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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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ich sowieso in Freiburg sei, dann würden wir, wenn es an der Zeit war, versuchen, eine andere Hilfe für seinen Vater zu bekommen. Der Junior hatte also feste Pläne.
    Was waren meine Pläne? Das würde sich dann finden. Die Stellenangebote waren nicht gerade vielversprechend, wenn ich mich qualifizieren wollte, musste ich noch einiges lernen, dazu sollte ich nebenbei auch noch Geld verdienen. Vorgenommen hatte ich mir auf alle Fälle, noch im Laufe des Jahres 1949 vom Feldberg Abschied zu nehmen. Für das Sommersemester hatte ich keine Vorlesungen mehr belegt. Nach der Währungsreform war mir das zu kostspielig, der alte Herr war nicht immer pünktlich, wenn es darum ging, monatlich 50,- Mark für mich zu überweisen. Mir war auch klar geworden, dass es Zeit war, mein eigenes Leben zu leben.
    Es ging mit den Veränderungen alles viel schneller, als ich dachte. Unverhofft kam der Hausherr nach Hause, wir hörten ihn nicht in das Haus eintreten. August und ich hatten unsere Zimmer im ersten Stock einander gegenüberliegend. Wir waren gerade dabei, unsere Betten frisch zu beziehen und alberten herum wie Kinder. Gerade nahm August mich in den Arm und liebkoste mich, als wir plötzlich in der Zimmertüre den alten Herrn gewahr wurden. Eisiges Schweigen schlug uns entgegen. Als Erstes sagte ich, nachdem ich mich von August gelöst hatte, »wir haben dich gar nicht kommen hören, entschuldige bitte.«
    »Dazu seid ihr ja auch viel zu beschäftigt gewesen, wie zu sehen war.« Er bat seinen Sohn, er möge mit ihm in sein Zimmer kommen. So hatte ich mir seine Heimkehr nicht vorgestellt. Im Moment wusste ich nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich bezog also mein Bett fertig und ging nach einer Weile die Treppe hinab. In der kleinen Küche setzte ich Wasser für den Tee auf, in der Hoffnung, dass Dr. Auler käme, um mich endlich zu begrüßen. Stattdessen hörte ich, wie er in der gegenüberliegenden Bibliothek an den Safe ging und dort hantierte. August war in der Zwischenzeit nach oben in sein Zimmer gegangen und kam nach einer Weile wieder zurück. Vom Flur aus öffnete der alte Herr die Türe zur kleinen Küche.
    »Nun verabschiede dich von ihr.« August stand mit seinem Koffer in der Hand da, sah mich an, kam zögernd auf mich zu.
    »Mach’s gut, Lumpchen!« Er nannte mich so, weil ich mich oft mit Lumpi auf dem Fußboden tummelte. Dabei steckte er mir einen gefalteten Zettel in den Rockbund. Er nahm mich in den Arm und murmelte: »Pass auf dich auf«, und ging aus dem Haus.
    »Was war das denn?«, fragte ich den Senior.
    »Das nennt man Konsequenzen ziehen«, gab er mir zur Antwort.
    »Aber wieso soll nur August diese tragen?«
    »Einer von euch musste gehen, ich dulde so etwas nicht in meinem Haus. August ist nicht gut für dich, er wird dir kein Glück bringen, also entschied ich, dass er gehen muss.«
    »Was gut oder nicht gut für mich ist, das will ich selbst herausfinden und dann Entscheidungen treffen. Ich bin erwachsen, Dr. Auler, ich denke doch, dass das zu erkennen ist. Wenn du aber damit meinst, dass ich nicht gut genug für August bin, warum lässt du ihn darüber nicht selbst entscheiden?«
    »Was du mir da unterstellst, ist ungeheuerlich«, erregte sich Auler, »er verdient dich einfach nicht.«
    »Weißt du, alter Herr, ich bin es so leid, dass man mir immer noch vorschreiben will, was gut oder nicht gut für mich ist. Ich muss es doch selbst ergründen, was das Leben mit mir vorhat«, beendete ich die Diskussion. Ich brühte Tee auf, stellte alles wie immer in dem kleinen Zimmer auf den gedeckten Tisch und ging in mein Zimmer. In aller Ruhe wollte ich den Zettel lesen, den August mir bei seiner Umarmung in den Rockbund gesteckt hatte.
    ›Lumpchen, ich gehe jetzt zu Kellers, wenn du mit Lumpi einen Spaziergang machst, komme bitte vorbei, dann wollen wir über alles reden. Dein August.‹
    Nachdem mein Arbeitgeber seine Augentropfen bekommen hatte und seine Sachen ausgepackt waren, half ich ihm beim Ausziehen, damit er sich auf sein Bett legen konnte, viel Ruhe habe er nötig, so sagte er mir. Ansonsten gab es keinen Dialog zwischen uns. Meine Aufgaben kannte ich, Krankenpflege war mir auch nichts Neues mehr. Ganz nebenbei erwähnte ich, dass ich nun mit Lumpi noch eine Runde ziehen wolle. Bei der Gelegenheit wolle ich Frau Keller bitten, morgen zu kommen. Während der drei Wochen seines Krankenhausaufenthaltes sei doch einiges liegen geblieben, alles andere hätten wir alleine gemacht.
    »Ja, mach

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