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Als die Uhr dreizehn schlug

Titel: Als die Uhr dreizehn schlug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Pearce
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Eis schon sicher, doch die Entfernungen, die man zurücklegen konnte, waren nicht groß. Hatty war auf der Suche nach etwas Besserem. Mit Tom im Schlepptau nahm sie eine der engen, rückwärtigen Straßen, rannte eine gewisse Gas Lane entlang und führte ihn endlich wieder zum Fluss, dort, wo er Castleford verlässt und allmählich breiter und tiefer wird. Hier strömt er ins Marschland, in die Fens, wo viele andere Wasserwege auf ihn treffen – Kanäle und Gräben mit von Menschenhand geschaffener Geradlinigkeit, Flüsse mit uralten Mäandern –, alle mit ihrer jeweils eigenen Zeit. Der Fluss, entlang der Wiese bei Hattys Garten noch so schmal, wird schon vor Ely zur Großen Ouse; unterhalb von Ely schluckt die Große Ouse ganze Flüsse wie die Lark und die Wissey; und so fließt er dahin, bis er selbst von dem großen Meer geschluckt wird. All diese Gewässer der Fens waren zur Zeit von Toms Besuch im eisigen Griff eines Winters, an den man sich noch lange erinnern sollte.

Eislaufen
    I n diesem Winter hatte der Frost Ende Dezember eingesetzt und er dauerte, unterbrochen von einer milderen Woche im Januar, bis Anfang März. Es war so kalt, dass selbst fließende Gewässer schließlich einfroren. Das Eis blockierte die Mühlräder am Oberlauf und versperrte den Lastkähnen den Weg, die in jener Zeit von King's Lynn bis hoch nach Castleford fuhren.
    Der Frost herrschte über ganz England. An manchen Gewässern wurden ganze Ochsen geröstet, wie zum Beweis dafür, was für ein herrlicher Frost dies war und wozu das Eis am besten zu gebrauchen sei. Auf dem Cherwell bei Oxford fuhr eine Kutsche mit sechs Pferden den Fluss hinunter, zum großen Vergnügen aller, die dabei waren. Doch die Menschen aus Castleford und den Fens kannten den wahrhaft größten und besten Nutzen des Eises: Sie liefen Schlittschuh.
    So vergnügten sich die Menschen schon seit einigen Wochen, und als Tom und Hatty hinunter zum Fluss kamen, hatten sie den Eindruck, es wären mehr Menschen auf dem Eis, als zum Markt in der Stadt gekommen sein konnten.
    Nicht alle liefen gut oder schnell. Es gab einige Anfänger und einen Polizisten, der stolz und gemessen einherschritt wie ein marineblauer Schwan. Es gab auch eine neue Mode, auf die Hatty Tom aufmerksam machte – das Figurenlaufen. An einer Stelle in der Mitte der Eisfläche lag eine Orange und vier ehrwürdige Gentlemen mit Zylindern schwebten im Einklang miteinander auf die Orange zu, um sie herum und von ihr weg. Plötzlich schoss ein Gassenjunge herbei, auf rostigen Fen-Läufern, die teils mit Gurten, teils mit Schnüren an seine Stiefel gebunden waren, schnappte sich die Orange und sauste, die Zähne schon in die Frucht gegraben, wieder von dannen. Die hin und her wogende Menge der Eisläufer schloss sich hinter dem Jungen und die Gentlemen hörten erbost auf zu tanzen.
    Tom und Hatty lachten laut über den frechen Diebstahl, doch Hatty sah sich ständig ein wenig nervös und mit misstrauischem Blick um. Bei all diesen Menschen aus der Stadt und den Dörfern war es möglich, dass jemand sie erkannte und sich abfällig darüber äußerte, dass sie ohne Begleitung hier war. Doch sie hatte Glück, keiner schien sie zu bemerken.
    Hatty und Tom hatten jetzt die Schlittschuhe angeschnallt und waren bereit für das Eis: zwei Eisläufer auf einem Paar Schlittschuhe, was Tom wie die gespenstischste und zugleich natürlichste Sache der Welt vorkam. Er spürte ein ihm unbekanntes Können und neue Kraft, als ob diese Schlittschuhe besser als der Eisläufer wussten, was zu tun war. Er lief so gut wie Hatty, weil er ihre Schlittschuhe hatte. Der einzige Unterschied zwischen ihnen war, dass seine Schlittschuhe beim Laufen keine Kerben oder Kratzer auf dem Eis hinterließen.
    Sie liefen nicht Hand in Hand, wie viele Eislaufpaare, aus Furcht, diese seltsame Erscheinung könnte auffallen; doch sobald sie das dichte Gewühl der geselligen Läufer ein wenig unterhalb der Stadt hinter sich gelassen hatten, liefen sie Seite an Seite und hielten sich Schwung für Schwung gleichauf. An diesem Nachmittag war es völlig windstill und immer schneller durchschnitten sie die stille Luft.
    Hatty hatte ihren Rock oberhalb der Fußknöchel festgesteckt, um sich freier bewegen zu können, und nun zog sie auch die Hände aus dem Pelzmuff und schwang die Arme im Takt mit den Beinen. Der Muff flatterte an seiner Kordel hinter ihr her, so schnell fuhren sie, und als die Kordel bei einem heftigen Schwung riss, flog der Pelz

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