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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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den Junior zu kontrollieren.
    »So meinte ich das nicht«, versicherte mir der alte Herr, »du bist doch sonst nicht auf den Kopf gefallen? Ich dachte daran, den Wein an meinem Geburtstag zu präsentieren.«
    »Was hat das mit deinem Sohn zu tun?«, blieb ich hartnäckig.
    »Na, dann muss ich dich wohl über etwas aufklären«, meinte der alte Herr, »aber nicht heute.«
    Es war mir nicht entgangen, dass Vater und Sohn ein etwas kühles Verhältnis zueinander an den Tag legten, aber das mochte auch daran liegen, dass sie sich ja jahrelang nicht mehr gesehen hatten. Wie dem auch sei, es gab nun genügend zu planen und zu organisieren. Unverhofft kam Professor Ernst Heinkel mit seiner Frau und dem jüngsten Sohn Karl Ernst August, dem etwa zehn Jahre alten Patenkind von Dr. Auler, zu Besuch. Professor Heinkel bedauerte, dass er zum 80. Geburtstag nicht kommen könne, er wolle deshalb heute die Gelegenheit wahrnehmen, wieder einmal mit seinem alten Freund ungestört zu plaudern. Kein Wort fiel über August Auler, obwohl Ernst Heinkel sein Patenonkel war. Der Junior besuchte zu der Zeit seine Schwester Klara am Bodensee. Ein Fotograf begleitete die Familie Heinkel, beim Verabschieden vor dem Fliegerhorst machte er einige Aufnahmen, die Familie Heinkel mit Wilhelm Auler im Bild festhielten.
    Jahre später fand ich in einem Antiquariat das Buch ›Ernst Heinkels stürmisches Leben‹ mit Fotos, unter anderem von dem Besuch 1948 im Auler-Haus. Beim Verabschieden der Familie nahm mich Prof. Heinkel vor dem Haus in den Arm, dankte mir für die gute Betreuung seines Freundes.
    »Eduard, wenn du einen Wunsch hast, was immer es sei, ich werde dir diesen Wunsch erfüllen.«
    »Danke«, entgegnete ich, »vielleicht komme ich wirklich einmal darauf zurück.« Dieses Versprechen würde ich drei Jahre später einlösen.
    Zwei Tage in der Woche war ich nun unterwegs nach Freiburg. Bei Familie Spitznagel fühlte ich mich wohl. Emily, die Cousine meiner Mutter, machte mir das Bett, fand sie in meinem Wäschesack getragene Wäsche, wurde sie gewaschen, was mir allerdings nicht so recht war. Aber sie meinte es gut mit mir, abends versorgte sie mich mit einem warmen Essen. Als ich mich jedoch dagegen wehrte, meinte Emily ungerührt:
    »Mach dir doch keinen Stress, mit Lebensmitteln und Obst werde ich von meinen Eltern gut versorgt, das reicht auch für dich halbe Portion.«
    Dann kam die Währungsreform im Juni 1948. Über Nacht waren die Schaufenster gefüllt, es gab alles, was das Herz begehrte, die Preise allerdings machten einem Gänsehaut. Wie ich das alles hingekriegt habe, weiß ich nicht mehr. Mit den ersten 40 Deutschen Mark konnte man nicht sehr weit kommen. Natürlich konnte man nach und nach die Reichsmark umtauschen, wohl dem, der hatte: eins zu zehn.
    Ich hatte nicht viel Erspartes. Zum 80. Geburtstag des alten Herrn musste ich unbedingt ein Paar neue Schuhe haben, sie kosteten ein kleines Vermögen, genau 98,- Mark. Ein Paar seidene Strümpfe fehlten mir auch, diese erstand ich für 25,- Mark. Auf dem Berg hatte ich eine sehr tüchtige Schneiderin, sie kam während des Krieges aus Düsseldorf dorthin, lernte ihren Mann, einen Skilehrer, kennen, sie heirateten und blieben für immer in ihrem kleinen Häuschen auf dem Berg.
    Frau Müller schneiderte mir aus zwei verschiedenen Restposten ein sehr schönes Kleid, das ich am Geburtstag des Hausherrn tragen wollte. Für den Jubilar holte ich einen seiner Smokings aus dem Kleiderschrank, der in etwa zu passen schien. Er hatte zwar abgenommen, aber der Anzug ließ sich gut ändern. Ein sehr schönes weißes Hemd besorgte ich in Freiburg. Seine edlen Manschettenknöpfe, die über all die Jahre im Safe lagen, kamen auch zur Geltung. Etwas schwieriger war es mit seinen von Hand gefertigten Lackschuhen. Diese musste er nun stundenweise tragen, um sich wieder daran zu gewöhnen.
    Von einem seiner früheren Schüler, Herrn von Bülow, erhielt Dr. Auler eine Mitteilung, dass einige seiner früheren Flugschüler ihrem Lehrer persönlich gratulieren wollten. Sie quartierten sich aus diesem Anlass in einem Hotel ein, um mit ihrem Meister den Geburtstag zu feiern. Wir sollten mit etwa 40 Personen rechnen. Die Besitzerin des Hotels Hebelhof bot Dr. Auler an, für ihn ein erstklassiges Büfett zu arrangieren und zu liefern.
    So wurden meine Bedenken ausgeräumt und eigentlich konnte nichts mehr schiefgehen. Bis auf die Tatsache, dass Rosa mit einer fadenscheinigen Begründung zum 1. November

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