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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Beer
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überhaupt– Marie selbst hatte die Feen jahrelang vergessen. Wieso also sollte sich Theresa noch an sie erinnern? Und selbst wenn sie es tat, warum hätte sie Gabriel von ihnen erzählen sollen? Was für ein Interesse sollte sie daran haben, Marie so zu quälen? Das ergab einfach alles keinen Sinn.
    Und wenn er die Feen nun wirklich sehen konnte?
    » Ruf mich an, wenn du Hilfe brauchst.« Das hatte er gesagt.
    Mühsam rappelte Marie sich auf. Für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen, und sie blieb schwankend stehen, bis es wieder vorbei war. Ja, sie brauchte Hilfe. Dringend. Das ließ sich nicht mehr leugnen. Erschöpft lehnte sie die Stirn an die Tür zum Schlafzimmer und horchte auf Karins schweren Atem auf der anderen Seite des Holzes.
    » Ich mache was, Mama«, flüsterte sie. » Ich lasse dich nicht im Stich. Ich finde raus, wie ich dir helfen kann– versprochen.«
    Einen Moment noch blieb sie stehen und hoffte vergeblich, dass sich da drin vielleicht doch endlich etwas rühren würde. Dann schleppte sie sich auf wackeligen Beinen in ihr Zimmer, wo noch immer der Zettel mit seiner Telefonnummer auf dem Boden lag. Sie würde Gabriel anrufen. Sie wusste keinen anderen Rat mehr.
    Und wenn er sich doch nur über sie lustig machte– dann hatte sie es wenigstens versucht.

Neuntes Kapitel: Das Tor zwischen den Realitäten
    Als das Handy an diesem Nachmittag zum siebten Mal klingelte, lag Gabriel kopfüber auf seinem Sofa, den Rücken in das zerschlissene Polster gedrückt, und betrachtete das Bild, das er in den frühen Morgenstunden begonnen und an dem er noch bis vor zehn Minuten gearbeitet hatte. Seine Beine baumelten über die Rückenlehne, und sein Kopf hing mit überstreckter Kehle über die Kante der Sitzfläche. Das Bild stand aus dieser Position betrachtet auf dem Kopf und bekam dadurch eine ganz neue Perspektive. Aber leider wurde es dadurch nicht weniger unheimlich. Bisher waren nichts als schemenhafte Formen in düsteren Farben zu sehen, so wie bei allen Bildern, die er in der letzten Zeit gemalt hatte. Doch je länger Gabriel hinsah, desto deutlicher glaubte er, einen sich windenden Frauenkörper auf spiegelndem Grund zu erkennen, der über und über mit den Schatten geflügelter Leiber bedeckt war. Der Rest der Leinwand versank in rötlicher Dunkelheit. Gabriel fröstelte. Dieses Motiv, daran gab es nichts zu rütteln, war auf den Kopf gestellt genau so beklemmend wie richtig herum.
    Das Handy klingelte lange. So lange, dass er es irgendwann nicht mehr ausblenden konnte. Gabriel seufzte. Henrik konnte sehr hartnäckig sein. Vor allem, weil er genau wusste, dass Gabriel zu Hause war und einfach nur keine Lust hatte, ans Telefon zu gehen. Das würde Henrik ihm nicht durchgehen lassen. Im Gegenteil, er würde immer wieder anrufen und ihm keine ruhige Minute mehr gönnen, weil er seit mittlerweile fast einer Stunde darauf wartete, dass Gabriel ihn zur Bandprobe abholte. Und Nils und Timo warteten vermutlich schon ebenso lange beim Proberaum. Natürlich war Henrik sauer. Wie sollte er es auch nicht sein. Da war es sein gutes Recht, dem unzuverlässigen Freund ebenfalls nach Kräften auf den Senkel zu fallen.
    Gabriel schielte vom Bild zu seiner Gitarre, die in ihrem Koffer neben der Tür darauf wartete, dass er sie mitnahm. Er hatte es versprochen. Und natürlich würde er zur Probe gehen, wie jeden Sonntag. Es war nur… er fühlte sich überhaupt nicht danach. Auch wenn die Gesellschaft seiner so angenehm normalen Freunde ihm sicher guttun würde. Ihnen folgten wenigstens keine allzu bedrohlichen Schatten.
    Das Handy klingelte immer noch. Wenn er noch länger wartete, machte er es nur schlimmer, das wusste Gabriel. Irgendwann musste er ja antworten, also tat er es besser gleich. Ohne viel Elan richtete er sich auf.
    Auf den Gedanken, dass es auch Marie sein könnte, die nun doch seine Nummer ausprobierte, kam er erst, als es schon fast zu spät war. In seiner plötzlichen Hast, doch noch rechtzeitig zum Fenster zu kommen, wo er das Telefon auf der Fensterbank abgelegt hatte, fiel Gabriel beinahe über seine eigenen Füße und stieß den Topf um, in dem er seine Pinsel gereinigt hatte. Fluchend machte er einen Satz über den Schwall aus Wasser und Farbe hinweg, der sich über den Fußboden ergoss, und griff nach seinem Handy.
    Tatsächlich– eine unbekannte Nummer aus dem Hamburger Festnetz.
    Hastig drückte Gabriel auf den Knopf. » Hallo?«
    Sekundenlang blieb es am anderen Ende der Leitung

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