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Als die Roemer frech geworden

Titel: Als die Roemer frech geworden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Dreyer
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Arbeit von drei Legionen hin. 7
    Obwohl die gegnerische Taktik überlegen war, die feindliche Übermacht immer drückender wurde und obgleich die eigenen Kräfte
     im unwegsamen Gelände bei widrigem Wetter stark angeschlagen waren, entschied sich Varus, den geplanten Marschweg am nächsten
     Tag fortzusetzen – was sich als Fehler erwies.
    Offenbar meinte Varus jedoch, dass die Germanen – wie bisher üblich – nicht die Ausdauer hätten und dass man schon so weit
     von der ausgebauten Lippelinie entfernt war, dass eine Rückkehr nicht notwendig und auch schwer möglich gewesen wäre. Der
     Feind war nun bekannt, der hinderliche Tross verbrannt und die Marschordnung optimiert. Ob der römische Befehlshaber immer
     noch vorhatte, die abgefallenen Stämme im Nordwesten heimzusuchen, die den Anlass gegeben hatten, von der Lippelinie abzuzweigen,
     ist nicht klar. Sicher aber hätte es großen Eindruck auf die Germanen gemacht, wenn er |57| nicht nur den Angriff abgewehrt, sondern auch die Aufständischen noch vor dem Winter niedergeschlagen hätte. Er konnte in
     jedem Fall zu diesem Zeitpunkt noch nicht das Ausmaß des Aufstandes abschätzen. Varus setzte also den Marsch am zweiten Tag
     in gleicher Richtung fort und ging so erst recht in die „ausgebaute“ Falle der Germanen.
    Am folgenden Tag marschierten sie in einer besseren Ordnung, sodass es ihnen gelang, auf offenes Gelände vorzudringen, obwohl
     sie auch hier Verluste hatten. Von dort sich aufmachend, gerieten sie allerdings wieder in dichte Wälder, und dort verteidigten
     sie sich gegen diejenigen, die sie angriffen, doch fielen dabei nicht wenige von ihnen. Denn weil sie auf engem Terrain ihre
     Reihen zu formieren hatten, um geschlossen, Reiterei und Schwerbewaffnete zusammen, sich den Gegnern entgegenwerfen zu können,
     stießen sie sehr oft entweder gegeneinander oder gegen die Bäume. 8
     
    Die Entscheidung
     
    Die Kämpfe des zweiten Tages waren ganz offenbar die entscheidenden, das Rückgrat der römischen Armee wurde dabei gebrochen.
     Germanicus und seine Soldaten sahen nämlich nach dem Bericht des Tacitus im Jahr 15 n. Chr. das Lager des zweiten Kampftages,
     das nicht mehr vollständig war:
    Dann erkannte man an dem halbeingestürzten Wall und dem niedrigen Graben, dass die schon zusammengeschmolzenen Reste sich
     dort gelagert hatten. 9
    Am Ende des dritten Kampftages hatte Varus versucht, sich durch einen Nachtmarsch von seinen germanischen Verfolgern abzusetzen,
     denn der Morgen des vierten Tages sah die Römer auf dem Marsch.
    Der Morgen des vierten Tages graute, als sie noch marschierten. Wieder behinderten sie heftiger Regen und starker Wind, sodass
     sie |58| weder weiter vorankamen noch überhaupt sicher stehen konnten. Darüber hinaus konnten sie nicht mehr die Waffen nutzen. Sie
     konnten weder die Bögen noch Speere, noch die Schilde, weil sie vollständig voll gesogen wagen, einsetzen. Den Feinden dagegen,
     die meistens leicht bewaffnet waren und die Möglichkeit des freien Angriffs und des Rückzugs hatten, widerfuhr weniger durch
     den Sturm. Darüber hinaus wurden sie schnell immer mehr – denn viele von den anderen, die sich zuvor zurückhielten, versammelten
     sich jetzt in der Hoffnung auf Beute – und jene waren nunmehr an Zahl geringer: Viele waren nämlich in den Kämpfen zuvor gefallen.
     So konnten sie auch die Römer leichter umzingeln und niedermetzeln, sodass auch Varus und die übrigen höheren Offiziere fürchteten,
     dass sie entweder lebend gefangen oder von den Erzfeinden niedergemacht würden – denn sie waren schon verwundet. Sie entschieden
     sich daher für die furchtbare letzte, aber notwendige Konsequenz: Sie töteten sich selbst. 10
    Während die römischen Einheiten bis dato meist in unwegsamem Gelände gewesen und dort aus dem Hinterhalt angegriffen worden
     waren, ereignete sich die finale Katastrophe in einer Ebene, wie noch sechs Jahre danach Germanicus ermittelte:
    Mitten im freien Feld lagen die bleichenden Gebeine zerstreut oder in Haufen, je nachdem ob die Leute geflohen waren oder
     Widerstand geleistet hatten. Dabei lagen Bruchstücke von Waffen und Pferdegerippe, zugleich fanden sich an Baumstämmen angenagelte
     Köpfe. 11
    Über diese Phase der Reaktion der wenigen übrig gebliebenen Römer (nach dem Selbstmord des Oberbefehlshabers und der Offiziere)
     berichtet ähnlich Cassius Dio:
    Wie sich dies nun herumgesprochen hatte, wollte sich keiner der übrigen mehr, selbst wenn er

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