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Als die erste Atombombe fiel

Als die erste Atombombe fiel

Titel: Als die erste Atombombe fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Gesprächs nur zu deutlich erkennen, wie tief sich jene schrecklichen Erlebnisse vom 6. August 1945 in ihr Innerstes eingegraben haben. Alle Einzelheiten haben sich ihr unauslöschlich eingeprägt, sie lebt mit ihnen und leidet darunter, als wären es Geschehnisse von gestern. »Die seelischen Schäden sind oft noch schlimmer«, sagt sie mit leiser Stimme, und die Mundwinkel beginnen zu zucken. Mit ihren beiden Töchtern spricht sie manchmal über den 6. August 1945, nicht zu oft, damit die Ereignisse nicht noch dichter an sie selber herankommen. Aber vergessen? Das ist unmöglich, selbst wenn sie es wünschte, und manchmal, so fügt sie hinzu, wünscht sie es.

    (Abb. 13) Ratlos, beinahe verloren, halten Mutter und Kind die Reiskugeln in der Hand, die sie soeben bekommen haben.
    14 Die japanische Bevölkerung war schon vor Beginn des Pazifik-Krieges in Nachbarschaftsgruppen unterteilt worden, die – ähnlich dem deutschen Blockwart-System – einer ständigen Kontrolle und ideologischen Beeinflussung unterlagen sowie Arbeitseinsätze und derartig sinnlose Übungen leisten mussten, wie sie Yuriko Yamamura beschreibt, zum Beispiel »Wasser aus kleinen Eimern zu schütten«.



Ein Forschungs-Reservoir
    oder: Was die Amerikaner für die Atombombenopfer getan haben
    Nach der Kapitulation Japans im August 1945 machten sich sogleich die ersten amerikanischen Untersuchungskommissionen auf den Weg nach Hiroshima. Die Siegermacht USA wollte möglichst schnell die Auswirkungen der neuen Bombe in den beiden betroffenen Städten kennen lernen. Was die Fachleute dem Oberkommando zu berichten hatten, veranlasste die amerikanischen Militärs unverzüglich zum Handeln. Über Hiroshima und Nagasaki wurde eine Nachrichtensperre verhängt. Nicht einmal Gedichte und Zeichnungen, die in den ersten Jahren nach der Explosion entstanden, passierten den amerikanischen Zensor, geschweige denn solche Erfahrungen, wie sie die »Kinder von Hiroshima« später aufgeschrieben haben. Erst als die USA und Japan 1951 den Friedensvertrag von San Francisco unterzeichnet hatten, wurde die Nachrichtensperre aufgehoben.
    So makaber es klingt, aber die Leiden der Opfer, ihre Krankheiten und Schmerzen stellten für die amerikanische Atomwissenschaft ein unerschöpfliches Reservoir für Forschungen dar. Deswegen ist das, was sie für die Überlebenden getan haben, keineswegs ausschließlich von humanen Motiven bestimmt gewesen. Um die medizinische Untersuchung möglichst systematisch zu betreiben, richteten die Amerikaner 1949 in Hiroshima eine Kommission für Atombombenopfer ein (Atomic Bomb Casualty Commission/ ABCC ), ein Institut, das die wichtigsten Daten über die in Hiroshima in Verbindung mit der Atombombe auftretenden Krankheiten gesammelt hat. Seit Anfang der fünfziger Jahre sind japanische Ärzte und Wissenschaftler ebenfalls daran beteiligt; die gewonnenen Forschungsergebnisse werden zweisprachig veröffentlicht.
    Die Tätigkeit des amerikanischen Instituts – so verdienstvoll sie im Einzelnen sein mag – erweckte in Japan häufig Misstrauen. Darauf weist die Journalistin Luise Crome in einem längeren Aufsatz hin, der am 16. August 1970 im Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt erschienen ist. Darin heißt es:
    »Von Beginn an war und blieb die Kommission Zielscheibe japanischer Kritik, besonders von links. Das Hauptargument der Gegner ist der Hinweis auf die zweifellos makabre Geldquelle der Institution: die AEC (Atomic Energy Commission). Sie gibt neben den 3,8 Millionen jährlichen Dollar für die ABCC mehrere Milliarden für die Entwicklung, Planung und Konstruktion von neuen Atombomben aus.«
    Die in Hiroshima und Nagasaki unmittelbar nach der Explosion tätigen japanischen Ärzte und Wissenschaftler wussten zunächst nicht, dass sie es mit den Folgen einer Atombombe zu tun hatten. Sie und später die amerikanischen Mediziner bekamen Krankheitsbilder zu sehen, die sie vorher noch nie gesehen hatten. Weil anfangs keine Laboruntersuchungen vorgenommen werden konnten und lebenswichtige medizinische Geräte fehlten, wurden die Symptome der Strahlenkrankheit erst allmählich erfasst. Wie diese Symptome sich bei vielen Opfern auswirkten, schildert Dr. Otfried Messerschmidt in dem bereits erwähnten Buch Auswirkungen atomarer Detonationen auf den Menschen am Fall eines 25-jährigen Mannes, der sich am 6. August 1945 etwa 1000 Meter vom Epizentrum, dem Mittelpunkt der Explosion, aufgehalten hatte:
    »Am 14. Tag nach der Detonation

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