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Als die Uhr dreizehn schlug

Titel: Als die Uhr dreizehn schlug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Pearce
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hätte er vielleicht gar nicht mehr die Kraft, zu ihr zu gelangen.
    In diesem Notfall waren gewiss auch unfeine Methoden entschuldbar. Tom begann durch Schlüssellöcher zu spähen und an ihnen zu lauschen. Durch das dritte Schlüsselloch drang etwas an sein Ohr: ein sehr leises, regelmäßig sich wiederholendes Rascheln. Er kam nicht darauf, was es sein konnte, und durch das Schlüsselloch sah er nur einen Waschtisch mit Schale und Krug, ein Fenster, einen halb zugezogenen Spitzenvorhang und einen Stuhl mit hoher, gerader Lehne.
    Nein, er konnte sich nicht vorstellen, was dieses Geräusch verursachte. Zumindest konnte es nicht von Hatty kommen, die krank war und vielleicht im Sterben lag. In Gedanken an sie wandte er sich verzweifelt ab, um es an den anderen Türen zu probieren, aber noch als er sich umdrehte, dachte er, dass Hatty vielleicht doch in diesem Zimmer lag, im Fiebertraum, stumm und reglos, außer dass ihre Hände immer wieder sanft raschelnd über die Bettdecke glitten.
    Tom kehrte zu der Tür zurück, hinter der er das Geräusch gehört hatte, und begann seinen Kopf hindurchzudrücken. Er steckte bis zu den Augenbrauen im Holz, die Ohren waren noch frei, als er Schritte auf der Treppe hörte. Er zog den Kopf zurück und sah sich rasch um.
    Ein Mann kam die Treppe hoch. Unter einen Arm hatte er die Geschäftsbücher geklemmt, die Tom im Flur unten gesehen hatte; Tintenfass und Lineal hielt er in der anderen Hand. Er hatte den ernsten Blick von jemandem, der sich seinen Lebensunterhalt verdient und gerade von der Arbeit nach Hause kommt. Wer war er? Ein Melbourne, da war sich Tom sicher, das waren die Gesichtszüge der Melbournes.
    Der Mann kam den Korridor entlang – direkt auf Tom zu. Doch von Tom wollte er nichts wissen. Er trat vor eben jene Tür, an der es Tom versucht hatte, und klopfte sanft.
    »Mutter?«
    Das Rascheln hörte auf. Eine Stimme, die Tom sofort als die von Hattys Tante erkannte, sagte: »Wer ist da?«
    »James.«
    James? Tom war verdutzt, James war doch nur ein großer Junge gewesen, als er ihn das letzte Mal im Garten gesehen hatte. War während der kurzen Zeit, die für Tom verstrichen war, so viel Zeit für die Melbournes vergangen, dass James nun ein erwachsener Mann war – und dazu noch ein Geschäftsmann? Vor ihm stand James, kein Zweifel: breitschultrig und groß und kräftig, mit hohem, abgetragenem Kragen und ernstem Gesicht.
    »Du kannst hereinkommen«, sagte eine Frauenstimme. »Ich kämme mir nur die Haare.«
    James trat ein und Tom folgte ihm. Das hatte er eigentlich nicht vorgehabt, denn er war kein unverschämter naseweiser Junge, doch James hatte, noch während er die Tür öffnete, gefragt: »Wie geht es Hatty?«
    Beide standen jetzt im Schlafzimmer: der Mann und der Junge. James sah sich mit einem Anflug von Unbehagen um, wie Menschen, die wissen/ dass sie allein sind, aber das Gefühl haben, es sei noch jemand im Zimmer – vielleicht nur eine Katze.
    Vor dem Spiegel des Toilettentisches stand Hattys Tante. Ihr langes braunes Haar fiel schwer herab bis zu den Hüften. Sie zog die Bürste durch die Strähnen, vom Kopf bis zu den Haarspitzen – das war das Geräusch, das Tom gehört hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass ihr Haar nicht mehr ganz braun war, sondern langam ergraute. Auch für Hattys Tante war die Zeit vergangen.
    Sie antwortete James nicht sofort. Sie begann jetzt ihr Haar zu wickeln und zu flechten. »Hatty wird sich schon wieder erholen«, sagte sie beiläufig und kühl.
    »Sagt das der Doktor?«
    »Ja.«
    »Dann müssen wir dankbar sein.«
    »Dankbar!« Die Hände immer noch im Haar, wandte sich Hattys Tante um und sah ihren Sohn an. »Dankbar! Und was hat sie angestellt, bis sie diesen Unfall hatte? Auf Bäume klettern, ich bitte dich! Hat sie kein Gespür dafür, was sich als Mädchen schickt, und dazu noch in diesem Alter? Sie ist alt genug, um es besser zu wissen!«
    »Hatty ist jung geblieben für ihr Alter«, sagte James. »Vielleicht kommt es daher, dass sie so oft alleine ist – alleine spielt –, und immer im Garten.«
    »Ach, du warst immer so gut zu ihr!«, rief Hattys Tante, und die Art, wie sie es sagte, ließ es wie eine bittere Anklage klingen. »So wird sie nie erwachsen! Was soll aus ihr werden, wenn sie älter wird? Ich weiß es nicht. Sie ist jetzt schon ein so seltsames Mädchen.« Die Tante wandte sich wieder dem Spiegel zu, um ihr geflochtenes Haar zu ordnen.
    »Natürlich wird Hatty erwachsen werden«, sagte James, und Tom

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