Als die schwarzen Feen kamen
Lippen zusammen. Ihr war jede Lust vergangen, von ihrer Verabredung am Samstag zu erzählen. Sie wollte einfach nicht hören, dass Gabriel sie nur ausnutzte, und sie wusste, dass es genau das war, was Theresa ihr gleich erzählen würde.
» Nichts Besonderes«, murmelte sie. » Nur über das Wetter.«
Theresa schnaufte verächtlich. » War ja klar, dass ihm nichts Besseres einfällt.« Sie lächelte schmal. » Du Arme. Aber keine Angst, ich sorge schon dafür, dass er dich nicht mehr belästigt.«
Marie schwieg bitter. Vermutlich war es vorerst besser, wenn Theresa dachte, dass sie sich belästigt fühlte. Die volle Wucht ihrer Eifersucht wollte Marie nun wirklich nicht zu spüren bekommen, solange sie sich nicht sicher sein konnte, dass es einen Grund dafür gab. Trotzdem versetzte es ihr einen Stich. Wenn sie nicht mit Theresa über Gabriel reden konnte– mit wem dann?
Wann, dachte Marie traurig, während sie der davonstolzierenden Theresa und der tröstend auf sie einredenden Jenny folgte, war es nur dazu gekommen, dass ihre beste Freundin eine Fremde für sie wurde?
Und würde sich das jemals wieder ändern?
Sechstes Kapitel: Im Mondscheincafé
Gegen ein Uhr am Samstagmittag stand Marie nur in Unterwäsche vor ihrem fast vollständig ausgeräumten Kleiderschrank. Ihr Bett, die Stühle, der Schreibtisch und der Fußboden waren großzügig mit verschiedenen Kleidungsstücken bedeckt, von denen keines wirklich Maries Vorstellungen entsprach– denn schließlich sollte es nicht so aussehen, als ob sie sich speziell für diesen Anlass zurechtgemacht hätte. Gleichzeitig wollte sie sich natürlich so vorteilhaft wie möglich anziehen. Und in Anbetracht dieser zwei Überlegungen kamen weder die schmal geschnittenen Blusen und Röcke in Frage, die Theresa ihr für den Tanzkurs aufgedrängt hatte, noch die weiten Pullis und Baggypants, die sie gern in der Schule trug.
Um zwei Uhr warf Marie entnervt alle Klamotten zurück in den Schrank, zog ihre Lieblingsjeans an und dazu den moosgrünen Angorapullover, von dem Jenny mal gesagt hatte, er würde gut zu ihren Augen passen. Außerdem war er weich und wunderbar warm, genau das Richtige für das noch immer frostige Wetter draußen. Marie konnte sich nicht erinnern, sich jemals so viele Gedanken um Klamotten gemacht zu haben, und beinahe hätte sie über sich selbst gelacht. Sie hatte dieses übertriebene Getue immer guten Gewissens ihren Freundinnen überlassen, aber jetzt bereute sie es ein bisschen, dass sie kaum Übung darin hatte, sich hübsch zu machen. Und das alles wegen eines Jungen, mit dem sie erst einmal ganz kurz gesprochen hatte…
Marie schüttelte sich, als die Nervosität wie ein Schauer durch ihren Körper rieselte. Wenn sie sich jemals hätte wünschen dürfen, ein wenig mehr wie Theresa zu sein, dann wäre dies zweifellos der richtige Augenblick gewesen– selbst wenn es ihr nichts weiter als das Gefühl gegeben hätte, sich ihrer Sache sicher sein zu können. Und auch jetzt wünschte sie sich trotz alldem, was in den letzten Tagen geschehen war, ihre Freundin als seelischen Beistand hierzuhaben. Aber Marie war nur zu klar, dass das nicht ging. Theresa war seit dem Vorfall am Donnerstag unleidlich gewesen, wann immer das Gespräch auf Jungs kam. Sie redete nicht einmal von Johannes und bestand darauf, die Mittagspause in der Cafeteria zu verbringen. Und sie ließ nicht den leisesten Zweifel an ihrer Überzeugung, dass Gabriel ein wirklich schäbiger Mistkerl war. Für Theresa war es einfach undenkbar und vor allem unverzeihlich, dass jemand wie Gabriel sich für Marie interessieren könnte. Und Marie hatte inzwischen genug von Theresa eingesteckt, ob nun beabsichtigt oder nicht, als dass ein klärendes Gespräch über dieses Thema in Frage gekommen wäre. Sie wollte einfach zu gern glauben, dass Gabriel seine Einladung ernst gemeint hatte. Und wenn das wirklich so war, dann würde sie sich diese Chance von niemandem kaputt machen lassen. Auch von Theresa nicht.
Marie setzte sich auf ihr Bett und starrte auf den Wecker, ohne die Uhrzeit zu sehen. Andererseits, dachte sie, so richtig konnte sie sich selbst nicht vorstellen, dass jemand wie Gabriel sich ernsthaft für sie interessierte. Seit Donnerstag hatte sie sich des Öfteren dabei ertappt, wie sie auf dem Schulhof verstohlen nach ihm Ausschau hielt. Und wenn sie ihn dann sah, war er meist in Gesellschaft mehrerer Jungs und Mädchen aus seinem Jahrgang. Es stand außer Frage, dass er sehr
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