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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Beer
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los?
    Marie legte eine Hand auf Karins Stirn. Aber die Haut ihrer Mutter war kühl und trocken. Nichts deutete darauf hin, dass sie Fieber hatte. Kam das vielleicht noch? Marie war sich nicht sicher, wie eine Grippe normalerweise verlief. Man konnte sich ja auch schon krank fühlen, bevor sie richtig ausbrach, oder?
    » Soll ich dir einen Tee machen? Oder etwas zu essen?«
    Karin schüttelte heftig den Kopf und umklammerte Maries Hand. » Nein! Geh nicht weg, Marie. Bleib bei mir. Bleib… bitte…«
    Marie schluckte. Sie fühlte sich furchtbar hilflos. Ob sie einen Arzt rufen sollte? Ihrer Mutter ging es überhaupt nicht gut, das war offensichtlich, und Marie hatte das absurde Gefühl, Schuld daran zu sein. Doch selbst wenn sie ihr Schuldgefühl unterdrückte, war sie mit der Situation restlos überfordert. Ihre Mutter kam ihr fremd vor, wie sie so teilnahmslos in ihrem Bett lag. Und die Schatten auf Karins Haut verschwanden einfach nicht, egal wie oft Marie den Kopf drehte, um einen anderen Blickwinkel zu bekommen. Die Luft war stickig und zäh, und am liebsten wäre Marie aus dem Zimmer gelaufen. Aber sie brachte es auch nicht über sich, Karin ihre Hand zu entziehen. Stunden, so schien es, blieb sie reglos neben ihrer Mutter sitzen, die schweigend ins Leere starrte. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit sanken Karins Lider endlich herab und sie fiel in einen leichten Schlaf. Marie nutzte die Gelegenheit, um ihre Finger behutsam aus denen ihrer Mutter zu winden und aus dem Zimmer zu verschwinden.
    Als sie wieder auf dem Flur stand und das Sonnenlicht auf ihr Gesicht fiel, war ihr, als hätte sie die ganze Zeit über die Luft angehalten, ohne sich dessen bewusst zu sein.
    Sie würde ihre Hausärztin anrufen, dachte Marie. Auch wenn Karin keine Ärzte mochte, sie wusste sich nicht anders zu helfen. Dies war ein Notfall! Und sie wollte nicht länger mit dieser kranken Frau allein sein, die sich so ganz anders verhielt als die Mutter, die sie kannte. Aber wo war nur das Telefon? Wie planlos lief Marie von Raum zu Raum. Es lag weder auf der Ladestation noch auf dem Tisch beim Sofa im Wohnzimmer noch in der Küche auf der Fensterbank. Maries Herz schlug schneller und schneller. Jeden Moment fürchtete sie, ihre Mutter aus dem Schlafzimmer rufen zu hören, weil sie wieder aufgewacht war.
    Endlich fiel ihr ein, dass sie selbst das Telefon am Vorabend heimlich mit in ihr Zimmer genommen hatte. Sie hatte daran gedacht, in der Nacht noch Theresa anzurufen, um ihr von dem verunglückten Treffen mit Gabriel zu erzählen, hatte sich aber nicht dazu durchringen können– und war schließlich eingeschlafen, bevor sie eine Entscheidung getroffen hatte.
    Gabriel…
    Marie schüttelte den Gedanken erneut ab. Über Gabriel nachzugrübeln, brachte sie jetzt nicht weiter. Auch wenn es ihr beinahe wie ein Zeichen vorkam, dass der Zettel mit seiner Nummer vom Nachttisch direkt vor ihre Füße segelte, als sie nach dem Telefon griff.
    Marie presste die Lippen zusammen, ließ den Zettel liegen, wo er war, und lief zurück in die Küche, wo sie das Telefonbuch aus dem Regal kramte.
    Mit zitternden Fingern wählte sie die Nummer. Nun konnte sie nur noch hoffen, dass ihre Ärztin auch am Sonntag bereit war, einen Hausbesuch zu machen.
    Eine gute Stunde später saß Marie im Wohnzimmer auf dem Sofa und starrte mit leerem Blick auf den Fernseher, ohne zu wissen, welche der vielen stumpfen Shows im Nachmittagsprogramm sie sich ansah. Den Ton hatte sie ausgeschaltet. Angespannt lauschte sie auf das leise Gespräch zwischen ihrer Mutter und Dr. Hansen, das aus dem Schlafzimmer zu ihr herüberdrang, aber sie konnte kein einziges Wort verstehen. Neben sich auf die Armlehne hatte sie das Telefon gelegt, in der absurden Hoffnung, dass es vielleicht klingelte und sie aus diesem seltsamen Traum weckte. Das konnte doch alles nicht echt sein. Seit Tagen ging in ihrem Leben alles drunter und drüber. So etwas passierte in Wirklichkeit einfach nicht. Vor allem nicht dieser Quatsch mit den Feen… und Gabriel.
    » Ich kann sie sehen«, hatte er gesagt. Marie griff sich unwillkürlich an die Brust, als es in ihrem Inneren leise zu flattern begann. Der dritte Anfall in einer Woche? Sie holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Nein, der zweite wäre es, fiel ihr ein. Den letzten hatte Gabriel aufgehalten. Allein dadurch, dass er sie berührt hatte.
    Ein Kribbeln raste durch Maries Körper, als das Bild erneut vor ihrem inneren Auge auftauchte: Gabriel,

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