Als die Roemer frech geworden
Kontrollsystems. Neben diesen Korridoren militärischer Kontrolle wurde die Treue der germanischen Stämme durch die Stellung
von Auxilien unter einheimischen Führern garantiert. Einer von ihnen war Arminius, der später den Aufstand führte.
Zudem sollten die Widerstandsnester durch umfangreiche Umsiedlungsmaßnahmen „ausgetrocknet“ werden: So hatte der Statthalter
Ahenobarbus (6 v. Chr.–1 n. Chr.) die Umsiedlung der Hermunduren aus dem Raum südlich von Mainz in das Gebiet der Markomannen |39| und Quaden durchgeführt. Diese hatten sich bereits seit 7 v. Chr. vor dem römischen Druck dorthin zurückgezogen.
Städte in Gründung – colonias novas
Cassius Dio schildert in der zitierten Passage weiter, wie Städte gegründet wurden und sich germanische Märkte und Zusammenkünfte
bildeten. Auf diese Weise wurde gezielt eine schleichende Provinzialisierung betrieben, der sich die Germanen freiwillig unterwarfen,
ohne dass es ihnen aufgefallen wäre. Für seinen Bericht ist Cassius Dio an dieser Stelle heftig kritisiert worden: Vor allem
hat man sich an dem griechischen Begriff für „Städte“
( poleis
) gestoßen, weil man derartige Gebilde mit rechtsrheinischen Zuständen für unvereinbar hielt. Daher glaubte man lange, dass
Dio bei der Übersetzung seiner lateinischen Quelle Übersetzungsfehler unterlaufen seien. Inzwischen lassen sich |40| allerdings etliche Details seines Berichts archäologisch oder anderweitig belegen: So ist seit den 1990er-Jahren im Lahntal
eine zivile Stadt mit festen Häuserfundamenten bei Waldgirmes entdeckt worden. 4
Der archäologische Befund, der durch ein großes Forumsgebäude dominiert wird, weist auf eine germanische Siedlung, die mit
römischem Know-how gebaut worden ist. Cassius Dio hat demnach mit der griechischen Wiedergabe seiner wertvollen lateinischen
Quelle genau das Richtige getroffen, wenn er beschreibt, dass im rechtsrheinischen Gebiet sogar
poleis
(Städte) entstanden seien.
Auch Arminius erwähnt in einer Rede an seine Stammesgenossen, die der Historiker Tacitus wiedergibt, im Rückblick auf die
römische Herrschaft im rechtsrheinischen Germanien vor 9 n. Chr. die Gründung von
coloniae
:
|41| Die Germanen werden nie sich damit abfinden, dass sie zwischen Elbe und Rhein Rutenbündel, Beile und die Toga gesehen haben.
Andere Völkerschaften, die keine Bekanntschaft mit dem Römischen Reich gemacht haben, wissen nichts von Blutgerichten und
kennen keine Steuern. Diese Lasten hätten sie ja abgeschüttelt und jener unter die Götter versetzte Augustus, jener als sein
Nachfolger auserlesene Ti-berius seien unverrichteter Dinge abgezogen. Darum sollten sie auch nicht jetzt vor einem unerfahrenen,
ganz jungen Mann [Germanicus], vor einem meuternden Heer [die Meuterei 14 n.Chr.] in Angst geraten. Wenn ihnen Vaterland,
Eltern, die alten Verhältnisse höher stehen als Herren und neue Städte
[ colonias novas = poleis ]
, sollten sie lieber dem Arminius, dem Führer zu Ruhm und Freiheit, als dem Segestes, dem Führer zu schändlicher Knechtschaft,
folgen.
Auch die von Cassius Dio erwähnten Märkte, welche die Germanen frequentierten und in denen sie römische Luxusgüter kaufen
bzw. tauschen konnten, sind archäologisch in der Umgebung der römischen Lager rechts des Rheins, etwa im Umfeld des Legionslagers
in Haltern, als Lager-Dörfer gut belegt.
In gleicher Weise sind die Zusammenkünfte, die von Drusus nach dem Vorbild griechischer
koina
im Osten des Reiches als Vertretung der Provinzialen auch in Lugdunum/Lyon installiert worden waren, für den rechtsrheinischen
Raum nachvollziehbar: Nach der Unterwerfung der rechtsrheinischen Stämme wurde in dem neuen Siedlungszentrum der Ubier, im
oppidum Ubiorum
(später Köln), an der
ara Ubiorum
ein Konvent für die zukünftig bestehenden germanischen Provinzen (!) mit Loyalitätskult eingerichtet: unter dem „gewählten“
Priester Segimundus, dem Sohn des Segestes, vom Stamme der Cherusker.
Adlige gerade aus diesem Stamm der Cherusker, für den in den neuen Provinzen ein privilegierter Sonderstatus vorgesehen war,
hatten ihren kriegsfähigen männlichen Nachwuchs in die Stammeskontingente zu geben, die zugleich Unterpfand der Treue der
unterworfenen Stämme waren.
|42| Man suchte darüber hinaus die infrastrukturellen Bedingungen zu verbessern. Der Wegeausbau wurde intensiv unter der Statthalterschaft
des Ahenobarbus betrieben. Der Bau der
pontes longi
,
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