Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Titel: Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
Vom Netzwerk:
Fenster zu Fenster flogen und Kinderträume sammelten. Zuerst ritt Julebukk zu Bens Haus, streute ein paar Glühwürmchen in die kahlen Sträucher vor der Haustür und flog dann mit Sternschnuppe über das spitze Dach.
    »Rechts, rechts!«, rief Julebukk und zerrte an den Zügeln, aber wie immer konnte Sternschnuppe es sich nicht verkneifen, über den Schornstein zu springen, mitten durch den beißenden Rauch, der in den Himmel stieg.
    »O verflixt!«, rief Julebukk, rieb sich die tränenden Augen und hustete so sehr, dass er fast vom Rentierrücken gerutscht wäre. »Wie oft soll ich dir das noch sagen? Weihnachtsmänner vertragen keinen Rauch und wenn man hundertmal erzählt, sie kommen durch den Kamin.«
    Sternschnuppes Antwort war ein Bocksprung in der Luft. Dann flog er hinab in den Garten hinter Bens Haus und landete auf dem kahlen Rasen neben einem schmächtigen Bäumchen, das Bens Mutter vor Jahren gepflanzt hatte. Dort leckte sich das Rentier erst einmal den Ruß von den unsichtbaren Vorderbeinen. Julebukk stieg hustend und schniefend ab und sah sich um.
    »Trostlos«, murmelte er, holte die kleine Dose mit der Ofenasche aus seinem Sack und streute etwas davon auf den Rasen und die Wurzeln des Bäumchens. Dann öffnete er die Schatulle mit den Glühwürmchen, summte ein Weihnachtslied vor sich hin und streute die glitzernden Tierchen auf die kahlen Zweige. Zufrieden betrachtete er sein Werk. Dann schwang er sich wieder auf Sternschnuppes Rücken.
    »Fünf Dächer weiter bitte!«, raunte er ihm in die gespitzten Ohren. »Aber untersteh dich und spring noch mal über irgendeinen Schornstein. Dann gibt es zwei Wochen kein Marzipan, verstanden?«
    Sternschnuppe schnaubte nur verächtlich und erhob sich wieder in die Luft. Sie ließen den glitzernden Garten hinter sich und flogen auf Charlottes Haus zu.
    »Ach, das ist leicht!«, rief Julebukk und sah nach unten. »Hier brauch ich die Tierchen nur herunterrieseln lassen.« Das Haus, in dem Charlotte mit ihren Eltern lebte, war umgeben von alten Bäumen. Julebukk kippte die Schatulle aus und der Rest seiner Nordpolglühwürmchen rieselte wie silberner Schnee hinunter auf die Zweige.
    »Jaaah, so macht das Weihnachtsmannsein wieder Spaß!«, rief Julebukk. »Los, zurück zu den Engeln, Sternschnuppe! Aber vorher reiten wir noch mal die ganze Straße entlang.«
    Das Rentier streckte die langen Beine und trug ihn hinab zur Erde. Dann trottete es gemächlich den Nebelweg entlang, auf der linken Seite hin, auf der rechten zurück. Julebukk steckte im Vorbeireiten Tannenzapfen in die Briefkästen, streute Asche von seinem Weihnachtsfeuer auf die Fußmatten und hängte rote Äpfel an die schwarzen Zweige, gerade hoch genug für Kinderhände.
    Auf dem Gartentor von Haus Nummer eins warteten die Engel schon.
    »Puh, wir sind schon ganz durchgefroren!«, klagte Matilda und rieb sich den dicken Hintern. »Wo wart ihr denn nur so lange?«
    »Ich hab dir gesagt, du sollst dich wärmer anziehen!«, sagte Julebukk. »Emmanuel hat doch auch seinen Mantel an.«
    »Och, dieser dumme Mantel«, murmelte Matilda. »Engel mit Mänteln sehen lächerlich aus. Außerdem verrutscht mir unter der Kapuze immer der Heiligenschein.«
    »Dann beklag dich nicht.« Julebukk klappte sein kleines Buch auf und zog einen Stift unter seiner Kapuze hervor. »Also, was habt ihr gehört?«
    Emmanuel öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu. In der Stille der Nacht war plötzlich der Motor eines großen Autos zu hören, tief und seltsam schnurrend. Das bedrohliche Geräusch kam näher.
    Erschrocken flatterten die Engel auf Julebukks Schoß. »Das sind sie!«, flüsterte Emmanuel aufgeregt. Käseweiß war sein rundes Gesicht. Matilda presste die Hände vor den Mund.
    Julebukk lenkte sein Rentier zum nächsten Gartentor. »Spring, Sternschnuppe!«, flüsterte er.
    Mit einem Satz flog das Rentier über das Tor und seine Reiter versteckten sich hinter der hohen Hecke.
    Das Auto kam immer näher.
    »Los, ihr beiden!«, zischte Julebukk den Engeln zu. »Guckt nach, wer das ist.«
    Die beiden Engel fassten sich an den Händen, flatterten zum Heckenrand und lugten vorsichtig hinüber.
    Ein großes silbergraues Auto schlich den Nebelweg entlang wie eine Katze auf der Jagd. Als es an Julebukks Wohnwagen vorbeikam, hielt es an, stand ein paar endlos lange Augenblicke mit laufendem Motor da und glitt dann weiter, bis die Dunkelheit es verschluckte. Das Grollen des Motors störte die Nacht.
    Bleich und zittrig

Weitere Kostenlose Bücher