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Als die Uhr dreizehn schlug

Titel: Als die Uhr dreizehn schlug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Pearce
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wäre der Beweis.«
    »Beweis!«, rief Onkel Alan. Und einen Moment lang dachte Tom, er würde wieder ungenießbar werden, doch er riss sich zusammen. »Ich habe dir nur sehr wenig beibringen können, Tom, wenn ich dir nicht einmal klargemacht habe, dass Beweise – wenn es um die Theorie der Zeit geht - Beweise …!« Offenbar konnte man, wenn es um die Zeit ging, ebenso wenig beweisen wie bei der Tat eines Meisterdiebs.
    Doch Tom kümmerte das nicht. Er hatte einige Dinge zu seiner Zufriedenheit geklärt. Er war von dem ausgegangen, was der Engel ihm enthüllt hatte, und hatte etwas Nützliches über die Zeit herausgefunden. Zwar wusste er noch nicht genau, wie es ihm nützen könnte, doch ihm war warm und aufgeregt zu Mute, als ob er nahe daran wäre, die rundum vollkommene Lösung des Problems zu finden.
    In dieser Mittwochnacht ging Tom mit ganz anderen Gedanken in den Garten. Die Jahreszeit war immer noch der Winter; doch Tom sah sich aufmerksam um und überlegte: Schön und gut, aber ist es derselbe Winter? Ist dies ein weiterer Ausschnitt von Hattys Zeit, in den ich geraten bin? Wenn ja, ist es ein früherer oder ein späterer?
    Die Frage wurde beantwortet, als er bei seinem Gang durch den Garten an die Hecke kam. Jetzt führte ein Weg mit Gartentor hindurch auf die Wiese. Er war bei Toms letztem Besuch sicher nicht da gewesen, oder er hätte ihn sofort bemerkt. Das Gartentor war in der Zwischenzeit eingebaut worden und hatte genug Zeit gehabt, um jetzt alt und schäbig auszusehen.
    Tom ging auf das Tor zu, und auf dem Kiesweg unter seinen Füßen knirschte das Eis. Er lehnte sich über das Tor und schaute hinaus über die Wiese, die er im Sommer als tief liegende Weide kennen gelernt hatte. Jetzt war sie eine einzige große Eisfläche. Auf der anderen Seite der Wiese, wo das Eis am festesten war, tummelten sich, einander zurufend und lachend, Schlittschuhläufer.
    Tom hatte das Gefühl, von diesem Vergnügen ausgeschlossen zu sein. Sicher war dies eine der Unternehmungen mit Freunden, zu denen James, wie er angekündigt hatte, Hatty mitnehmen wollte. Es war nicht schwer zu erraten, wer unter den Eisläufern wohl Hatty war: Ein Mädchen, das sich zwischen all den andern tummelte, doch im nächsten Moment schon ganz allein über das Eis segelte. Die Gewohnheit, in der frühen Kindheit allein zu sein, hält sich hartnäckig. Manchmal tatsächlich ein Leben lang.
    Die jungen Männer unter den Eisläufern schnitten jetzt gebogene Zweige aus den gestutzten Weiden, als Stöcke für eine Partie Eishockey; ein Stein sollte der Puck sein. Die Mädchen versammelten sich und sahen lachend und tuschelnd zu.
    Die einzelne Läuferin hatte sich von ihnen abgesetzt und kam nun auf ihren Schlittschuhen über das Eis geflogen – über die Wiese geradewegs auf die Hecke zu. Hatty – denn es war  Hatty – hatte Tom erkannt. »Jedenfalls hab ich jemanden gesehen) und ich dachte, das könntest du sein.« Sie musterte Tom mit zweifelndem Blick, selbst als sie schon mit einem letzten, langen Beinschwung fast vor ihm stand.
    Sie öffnete das Gartentor. »Ich bin so froh, dass es wirklich du bist, Tom! Manchmal vermisse ich dich, selbst heute noch – obwohl es ganz lustig ist mit den Chapman-Schwestern, mit Barty und den anderen und obwohl wir Schlittschuh laufen – ach, Tom! Mir ist, als könnte ich von hier bis ans Ende der Welt laufen, wenn die ganze Welt aus Eis wäre! Ich fühle mich frei wie ein Vogel – wie nie zuvor! Ich will weit fort – ganz weit!«
    Sie drängte ihn jetzt, aufs Eis zu kommen, und Tom hatte durchaus Lust dazu. »Komm schon, Tom, los!« Er spürte das glatte Eis unter seinem nackten Fuß, fühlte, wie es unter Hattys Gewicht ein wenig aufsplitterte und federte wie der Boden eines Ballsaales. Als hätte das Eis ihn verzaubert, vergaß er das Problem der Zeit, über das er nachdenken musste – vergaß, überhaupt an irgendetwas zu denken. Hatty schwang sich davon und er stürzte ihr nach auf dieser fantastischen Eisbahn, wie er und Peter sie auf den Straßen zu Hause niemals gefunden hatten. Doch sein Geschlitter endete früher als Hattys Lauf, und seine Füße blieben an die Erde gefesselt, während Hatty einem kräftigen Vogel glich.
    »Tom«, rief ihm Hatty mit gedämpfter Stimme zu, während sie rasch auf ihn zuflog und mit einem Luftzug an ihm vorbeirauschte, »warum hast du keine Schlittschuhe?«
    »Ja, warum hab ich keine Schlittschuhe?«, wiederholte Tom, jetzt plötzlich wütend, denn bisher

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