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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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den potenziellen Täterkreis. Wir haben natürlich diesen ominösen Mann mit der Baseballkappe. Aber unsere Psychologen glauben, dass er ein Mann des Wortes, nicht ein Mann der Tat ist. Vielleicht ist er auch nur ein Trittbrettfahrer oder so was. Nein, ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass die Anschläge von jemandem aus Ihrem Umfeld verübt werden. Und DNA-Analysen – so schön sie auch sind – nützen uns nur etwas, wenn der Täter schon einmal auffällig geworden ist. Nur dann befindet er sich in unserer Datei.“
    „Was bedeutet das?“
    „Wir brauchen Speichelproben …“, überlegte Kommissar Walther. „Aber um das durchzusetzen, hab ich nicht genug in der Hand …“
    Livia schwieg.
    „Am wichtigsten wäre mir natürlich eine Speichelprobe Ihres Mannes …“, sinnierte Herr Walther.
    Livia schluckte. „Sie glauben auch, dass er …?“ Sie hielt inne. Sie wollte diesen ungeheuerlichen Verdacht einfach nicht aussprechen.
    Der Blick des Polizeibeamten traf Livia wie eine Pistolenkugel. „Damals, nach der Sache mit der Heizung, haben wir Ihren Mann nur gehen lassen, weil Sie sich so sicher waren, dass er unschuldig ist. Haben Sie diese Meinung inzwischen geändert?“
    Livia starrte angestrengt auf die Schere. „Das nicht“, antwortete sie mit gebrochener Stimme. „Aber ich … ich brauche Sicherheit … hundertprozentige Sicherheit, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
    ❧
    Auf dem Nachhauseweg war Livia mehr als nachdenklich. Verdächtigte sie jetzt wirklich Arvin? Und hatte sie sich allen Ernstes bereit erklärt, eine Haar- oder Speichelprobe von ihm zu besorgen? Und wie sollte das gehen? Sie überlegte. Vor ein paar Wochen wäre es vielleicht noch möglich gewesen, aber jetzt … jetzt lebten vier Personen in diesem Haus, vier Personen, die ständig Haare verloren … Natürlich hatten alle unterschiedliche Haarfarben, aber sah man das bei einem einzelnen Haar? Und konnte man sich auf die Länge verlassen? Sie selbst hatte natürlich längere Haare als Arvin, aber doch nicht nur. Da war immer auch mal ein kürzeres dabei …
    Livia war noch nicht weit gekommen – weder mit ihrem Weg noch mit ihren Überlegungen –, als sie plötzlich von hinten angesprochen wurde.
    „Jetzt warte doch mal, Livia.“
    Sie blieb stehen und wirbelte herum. Obwohl die Straße, auf der sie sich befand, ziemlich stark befahren war und deshalb ein erhebliches Hintergrundgeräusch zu hören war, hatte sie Ennos Stimme sofort erkannt.
    „Du rennst, als würdest du verfolgt.“
    „Werd ich ja auch“, entgegnete Livia ungewohnt schlagfertig.
    Enno musste grinsen. Er sah wieder einmal so aus, als käme er direkt von einem Kunden. Jedenfalls trug er eine schwarze Anzughose und darüber einen langen dunkelgrauen Mantel, dessen Kragen er hinten hochgeschlagen hatte. Das sah ausgesprochen elegant aus. „Ich suche seit Tagen nach einer Gelegenheit, um mit dir zu sprechen. Ist dir eigentlich bewusst, dass du kaum mehr allein das Haus verlässt?“
    Enno war inzwischen so dicht an Livia herangetreten, dass diese ein Stück zurückwich. „Ich muss mich um Karen kümmern. Es geht ihr schlecht. Ich hab Angst, dass sie zusammenklappt und niemand da ist, um ihr zu helfen.“
    „Mir geht es auch schlecht“, jammerte Enno und setzte einen Hundeblick auf.
    „Das tut mir leid für dich, Enno“, erwiderte Livia kühl. Sie hatte sich vom ersten Schock erholt und fand langsam wieder zu sich selbst. Um eine junge Frau mit Kinderwagen vorbeizulassen, trat sie einen Schritt zur Seite.
    „Wie kannst du nur so hartherzig sein?“, fragte Enno mit unterdrückter Stimme. „Hast du eine Ahnung, was ich in letzter Zeit durchgemacht habe? Arvin spricht kein Wort mehr mit mir. Ich werde wie ein Aussätziger behandelt!“
    „Wundert mich nicht“, sagte Livia, drehte sich um und setzte ihren ursprünglichen Weg fort.
    Enno eilte hinter ihr her. „Jetzt komm schon …“, quengelte er. „Schenk mir nur ein einziges Lächeln oder ein freundliches Wort. Dann bin ich schon zufrieden.“
    Livia unterdrückte ein Schmunzeln. „Mir ist nicht danach.“
    „Du bist mir noch böse, nicht wahr? Dabei konnte ich gar nichts dafür. Ich wusste doch nicht, dass Arvin so früh nach Hause kommen würde.“
    Livia seufzte tief und blieb stehen. Sie vermied es jedoch, Enno anzusehen. Sie musste um jeden Preis vermeiden, dass ihre Abwehr Risse bekam … „Was passiert ist, ist passiert. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass es ein zweites Mal

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