alles. Die Läuse wanden und krümmten sich in der weißen Wanne, auf genau dieselbe Art und Weise, wie sie mich kürzlich in der Schule in Schwierigkeiten gebracht hatten.

    Schon vor mehr als einem Jahr hatte ich mich anders als die anderen gefühlt. Die Vorschullehrerin wies uns damals an, mit einem Freund in Zweierreihe zu marschieren, aber ich fing immer an zu weinen, wenn es Zeit war, sich zu einem Paar zusammenzufinden, weil ich niemanden so nah an mich heranlassen wollte, dass er oder sie meinen stoppeligen Pony begutachten könnte. Ich wusste, dass die Kinder nicht anders konnten, als mich gnadenlos anzustarren. Ziemlich schnell war ich als die Heulsuse mit dem komischen Haarschnitt bekannt. Wegen der ganzen Beschimpfungen blieb ich für mich, und dadurch wurde ich irgendwie zu einer Außenseiterin. Jetzt, in der ersten Klasse, nachdem ich mir immer und immer wieder vorgebetet hatte, ich würde ab jetzt ein vollkommen »normales« Kind sein, hatten die Läuse wieder alles total vermasselt.
    Es passierte während eines Diktats von Mrs McAdams, als ich den Platz gegenüber von David an Arbeitstisch drei zugewiesen bekam. Mrs Reynolds, die Lehrassistentin, eine korpulente Frau mit schwabbeligem Hals und grauen Haarbüscheln, die wie das abgewetzte Band eines Klettverschlusses aussahen, ging durchs Klassenzimmer, um sicherzustellen, dass wir uns alle gut benahmen, während Mrs McAdams laut die zu schreibenden Worte dieser Woche vorlas.
    Über Papier kratzende Stifte und Mrs Reynolds’ schlurfende Halbschuhe auf den Fliesen waren die einzigen Geräusche. Ich verteilte meine schlampige Handschrift auf dem ausgeteilten Blatt Papier, im Gefecht mit der Schreibweise von Sonntag .
    Von ihrem Schreibtisch aus verkündete Mrs McAdams das nächste Wort: Zeit . Gerade als ich mich vorbeugte, um mein Glück zu versuchen, verspürte ich ein intensives Jucken auf dem Kopf. Beim Kratzen landete ein winziges graues Tier mit einem leisen Klickgeräusch mitten auf meinem Arbeitsblatt. Ich bekam eine Heidenangst und Herzrasen, wodurch meine Schläfrigkeit mit einem Schlag vorbei war. Schnell wischte ich das Tierchen von meinem Tisch. Mein Blick schoss in alle Richtungen, ob es Zeugen gab, aber niemand hatte etwas bemerkt.

    Ich wäre auf der sicheren Seite gewesen, hätte das Jucken nicht angehalten. Noch ein Kratzen, und zwei weitere Ungeziefer fielen auf mein Blatt. Ich wischte sie wieder weg. Eins der Tierchen landete auf dem Boden, das andere schoss über den Tisch auf Davids Seite. Mrs McAdams verkündete ein neues Wort, aber ich verpasste es. Ich war zu beschäftigt damit, nicht auf das Tier zu achten, das darum kämpfte, direkt unter Davids Nase wieder auf die

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